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Wieder einmal Run auf die Bundesanleihe – und warum das gerade in kritischen Zeiten keine gute Idee ist

In der Welt geht es wieder einmal turbulent zu – der Handelskrieg zwischen den USA und China zerschlägt viel Porzellan, in Europa geht (wieder einmal) das Gespenst einer Rezession um, beim Brexit weiß keiner, was als Nächstes kommt – kurzum: Es herrscht wieder einmal eine unübersichtliche Gemengelage. Und wie so oft in solchen und ähnlichen Situationen kann man ein deutliches Phänomen beobachten: Alles flüchtet in deutsche Bundesanleihen, voll Vertrauen auf die Wirtschaftskraft der Republik. In unserem Beitrag wollen wir einmal beleuchten, warum das in der Mehrzahl der Fälle – und insbesondere in der nahen Zukunft – keine besonders gute Idee für Anleger ist.

Bei einem Ansturm sinken gleichzeitig die Renditen

Wir haben es hier mit einem zweischneidigen Phänomen zu tun: wenn sich Schwierigkeiten und Rückgänge bei der Konjunktur abzeichnen, purzeln vielfach die Aktienkurse und die Indices zeigen in vielen Bereichen Rückgänge. Der DAX kommt dann nicht aus den Pötten. Anlegern macht so etwas Sorgen.

Gleichzeitig sind aber sinkende Renditen bei den deutschen Bundesanleihen für Experten gerade ein Zeichen, dass ein Konjunkturrückgang bevorsteht. Und wenn weltweit die Nachfrage nach Bundesanleihen steigt, steigt natürlich auch ihr Kurs. Und damit fällt die Rendite. Genau dieses Phänomen beobachten wir derzeit, auch schon mehrfach in den letzten Jahren. Aus dem „sicheren Hafen“ wird dann ziemlich schnell ein übles Groschengrab.

Die Rendite der deutschen Bundesanleihen macht nämlich an der Nulllinie nicht halt: Sie bewegt sich zur Not auch noch weit darunter. Aktuell ist wieder einmal die Nulllinie unterschritten. Das war aber schon 2016 so, damals lagen die Zinsen bereits bei – 0,3 % . Weiter als bis zu + 0,7 % ging es in den Folgejahren ohnehin nicht, seit Anfang 2018 ging es von dort aber wieder stetig bergab. Bis zur Nulllinie und weiter nach unten.

Man muss sich einmal vergegenwärtigen, was das für die eigene Geldanlage bedeutet: Die „sichere“ Geldanlagemöglichkeit führt zu nichts außer sicheren Verlusten. Rechnet man noch die Inflation zwischen 1 und 2 % mit hinein, verliert das Anlagekapital quasi mit Riesenschritten an Wert. Die einzige Sicherheit ist, dass mit absoluter Sicherheit massive Verluste eintreten.

Selbst wer beschließt, sein Geld gar nicht anzulegen und es unter der Matratze aufzubewahren, fährt hier noch besser. Der macht wenigstens nur Verluste in der Höhe der Inflationsrate.

Damit wird ein für allemal klar: Im Falle von unübersichtlichen Wirtschaftslagen sein Geld in deutsche Bundesanleihen zu stecken bringt absolut nichts. Die tendieren dann nämlich ebenso nur zu massiven Verlusten, bis hinein in den negativen Bereich.

Nehmen Sie einmal einen Zwanzig-Euro-Schein aus Ihrer Brieftasche und zünden Sie ihn an. Das möchten Sie nicht? Gut, wenn Sie in Krisen Ihr Geld in Bundesanleihen stecken, tun Sie aber genau das.

Wie viel „Sicherheit“ bietet die deutsche Wirtschaft überhaupt?

Was zu einem großen Teil hinter diesem Verhalten, hinter den weltweiten Runs auf deutsche Bundesanleihen steht, ist der unverbrüchliche Glaube an die „Stärke“ der deutschen Wirtschaft, an die Überlegenheit deutscher Wirtschaftsführer und Konzerne und die Wirtschaftskraft Deutschlands.

Das ist aber zum großen Teil ein Mythos – und war es auch früher öfter einmal. Genauso wie es die Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg aufgrund ihres Fleißes und ihres unermüdlichen Arbeitseinsatzes geschafft haben, den Wiederaufbau zu stemmen und das Wirtschaftswunder hervorzubringen. Historische Studien belegen heute klar, dass die durchschnittliche Arbeitszeit in Deutschland in den vierziger und fünfziger Jahren sogar geringer war, als in vielen anderen europäischen Staaten wie etwa in Großbritannien und Frankreich. Mehr gearbeitet hat der Durchschnitt hier sicher nicht. Der Grund für das Wirtschaftswunder ist viel eher in massiven Wirtschaftshilfen zu suchen und in einem Interesse der Siegermächte, Deutschland wieder aufzubauen. Die Ostdeutschen, die ja ebenfalls „fleißige“ und „talentierte“ Deutsche waren, nagten dagegen noch Mitte der fünfziger Jahre am Hungertuch. Dort hat der Fleiß der Deutschen anscheinend kein Wirtschaftswunder hervorgebracht.

