Wenn es um Finanzdinge geht, werden unsere Schätzungen und Annahmen recht schnell unzuverlässig. Darüber, und wie diese Schätzfehler begründet sind, haben wir auch in der kleinen Serie über Behavioral Finance schon gesprochen. Ein noch viel größeres Problem haben aber mehrere kürzlich durchgeführte Studien offenbart: Deutsche liegen mit ihren Annahmen, welche Renditen mit welchen Kapitalanlageformen zu erreichen wären, oft meilenweit daneben. In diesem Beitrag zeigen wir deshalb einmal, was die meisten Deutschen so schätzen – und wie tatsächlich die Realität aussieht.
In den letzten Jahren wurde eine Menge gespart – leider nur oft in der falschen Form
Vor einem Jahrzehnt noch wurde sehr wenig gespart – da gaben vor allem die Deutschen ihr Vermögen lieber aus. In den letzten beiden Jahren hat sich das gewandelt – Grund dafür mag die zunehmende wirtschaftliche Unsicherheit in der Bevölkerung sein – und das Gefühl, dass vielleicht für viele finanziell magere Jahre anbrechen könnten – das ist allerdings rein spekulativ: Über die wahren Gründe für das vermehrte Sparen in den letzten Jahren gibt es keine wirklich aussagekräftige Studie oder Untersuchung. Dabei wäre es eigentlich interessant zu wissen, zu welchen Zeiten sich die Menschen im Land finanziell eher unsicher fühlen, und wann und unter welchen Umständen die Unsicherheit eher abnimmt und Menschen sich zumindest großteils sicher fühlen.
Es bleiben allerdings nur die Fakten. Im Jahr 2017 haben Deutsche Untersuchungen zufolge umgerechnet knapp 12.000 Euro pro Person auf die hohe Kante gelegt. Das ist ein erstaunlicher hoher Wert, gehen Schätzungen doch davon aus, dass das gesamte Vermögen der Deutschen lediglich rund dreimal so hoch ist. Das Ergebnis bedeutet also, dass die Deutschen rund ein Drittel ihres gesamten Vermögens allein im Jahr 2017 auf die hohe Kante gepackt haben.
Über die Gründe dafür schweigt sich die Studie wie schon erwähnt aus – das für Anlagen besonders günstige Zinsumfeld kann es wohl nicht gewesen sein. Immerhin ist die Zinssituation gerade für Kleinanleger in den letzten Jahren so schlecht wie kaum je zuvor. Wer Rendite will muss riskieren – aber gleich ein Drittel seines gesamten Vermögens?
Aufschluss darüber geben aber die Ergebnisse einer anderen Studie, nämlich der repräsentativ angelegten Studie “Aktienkultur in Deutschland”. Sie spiegelt Daten und Fakten zum Anlageverhalten der Deutschen wider – und offenbart einige erschreckende Irrtümer und Schätzfehler, die aber offensichtlich in sehr weiten Teilen der Bevölkerung als gängige Wahrheiten angesehen werden.
Das gute alte Sparbuch hat noch lange nicht ausgedient – und wird brutal überschätzt
Geld zurückzulegen ist schon löblich – allerdings sollte man es sinnvollerweise dorthin packen, wo man für seine Anlage auch etwas bekommt.
Für enorm viele Deutsche ist das Sparbuch dabei immer noch die erste Option, Tagesgeld folgt gleich danach. Fast die Hälfte der Deutschen legen ihr Geld auf dem Sparbuch an, gut ein Drittel nutzt Tagesgeld oder Festgeld als Anlageform.
Wenn es um die Rendite geht, fühlen sich die Deutschen da ganz gut aufgehoben – weil die Mehrzahl von ihnen immer noch der festen Überzeugung ist, immerhin genügend Rendite zu bekommen – der Durchschnitt der Annahmen aller befragten lag bei immerhin 1,1 %, wenn es um das Sparbuch geht, und sogar 1,6 %, wenn es um Tagesgeld geht. Sehr viele glauben sogar, dass sie auf ihrem Girokonto noch beinahe 1 % Zinsen bekommen, wenn sie das Geld nur nicht abheben (der Mittelwert der Annahmen lag hier bei 0,9 %).
Das entspricht aber leider bei weitem nicht mehr der bitteren Realität: Selbst der Mittelwert bei für drei Monate gesperrten Festgeld liegt einer Vergleichsstudie von biallo.de zufolge kaum über 0,23 %. Die Mehrzahl der Angebote im Bereich von Tagesgeld liegt hier zwischen 0,20 % und 0,35 %, viele Anbieter nehmen dabei kleine Beträge wie etwa 1.000 EUR noch nicht einmal als Anlage an. Bei einer nicht geringen Zahl von Anbietern wird Tagesgeld sogar mit Beträgen von 0,01 % bis 0,05 % verzinst. Selbst die besten Angebote in unserem Tagesgeld und Festgeld Vergleichsrechner liegen leider unter den Schätzungen der Befragten.
Die Realität wird noch bitterer, wenn man sich die Inflationsrate in Deutschland ansieht: schon 2017 lag sie immer zwischen 1,6 % und 1,8 %, ebenso zu Beginn des Jahres 2018. Im Mai 2018 kletterte sie auf stolze 2,2 %.
Geld das auf Sparbüchern oder auf aktuellen Festgeldkonten angelegt ist, stellt keine WERTGESICHERTE Geldanlage dar. Im Gegenteil: Bei einer Verzinsung von 0,2 % wird das angelegte Geld bei dieser Inflationsrate Jahr für Jahr um 2 % weniger wert. Das entspricht schon beinahe den Kosten für einen (günstigen) Kredit (Ratenkreditvergleich) über diese Geldmenge.
