Zypern hier, Zypern da – für Otto-Normalverbraucher ist es beinahe schon nicht mehr erträglich. Doch wir finden, dass diese Aktion einen (erneuten) Blog-Post wert ist. Folgende Artikel haben wir in der Vergangenheit bereits veröffentlicht:
- Bankenkrise in Zypern – der Kleinanleger zahlt drauf
- Neues zum Thema Bankenhilfe – Zypern verbietet Finanztransaktionen
Im Zuge der „Zypern-Krise“ – oder wie auch immer Sie diese bezeichnen wollen – ist ja meistens die Rede von den Spareinlagen, die möglicherweise nicht überleben werden oder mit einer einmaligen Steuer versehen werden. Manche mögen dies als Enteignung sehen, manche meinen, dass dies fair ist. Zum allgemeinen Fairnessgefühl wird wohl beitragen, dass Menschen mit Bankguthaben über 100.000 €, wohl tiefer in die Tasche greifen müssen.
Wenn von den zypriotischen Banken die Rede ist, so hört man meistens von der „Bank of Cyprus“ und von der „Laiki Bank“. Interessant ist natürlich, wem diese Banken gehören, wer also deren Aktionäre sind. Banken sind in der Regel Aktiengesellschaften, die auch an der Börse notieren. Dies ist auch hier der Fall – die Kurse (Bank of Cyprus, Laiki Bank) bewegen sich logischerweise gerade zwischen Sein oder nicht Sein.
Bank of Cyprus
- 11,4 % gehören dem Staat Zypern
- 2 % gehören dem Staat Griechenland
- 9 % gehören „ausländischen institutionellen Anlegern“
- der Rest (77,6 %) liegt im Streubesitz
Größter privater/institutioneller Einzelaktionär ist der russische Oligarch Dmitri Rybolowlew mit 5,01 % (März 2013). 2010 hatte er noch 9,7 % der Anteile.
Vom Schuldenschnitt in Griechenland war die Bank schwer getroffen und musste ihre griechischen Assets wertberichten (abschreiben). Dadurch entstand logischerweise ein (Eigen)Kapitalloch und somit erreichte die Bank 2012 die von der EU geforderte Eigenkapitalquote von 9 % nicht mehr und suchte daher um Hilfe bei der zypriotischen Regierung.
Laiki Bank
Die Bank wurde 1901 in Zypern gegründet und expandierte im letzten Jahrhundert bzw. ab den 70er Jahren sehr stark in ganz Europa. Sie hatte/hat Beteiligungen und Filialen in London, Griechenland, Südafrika, Australien, Serbien, Russland, New York, Serbien, Estland und der Ukraine. Daher kommt wohl auch ein Teil des „aufgeblähten Bankensektors“, der aktuell oft in den Medien zitiert wird.
Die Bank kam ebenfalls im Zuge der „griechischen Finanzkrise“ ins Stocken und rief Vater Staat um Hilfe. Während in Österreich die Banken mehrheitlich Garantien und evtl. Kredite bekamen, wurde der Staat Zypern Eigentümer der Bank („Verstaatlichung“). Bei der Laiki Bank übernahm der Staat sogar 85 % der Aktien um die bereits oben angesprochene 9%-Hürde der EU zu erreichen.
2011 gehörte die Bank noch zu 53 % institutionellen Anlegern und zu 37 % dem privaten Streubesitz.
Bankeinlagen vs. Bankaktien
Nun, das waren jetzt nur Hintergrundinformationen und für viele von Ihnen vielleicht keineswegs Neuigkeiten – sind sie auch nicht.
Interessant ist allerdings, dass immer nur von den Bankeinlagen – die ja Fremdkapital (wie Anleihen) also Schulden der Bank sind – die Rede ist. Diese sollen besteuert werden, von dem Eigenkapital der Banken war selten die Rede.
Werden nun die Guthaben der Sparer und Anleger reduziert, so reduzieren sich gleichzeitig die Verbindlichkeiten der Bank, da sie die Einlagen nun nicht mehr in voller Höhe zurückzahlen muss. Diese Steuer landet dann beim Staat, der ja in weiterer Folge damit wiederum die Banken stützen möchte bzw. dies zurzeit vor hat.
Werden die Verbindlichkeiten der Bank um eine Mrd. reduziert, so erhöht sich das Eigenkapital der Bank um denselben Betrag. Klingt unlogisch? Stellen Sie sich einen typischen Häuslebauer vor, der sich ein Haus um 500.000 Euro kauft und dafür einen Kredit in der Höhe von 400.000 Euro aufnimmt. Sein Eigenkapital ist die Differenz von Vermögen und Schulden also in diesem Fall 100.000 Euro.
Was passiert nun, wenn die Verbindlichkeiten des Häuslebauers um 50.000 Euro abnehmen – z.B.: durch eine Schuldenschnitt, der aber nicht aus einer Insolvenz, sondern aus einer staatlichen Aktion resultiert? Nun, das Haus ist ca. immer noch gleich viel Wert, aber die Schulden betragen nur mehr 350.000. Logische Schlussfolgerung: Das Eigenkapital steigt um 150.000 Euro.
Neuartiges Sanierungskonzept?
Nun, dies ist aber eine doch relativ komische Praxis, finden Sie nicht? So werden immerhin auch keine „normalen“ Unternehmen saniert. Zuerst werden die Schulden bedient und wenn noch etwas übrig bleibt, so gehört dies im Falle einer Sanierung/Insolvenz/Auflösung den Aktionären. Meistens bleibt aber nicht einmal genug übrig, um alle Gläubiger zu bedienen – diese erhalten dann eine Insolvenzquote (von z.B.: 15 %). Die Aktionäre/Eigentümer würden in so einem Falle gänzlich leer ausgehen.
