Zinsgewinne im roten Bereich: Die Negativzinsen sind zurück – und diesmal, um zu bleiben

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Zinsgewinne im roten Bereich: Die Negativzinsen sind zurück – und diesmal, um zu bleiben

Noch für unsere Eltern war es ein schlichtes Ding der Unmöglichkeit: Spareinlagen, die sich selbst aufessen. Man bringt Geld auf die Bank, damit es Zinsen bringt. Das war bis vor einigen Jahren eine so fundamentale Weisheit, wie ein Apfelbaum eben Äpfel trägt. Die heutige Realität sieht anders aus: Nach der letzten EZB-Entscheidung werden Minus-Zinsen auf Spareinlagen nun vermutlich Standard. Das Sparbuch, das sich selbst stückweise verzehrt. Nach der letzten EZB-Entscheidung sieht es nun so aus, als wären die Negativzinsen zurückgekommen – diesmal, um zu bleiben. Das hat natürlich katastrophale Auswirkungen auf vielen Ebenen – vor allem auch für Privatanleger. Wir haben uns aktuell die Gründe und die Hintergründe einmal genauer angesehen.

Negative Zinsen, negative Löhne – geht so etwas überhaupt?

Nun ja – der Theorie nach geht so etwas eigentlich nicht. Theoretiker unter den Ökonomen würden es als eine „Anomalie der Wirtschaft“ sehen, ein bisschen so wie die berühmte abiotische Stasis im Ozean: Stellen, an denen kein bisschen Leben mehr herrscht, quasi „schwarze Löcher“ mitten im Ozean. Theoretisch darf es so etwas gar nicht geben. Tatsache ist aber, diese Dinge existieren. Nennen wir es einfach einen „Ausnahmezustand der Wirtschaft“.

Leider ist es so, dass dieser „anormale Zustand“ zum Dauerzustand zu werden droht. „Leitzinsen“ gibt es im gesamten Euroraum quasi nicht mehr – sie sind buchstäblich abgeschafft. Und so wie man mit anderen, theoretisch eigentlich unmöglichen Zuständen nur schwer umgehen kann, bringt das auch in diesem Fall eine ganze Reihe von Problemen mit sich.

Warum gibt es überhaupt Negativzinsen – oder warum gibt es sie schon wieder?

Negativzinsen sind, so viel muss man festhalten, ein wirkungsvolles geldpolitisches Instrument der Zentralbanken, um eine Krise zu bewältigen. Indem die Zinsen abgesenkt werden, also die „Geldpolitik gelockert“ wird, kommt es zu einer Belebung der Wirtschaft, weil Investitionen und Finanzierungen begünstigt werden. Und die Negativzinsen haben wir im Grunde nicht „schon wieder“ – wir haben sie nie abgeschafft.

Ein Teil dieser Geldpolitik ist auch, dass die Zentralbank negative Zinsen von Banken verlangt, die ihr Geld bei ihr parken. Der Sinn der lockeren Geldpolitik ist ja, das Geld in Umlauf gerät – geparktes Geld befindet sich nicht im Umlauf und bringt daher auch keine Zinsen, sondern kostet am Ende Geld. Vielfach bleibt den Banken allerdings gar nichts anderes übrig, als Gelder hie und da zu parken – das ist unvermeidbar. Damit entstehen natürlich für die Banken hohe Kosten.

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Was hat sich nun geändert?

An der Situation hat sich – und das ist eben der springende Punkt – überhaupt nichts geändert. Die Niedrigzinsen und die Negativzinspolitik der EZB bleiben unverändert. Die Krisenpolitik wird – gegen jede Vernunft, um das einmal klar zu sagen, einfach weiter fortgeführt. Ein wenig Hoffnung gab es, als der Zentralbankchef, Mario Draghi, sein Amt verließ. Aber seine Nachfolgerin, die aus gegebenen Gründen ohnehin nur wenig Spielräume für die Neugestaltung der Geldpolitik hat, hat klar gemacht, dass sie das fortführen will. Damit sind die Niedrigst- und die Negativzinsen nun klar und deutlich auf viele weitere Jahre hinaus festgeschrieben. Wir müssen uns mit ihnen arrangieren.

Für die Banken zieht das natürlich ernsthafte Überlegungen nach sich. Das zum Teil unvermeidbare Parken von Geldern der Zentralbank wird in den nächsten Jahren weiterhin sehr viel Geld kosten. Wird die Lage noch verschärft und sinken die Zinsen, bedeutet das noch höhere Kosten. Im Gegenzug soll man auch noch Zinsen an die Sparer bezahlen. Das geht natürlich nicht mehr zusammen. Im Grunde bedeutet es für die Banken, auf viele weitere Jahre hinaus hohe Kosten in Kauf nehmen zu müssen, für die es keinerlei Kompensation gibt. Nur für das reine „Aufbewahren“ von Geld.

Bislang haben einige Banken bei größeren Spareinlagen üblicherweise ab einer Einlagenhöhe von 500.000 EUR angefangen, einen Teil der Kosten an Kunden weiterzugeben – über Negativzinsen für die Spareinlage. Die höchsten Werte lagen dabei bei rund -0,4 % Zinssatz. Das wird den Banken für die Zukunft nicht reichen – viele Banken denken bereits darüber nach, solche Negativzinsen auch bereits bei Einlagen über 100.000 Euro zu fordern – oder vielleicht sogar generell. Das bedeutet natürlich nichts Gutes – auch nicht für die Banken.

