Wenn Sie den Wirtschaftsteil der Zeitungen aufmerksam lesen oder die Nachrichten einschalten, dann werden Sie gleich spüren: Manche Wochen werden nicht nur von den Börsianern, sondern von der Allgemeinheit als sehr turbulent wahrgenommen. Es erfolgen Weichenstellungen: Manche sind nur von Bedeutung für die kurzfristige Kursentwicklung bzw. Performance, andere wiederum führen dazu, dass sich die Vorteilhaftigkeit so mancher Geldanlage verändert.
Anleger stellen sich deshalb die Frage, wie viel Zeit sie denn für die Geldanlage aufbringen sollen und ob es bestimmte Tage oder regelmäßige Zeitabschnitte gibt, an denen das Depot und die Geldanlage überprüft werden sollte.
Die Prolongationsfalle vermeiden – Jede Endfälligkeit soll zum Nachdenken anregen
Eine interessante Statistik der Bundesbank in einem Artikel aus dem Juni 2014 zeigt eine sehr interessante Entwicklung an der Zinsfront: Demnach gibt es immer wieder Zeiträume, in denen Sichteinlagen und Spareinlagen keinen Vermögenszuwachs erzielen würden.
Deshalb sollten Sie jede Endfälligkeit – beispielsweise bei Bonussparbüchern oder kurzlaufenden Festgeldern – zum Nachdenken nutzen. Die wichtigsten drei Fragen in diesem Zusammenhang könnten lauten:
- Haben sich meine Geldanlageziele verändert? Können Sie als Anleger auf eine höher rentierliche Anlage umsteigen? Oder besteht der Wunsch, weiter Geld jederzeit flexibel abheben und verwenden zu können?
- Auch jede “Verlängerung” von Festgeld ist eine neue Transaktion: Vermeiden Sie es deshalb als Stammkunde zu gelten und Ihre Zinserträge langsam runterschleusen zu lassen. Vergleichen Sie die Konditionen! Dann sehen Sie, um wie viel mehr Sie bei einem anderen inländischen Anbieter von Festgeld oder Tagesgeld bekommen können. Da die Festgelder und Tagesgelder auf Ihren Namen der Einlagensicherung unterliegen, können Sie hier tatsächlich mehr Ertrag bei gleichem, niedrigen Risiko bekommen.
- Haben Sie Kredite mit einer Sondertilgungsmöglichkeit? Gerade wenn Sie einen schon länger laufenden Kredit haben, dann kann die Einsparung schon erheblich sein.
Nehmen Sie sich also bei jeder Verlängerung oder Endfälligkeit 15-20 Minuten Zeit zum Angebotsvergleich. Schon nur ein halbes Prozent Rendite kann dabei wesentlich mehr Veränderungen hervorrufen als das Lesen der wöchentlichen Sonderangebote der örtlichen Märkte!
Der Quartalswechsel: Zeit für die Bestandsaufnahme
In den Angeboten der meisten Online- und Diskontbroker findet sich die Möglichkeit, jederzeit einen Depotauszug zu erstellen bzw. sich zusätzlich die Wertveränderungen der einzelnen Positionen ansehen zu können. Damit bietet der Online- und Diskontbroker neben einem Preisvorteil bei der Ordererteilung und Depotführung (ein Depotkonto-Vergleich finden sich im Link) noch wesentlich mehr als das Offline-Filaldepot.
Drucken Sie sich den Depotauszug aus und vergleichen Sie die Wertentwicklung seit dem letzten Quartalswechsel: Im Zeitablauf bekommen Sie ein Gefühl dafür, wie sich die einzelnen Wertpapiere verändern und ob es Aktien gibt, bei denen es sich tatsächlich um eine Seitwärtsbewegung handelt. Dabei können Sie einen Wert im Hinterkopf behalten, der eine ziemlich exakte Seitwärtsbewegung vollführt: Die Aktie der Deutschen Lufthansa AG (WKN: 823212) im 3-Jahres-Chart zeigt genau so eine Bewegung: Sie bewegt sich im Jahresvergleich sehr wenig und schwankt meist nur zwischen Hoch- und Tiefpunkten eines Seitwärtskanals. Wenn Sie dagegen Einzelaktien oder ETFs sehen, die sich regelmäßig nach oben bewegen, dann besteht bei diesem Wert kein sofortiger Handlungsbedarf. Ein sehr deutliches graphisches Bild gibt sich beim Vergleich der Depotwerte des aktuellen und des Vorjahres bzw. des jeweiligen Quartalsendes auch bei der Coca Cola Aktie (WKN: 850663). Das optische Bild eines intakten Aufwärtskanals können Sie im Gedächtnis behalten.
Pro Quartalswechsel (oder bei größeren Depots auch pro Monatswechsel) sollten Sie deshalb pro einzelner Position etwas Zeit verwenden und sich die Wertentwicklung vergegenwärtigen. Denken Sie dabei auch an die erhaltenen Dividenden!