Warum wird dies also im Falle Zypern so gehandhabt? Nun, bei der Laiki Bank ist dies ziemlich egal. Die gehört sowieso dem Staat. Aber bei der Bank of Cyprus ist dies nicht so, die gehört mehrheitlich Privatleuten.
Neue Erkenntnisse
Heute, am 25. März 2013, ist folgender Plan bekannt geworden. Der „schlechte“ Teil der Laiki Bank wird in eine sogenannte Bad Bank abgespalten und abgewickelt. Dies bedeutet, dass einfach die Vermögenswerte (Assets) der Bank so gut wie möglich verkauft werden um damit die Schulden der Bank zu bedienen. Die Aktionäre (mehrheitlich der Staat) gehen in diesem Falle sowieso leer aus. Allerdings werden auch die Gläubiger einen (Groß)Teil ihrer Ansprüche nicht mehr sehen. Zu den Gläubigern gehören aber natürlich auch Sparer. Und hier greift die Einlagensicherung – wer weniger als 100.000 Euro hat, bekäme evtl. Verluste vom Staat ausgeglichen.
Daher werden diese Schulden gar nicht abgespalten, da diese sowieso nur – über die Wege der Einlagensicherung – beim Staat landen würden. „Gute“ Assets und die Einlagen unter 100.000 Euro werden nun an die „Bank of Cyprus“ übertragen.
Bei dieser Bank werden wiederum alle Einlagen unter 100.000 Euro nicht angerührt. Die Einlagen über 100.000 Euro werden allerdings drastisch „geschoren“ – man rechnet mit Quoten von ca. 20-30 %. Es wird aber – laut unserer Information – keinen Schnitt geben. Die Bankeneinlagen über 100.000 Euro werden in Bankaktien umgewandelt.
Denn die Bank wird derzeit nur von der EZB am Leben gehalten und mit „Notfallliquidität“ versorgt. Daher benötigt man eben „frisches“ Eigenkapital. Und so werden die Schulden der Bank (Ansprüche der Gläubiger) einfach zum „neuen“ Eigenkapital. Diese „Methode“ wird übrigens im amerikanischen Insolvenzrecht als Chapter 11 bezeichnet und ist dort Gang und Gebe.
Technisch gesehen, kann man sich diesen Vorgang als riesige Kapitalerhöhung vorgestellt. Die alten Großgläubiger (Bankeinlagen > 100.000) werden mit neuen, jungen Aktien abgespeist. Dadurch werden die Anteile der Altaktionäre verwässert – und zwar ordentlich. Unserem Wissen nach behalten diese zwar Ihre Aktien, allerdings gibt es halt dann z.B.: 10x mehr Aktien als zuvor und daher sind diese logischerweise weniger wert, da der Gewinn und der Wert der Bank nun auf ein Vielfaches der Aktien aufgeteilt wird und so weniger für die Altaktionäre übrig bleibt.
Laut Medienberichten sollen auch die Besitzer von Bankanleihen Geld verlieren. Hier wissen wir aber (noch) nicht, ob deren Einlagen ebenfalls in Aktien umgewandelt werden oder nicht. Unserer Meinung nach, müsste dies aber so geschehen, denn Anleihegläubiger sind im Prinzip nichts anderes als Bankkunden – sie haben der Bank Geld geliehen, in der Hoffnung, dass diese ihnen das Geld zurückzahlen kann. Natürlich kann man das so nicht über einen Kamm scheren, aber technisch betrachtet, stimmt das mehr oder weniger.
Natürlich verwundert es schon ein wenig, dass ein privates Unternehmen einfach so „umstrukturiert“ werden kann bzw. dass einfach Einlagen gegen Aktien getauscht werden können. Bei einem „normalen“ Unternehmen wäre dies vermutlich nicht so gehandhabt worden, allerdings sind Banken auch keine normalen Unternehmen. Die gesetzliche Grundlage dürfte ebenfalls an diesem Wochenende vom zypriotischen Parlament dafür geschaffen worden sein.
Wie geht’s weiter?
Wie es weiter geht können wir zu aktueller Stunde noch nicht sagen. Allerdings können wir von diesen Entwicklungen doch eine Sache lernen – Banken genießen keinen absoluten Schutz mehr! Die Laiki Bank war vorher schon Staatseigentum. Ob diese jetzt abgewickelt wird oder nicht, ändert an der Tatsache, dass der Staat auf den Schulden der Bank „sitzen bleibt“ wenig.
Allerdings ist diese „Umstrukturierung“ bei der Bank of Cyprus (Großeinlagen à Bankaktien) doch eine Neuigkeit. Vor ein paar Jahren hätte der Staat vermutlich diese Kapitalerhöhung gestemmt, die Altaktionäre wären genauso verwässert worden, die Gläubiger der Bank wären jedoch davon gekommen.
Insgesamt begrüßen wir diese Entwicklung. Gut finden wir, dass die gesetzlich garantierte Einlagensicherung nicht mit Händen und Füßen getreten wurde. Allerdings sollte sich in Zukunft wirklich jeder Sparer fragen, welcher Bank er Geld leihen will und sich nicht nur auf den rettenden „Lender of Last Ressort“, den Staat in Form der Einlagensicherung, verlassen. Zudem der Staat ja im Endeffekt wir alle sind.
Bisher zu diesem Thema erschienen
- Bankenkrise in Zypern – der Kleinanleger zahlt drauf
- Neues zum Thema Bankenhilfe – Zypern verbietet Finanztransaktionen
Anzeige