Vieles von dem Glauben an die „unerschöpfliche deutsche Wirtschaftskraft“ ist einfach auf Hörensagen gegründet – und schlichtweg eine Mär. Mit eine Rolle spielt dabei auch, dass Deutschland sich gerne und überall weitaus großartiger darstellt, als es eigentlich ist – und am Ende dann oft nur recht kläglich liefert. Auch deutsche Konzerne sind von diesem Virus oft befallen. Alle glauben daran, nur die Ergebnisse sehen am Ende anders aus. Aus diesem Grund haben jede Menge Kleinanleger in den vergangenen Jahren enorm viel Geld mit sogenannten „Volksaktien“ verloren, treu an die „Kraft“ der deutschen Wirtschaft glaubend.

Dazu brauchen wir nicht einmal die berühmte Telekom-Aktie aus den 90er-Jahren zu bemühen, die eine einzige erbärmliche Farce war. Auch mit anderen „Volksaktien“ wie BASF, Siemens und Daimler haben zahlreiche Anleger ihr sauer verdientes Geld in den Sand gesetzt und nicht zuletzt natürlich mit der Deutschen Bank und vor allem mit Volkswagen. Einem Unternehmen, das es nicht einmal der Mühe wert findet, seinen Betrug an den eigenen, zum Teil jahrzehntelang treuen Kunden auf eigene Kosten zu beheben – und eine Politik, die das auch noch gut heißt. Immerhin sind ja halbe Bundesländer am Konzern beteiligt. Wo man anderswo – etwa in Rumänien oder Russland – gleich lauthals „Korruption“ schreien würde, sieht man das hierzulande lediglich als ein Zeichen der eigenen unüberbietbaren Größe.

Als Anleger wird es durchaus einmal Zeit, die Märchen aus den 50er- und 60er-Jahren hinter sich zu lassen und sich einen nüchterneren Blick auf die deutsche Wirtschaft zuzulegen: Das so „wirtschaftlich starke“ Land hat eines der schlechtesten Handynetze in ganz Europa, hinkt bei der Digitalisierung meilenweit hinterher, bekommt weder eine Energiewende noch einen Braunkohleausstieg hin, ohne dass das am Ende komplett im Sande verläuft und lediglich einen massiv höheren Strompreis zur Folge hat. Der deutsche Mittelstand ächzt nicht nur unter der Last hoher Steuern, sondern auch kleinlichster Vorschriften, die alles bis ins kleinste Detail regulieren wollen und eigentlich nur enormen Arbeitsaufwand und unüberschaubares Chaos produzieren.
Es gibt weder konkrete Pläne, wie man mit den heutigen Herausforderungen – im ökologischen Bereich und in der Digitalisierung – umgehen will und schon gar keine konkreten Versuche. Was kleine Länder wie Norwegen offenbar mit links hinzubekommen scheinen – 50 % Elektroautos bei den Neuzulassungen und ein Verbot von allen fossilen Heizungen in Dänemark – das scheint für Deutschland nicht einmal im Ansatz erreichbar.

Aus der „Vorreiterrolle“ beim Klimaschutz ist nichts geblieben, außer den großartigen Ankündigungen und den freigebig erteilten Ermahnungen für alle anderen. Im eigenen Land ist trotz einer wahren Tonne von Vorschriften und angeblichen „Maßnahmen“ der CO2-Ausstoß in den letzten Jahren sogar angestiegen.

Verabschieden wir uns also von den Mythen und dem Vertrauen auf großartige Ankündigungen und sehen uns lieber die Tatsachen und die realen Ergebnisse an. Etwa jene Tatsache, dass deutsche Bundesanleihen schon wieder einmal im negativen Rendite-Bereich rangieren. Und dass das Vertrauen in die „Kraft der deutschen Wirtschaft“ und die Weltführerschaft in allen Bereichen (außer Müll zu produzieren) möglicherweise etwas hinterfragt werden muss.

Auch die Deutschen kochen nur mit Wasser – und meist auf sehr kleiner Flamme.

Anleger brauchen einen Plan für die Krise

Sinnvoller ist es auf jeden Fall, sich gegenwärtige Krisen und die Weltlage ganz genau anzuschauen – und zu sehen, wer davon profitiert. In erster Linie natürlich die Rüstungsindustrie – aber eine Anlage in solche Betriebe ist sicherlich nicht jedermanns Sache und durchaus auch in moralischer Hinsicht bedenklich.

Wichtig ist dabei, sich nicht auf allzu großartige Selbstdarstellungen, Ankündigungen und Versprechen zu verlassen, sondern vor allem auf Fundamentaldaten und Ergebnisse. Wer etwas kann, beweist das ohnehin immer dadurch, dass er am Ende sichtbare Ergebnisse erzeugt und liefert. Sich auf Fundamentaldaten zu verlassen ist also sicherlich nicht verkehrt.

Einer der wichtigsten Ratschläge ist außerdem, sich von Krisen nicht aus der Ruhe bringen zu lassen. Was langfristig Erfolg verspricht und solide ist, übersteht auch kleinere Rückschläge. Und auch wenn in Europa die nächste Rezession vor der Tür steht, wird es Unternehmen geben, die das relativ unbeschadet überstehen – oder vielleicht sogar gestärkt aus der nächsten Krise hervorgehen.

Gründlich und in Ruhe zu überlegen, zu bewerten und zu analysieren ist sicherlich besser, als sein Geld (wieder einmal) Hals über Kopf mit dem Glauben an das Gute in deutsche Bundesanleihen zu stecken.

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