Branchenfaszination und Trends: Gewinnmitnahme nicht vergessen
Die Aktionäre der Apple-Aktie (WKN: 865985) konnten sich lange Jahre über einen Wertzuwachs freuen. Wenn Sie sich selbst keinen Stop Loss von beispielsweise einem Abschlag von 10 % unterhalb des Höchstwertes gesetzt haben, dann mussten Sie das “Abbröckeln” der Kurse beobachten. Und konnten nicht alle Gewinne sichern. Deshalb sollten Sie – auch beim Durchsehen der Quartalsauszüge – neben den erreichten Kursen auf folgende Indizien achten:
- Wie hat sich das Kurs-Gewinn-Verhältnis entwickelt? Die dot.com-Blase Anfang des Jahrtausends konnten die Anleger vergleichsweise einfach erkennen: KGVs weit jenseits von 30 und bis zu 100 oder mehr zeigten, dass eine überkaufte Situation vorliegen könnte. Wenn Sie damals als Anleger zumindest einen Teil der Position glattgestellt hätten, dann hätten Sie mit der Methode des Ansehens der Zahlen einen Großteil der Gewinne sichern können.
- Wie euphorisch ist die Presse bzw. wie häufig ist ein einzelnes Unternehmen in der Presse zu finden? Es gibt tatsächlich einige, wenige Unternehmen, die in der Tat unsere Art und Weise revolutionieren, wie wir einkaufen oder leben. Meistens gibt es – wie bei Produkten auch – insbesondere bei kleineren Unternehmen eine Art “Höchststand” in der Berichterstattung und öffentlichen Aufmerksamkeit. An der Kursentwicklung von Zalando (WKN: ZAL111) lässt sich dieses doppelte Muster erkennen: Ein KGV von über 50 (oder zwischen 35 und 40 für das nächste Jahr) und nachlassende Berichterstattung sind Warnzeichen.
Eine “überkochende” Begeisterung in der Öffentlichkeit kann deshalb auch ein echtes Warnsignal sein. Sind dagegen die Kennzahlen und der Aufwärtstrend von Werten im Depot in Ordnung, so spricht nichts dagegen, die Geldanlage fortzusetzen. Dann verfügen Sie über mehrere Hinweise bzw. Indikatoren, die auf eine erfolgreiche Wertpapierposition hindeuten.
Einzelereignisse und deren (Nicht-)Einfluss auf Ihre Anlagestrategie
Wenn Sie langfristige Sparziele verfolgen und sich für ETFs und einzelne Wertpapiere mit einer hohen Performance entscheiden, dann stellt sich in der heutigen Zeit immer wieder die Frage: Müssten Sie die Geldanlage optimieren oder Wertpapiere kaufen oder verkaufen, wenn es einzelne Ereignisse gibt? Wie den Abgasskandal bei einem Autohersteller oder die Frage, wie es nach einem Referendum (wie der Brexit-Abstimmung) weitergehen könnte.
Dabei hilft eine grundlegende Unterscheidung: Handelt es sich um einen allgemein anhaltenden Preistrend wie die Tatsache, dass eine Branche langfristig unter Druck kommt? Dann kann damit ein Warnsignal für alle Aktien einer Branche verbunden sein. Denken Sie dabei an die von den großen Stromerzeugern verschlafene Energiewende: Niemand hätte diesen verbieten können, selber 100 oder mehr Windpark-Firmen zu gründen und von den Erneuerbaren Energien zu profitieren. Stattdessen hielten sie am bisherigen Geschäftsmodell trotz einer Bedrohung durch neue Technologien und Subventionen fest. Ähnliches kann auch für Fluggesellschaften gelten: Stetiger Preisdruck begrenzt das Aufwärtspotenzial. Damit verdichten sich bei Ryanair & Co. die Hinweise, dass der Gewinnpfad verlassen werden könnte.
Davon zu unterscheiden ist ein Einzelanlass – wie beispielsweise Kritik an einem einzelnen Produkt oder das Hochkochen eines Skandals: Die Diskussion um Palmöl in Nestlé-Produkten hatte keinen bleibenden Einfluss auf die Performance der Aktie, da das Unternehmen ein breit aufgestelltes Produkt-Portfolio in vielen Ländern hat. Die Aktion eines spendenorientierten Vereins hatte sogar etwas Positives: Das Unternehmen konnte das Bild einer zukünftigen nachhaltigen Produktion durchaus medienwirksam zeichnen.
Einzelereignisse ohne andauernde Tendenz sollten deshalb im Allgemeinen nicht zu einer Neuausrichtung des Portfolios oder der Geldanlage-Strategie führen.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die in die Geldanlage investierte Zeit sich durch ein Mehr an Wissen und Rendite mehrfach auszeichnet. Wer sich selbst um die Geldanlage kümmert, der wird schon bald zusätzlich belohnt durch mehr Selbstbewusstsein und “Empowerment”. Also fähig, die Geldanlageentscheidungen wesentlich besser und im eigenen Interesse zu treffen als dies die provisionsorientierte Beratung einer Filialbank jemals tun würde.
Dies kann sich erst in ein paar Jahren ändern, wenn die Honorarberatung üblich wird und die Finanzbranche ausschließlich nach Zeit und nicht nach Provisionen abrechnet.
Weiterführende Links
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