Noch schlimmer ist das allerdings für die deutschen Sparer. Schon die sehr sicheren Bundesanleihen kosten heute vielfach bereits Geld – über die Negativzinsen. Wenn es bei der Bank dann auch nur noch Negativzinsen gibt, werden die Möglichkeiten bei der klassischen Geldanlage richtig dünn. Den Sparern gehen dann die Optionen aus – rechnet man Negativzinsen und den Kaufkraftverlust durch die Inflation zusammen, isst sich ein Sparbuch dann buchstäblich über die Jahre selbst auf. Je höher das darauf befindliche Guthaben, desto größer auch die Verluste, die man pro Jahr macht. Dazu kommen dann möglicherweise auch noch höhere Bankgebühren und Sonderkosten, weil die Banken ihre Kosten natürlich auch auf irgendeine Weise decken müssen – jedenfalls die Verluste bei den Kundengruppen, wo sie die Negativzinsen nicht direkt weitergeben können.

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Ein anderes Szenario sind dann natürlich die Kündigungen von Sparverträgen. Allein die Sparkasse München hat 28.000 Verträge gekündigt, weil die Sparer einfach zu viel Geld gekostet haben. Selbst wer also noch einen „alten“ Sparvertrag mit guten Zinsen hat und den behält, ist hier nicht mehr auf der sicheren Seite. Wenn der Sparvertrag zu gut ist, kann es sein, dass er irgendwann einmal einfach gekündigt wird. Mit den „guten Zinsen“ ist dann natürlich Essig. Dann steht man da mit seinem Geld – und weiß nicht wohin damit.

Wie schlimm kann es kommen?

Das kann man natürlich nie genau sagen. Man sollte auch die Aussagen von Banken über die dramatische Lage immer mit ein bisschen Abstand betrachten. Natürlich steckt jetzt keine Bank in einer existenzbedrohenden Lage – Banken sehen nur in den kommenden Jahren weiterhin hohe Kosten auf sich zukommen, die sie lieber vermeiden würden. Und die sie vermutlich nicht komplett an die breite Masse der Kunden weitergeben können, sondern nur an einzelne Kundensegmente. Auch die eher grauen Konjunkturaussichten werden dabei durchaus ins Auge gefasst – auch das spielt für Banken durchaus eine Rolle.

Andere Rechnungen, wie etwa bei der Bankenaufsicht der Bundesbank, gehen davon aus, dass die Banken aktuell bei den Verbindlichkeiten sogar leichte Gewinne machen. Auch über die Staffelzinsen, die die EZB vor kurzem neu eingeführt hat und der bestimmte Freibeträge für Banken vorsieht, wird öffentlich nur wenig gesprochen. Im Grunde entlastet auch das die Banken durchaus.

Die andere Seite ist aber, dass Banken natürlich reagieren werden, wenn sie ihre möglichen Verluste begrenzen wollen – damit muss man rechnen. Eine Reaktion wird es bei vielen Banken geben. Wie sie bei einzelnen Banken ausfallen wird, ist allerdings noch unklar.

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Dass die Niedrigzinspolitik auch der Wirtschaft nichts bringt, kann man heute auch klar erkennen. Über kurz oder lang dürfte das auch den Akteuren bei der EZB dann doch einmal bewusst werden. Die USA haben ihre Leitzinsen schon vor einer Weile erhöht, weil sie das eingesehen haben. Hierzulande scheint der Erkenntnisprozess noch länger zu dauern. Irgendwann wird er aber einmal kommen müssen – und dann wird man wohl diesen finanztheoretisch gar nicht möglichen Zustand einfach durch eine Anhebung der Leitzinsen beenden.

Vielleicht beendet man dann sogar den unseligen Aufkauf von maroden Staatsanleihen in riesigen Stückzahlen – und schiebt die Verpflichtung, die eigenen Haushalte gefälligst wieder in Ordnung zu bringen und zu halten wieder den einzelnen Staaten zu. Auch in diesem Bereich ist wohl ein Erkenntnisprozess fällig – aber der wird wohl noch deutlich länger dauern.

Was sollte man als Sparer jetzt tun?

Zunächst einmal besteht kein Grund zur Panik. Klassisches Sparen wird weiter unattraktiv werden, aber das ist es schon seit einer ganzen Weile. Auch die Furchtsamsten und Zaghaftesten sollten sich nun einfach einmal ein klein wenig mit dem Aktienmarkt, mit ETFs und mit Anlagemöglichkeiten außerhalb des klassischen Banksparbuchs zumindest auseinandersetzen. Es gibt noch eine Welt da draußen – und dort gibt es auch Rendite. Wenn „Sicherheit“ bedeutet, dass man mit Sicherheit Geld verliert, wenn man es aufs Sparbuch tut, dann ist das ja nicht im Sinne des Erfinders. Und mit ein bisschen Unsicherheit und Ungewissheit kann man schon leben, das kann man schon aushalten. Und man kann sich immerhin einmal über andere Möglichkeiten informieren – anstatt durch Festhalten an Weisheiten aus den 1950ern stur sein Geld an bloßen Gebühren zu verschleudern, fürs bloße Aufbewahren.

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