Man sollte meinen, in diesem Fall wäre es schon fast besser, das Geld einfach auszugeben. Immerhin sind die Wiederbeschaffungskosten für diese Geldmenge (Kredit) gerade nicht mehr viel höher als das, was man ohnehin verliert.
Die Sache mit der Inflation scheint aber die meisten Deutschen nicht wirklich zu stören – es liegt die Vermutung nahe, dass an diesen Aspekt kaum jemand denkt.
Aktienmarkt und Immobilien werden als Top-Anlageprodukte gesehen – trotzdem investiert dort kaum einer
Ein sehr verqueres Bild zeigt sich, wenn man die Annahmen über tatsächlich gewinnbringende Anlageformen mit dem tatsächlichen Verhalten von Deutschen in Einklang zu bringen versucht.
Zwar sehen die meisten Deutschen Immobilien und Aktienfonds als sehr profitable Anlageformen an (Immobilien werden im Durchschnitt bei den Befragten eine Rendite von über 4 % zugestanden, Aktienfonds und Einzelaktien immerhin im Schnitt 3,4% – 3,5 %) – trotzdem investiert dort kaum jemand.
Gerade einmal knapp 20 % der Deutschen investieren in einen Aktienfonds, in Einzelaktien investieren dann nur noch knapp über 10 % der Deutschen. Man scheint diese Anlageformen zwar weithin also zu schätzen – für einen selber ist das dann aber eher nicht geeignet. So oder so ähnlich scheint dazu die öffentliche Wahrnehmung zu lauten.
Die gerade für Kleinanleger sehr einfach zu managenden und vergleichsweise ertragreichen ETFs (kein Aktienfonds schafft es nämlich, auf Dauer den Markt zu schlagen und wenn dann nur zu hohen Kosten) scheinen gar nicht im Blickfeld der Deutschen zu liegen. Im Schnitt wird von den Befragten für einen ETF lediglich rund 2 % Rendite geschätzt, gerade einmal 5 % der Deutschen haben einen ETF.
Dabei sieht die Wirklichkeit hier deutlich anders aus: Die meisten S&P 500 ETFs haben in den letzten 3 Jahren einen Wertgewinn zwischen 26 % und 28 % erzielt, und selbst die schlichten DAX-ETFs haben es in den letzten 3 Jahren auf eine Rendite von zwischen 9 % und 10 % gebracht. Und das bei zahlreichen Sparplan-Angeboten und den geringsten Kosten im Vergleich aller Anlageformen.
Manche Broker bieten ETF-Sparpläne sogar VÖLLIG KOSTENLOS als Anlagemöglichkeit an (welche das sind können Sie in unserem Brokervergleich herausfinden).
Interessiert sich niemand für sein Geld – oder fehlt einfach das Wissen?
Wie kommt es, dass die Deutschen insgesamt fast ein Drittel ihres gesamten Vermögens in Anlagen stecken, von denen völlig klar ist, dass sie damit EINE MENGE GELD VERLIEREN? Das grenzt beinahe schon an gewollte Selbstschädigung und Vermögensvernichtung.
Und warum werden die – vielerorts beschriebenen und dargestellten – ETFs so derart mit Verachtung gestraft?
Selbst Anlage-Gurus wie Warren Buffett sagen von ETFs klar, dass sie “die beste Anlageform für alle sind, die wenig Geld anlegen und sich nicht intensiv und ständig mit ihrer Geldanlage auseinandersetzen wollen”. Nach seinem Tod soll übrigens ein Großteil seines Vermögens tatsächlich in ETFs fließen. Und das von jemandem, der sich sein ganzes langes Leben mehr als nur intensiv und unglaublich erfolgreich mit Geldanlagen beschäftigt hat.
ETFs sind natürlich nicht die einzige, profitable Möglichkeit, Geld anzulegen – aber unserer Meinung nach sind sie die beste Möglichkeit für all jene, die sich nicht viel mit ihrer Geldanlage beschäftigen wollen, weil ihnen dazu die Zeit und die Muße fehlen. Auch Einzelaktien können für Privatanleger eine gute Möglichkeit sein, insbesondere, wenn man einen Buy-and-Hold-Ansatz verfolgt. Dafür muss man sie aber gekonnt auswählen und den Markt schon ein wenig im Auge behalten.
Die Zahlen aus der Studie, die ja erst aus allerjüngster Zeit stammt, haben uns auf jeden Fall erschreckt. Dass die Situation so schlimm ist, hätten wir nicht gedacht.
Daher unser Appell: BESCHÄFTIGEN Sie sich bitte mit Ihren Finanzen – und insbesondere mit dem Aufbau Ihrer Rücklagen: kurzfristig, mittelfristig und langfristig. Seien Sie Ihrem Geld kein Feind. Wenn Sie nur 50 EUR pro Monat erübrigen können, haben Sie nach 10 Jahren mit einer vernünftigen Geldanlage – dank des Zinseszins-Effektes – einen stattlichen Betrag erzielt – und dabei MEHRERE TAUSEND EURO an Zinsen geschenkt bekommen. Oder rechnen Sie selbst: https://m.zinsen-berechnen.de/sparrechner.php
Tun Sie etwas!
Grob verschätzt - wie Anlagen völlig falsch bewertet werden,
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