Schon im letzten Jahr gab es zwei interessante Trends, die sich eigentlich grundlegend widersprechen: Deutsche schließen immer mehr Bausparverträge ab – und den Bausparkassen geht es wirtschaftlich immer schlechter. Viele haben ihre Notfall-Kassen schon lang gründlich geleert. Bei den Bausparkassen herrscht eine tiefe Krise – schon lange. Schuld daran ist wie in vielen Branchen die anhaltende Niedrigzinspolitik. Wir haben uns einmal ein wenig Gedanken über die Chancen und Risiken eines Bausparvertrags zur heutigen Zeit gemacht.
2015 als Rekordjahr – auch danach solides Wachstum, aber leere Kassen
Wie zu erwarten war, gab es nach dem regelrechten Bauspar-Boom 2015 einen Einbruch bei den Verkaufszahlen, ab 2018 wuchs das Neugeschäft aber wieder. Mitte 2019 gab es noch einmal einen weiteren Wachstumsschub.
Zur gleichen Zeit begannen aber bereits fast alle Bausparkassen, ihre „Kriegskassen“, den sogenannten „Fonds zur bauspartechnischen Absicherung“, kurz auch FtbA genannt, zu leeren. Dieser Fonds, den jede Bausparkasse für sich bildet, dient als Sicherheitsreserve für die einzelne Bausparkasse, die dazu beitragen soll, dass sogenannte „zuteilungsreife“ Kredite auch sicher ausbezahlt werden können, selbst wenn weniger neue Sparer gewonnen werden, die das System füttern.
Gleichzeitig rollte eine Kündigungswelle durch das Bauspar-Land, mit der sich die einzelnen Bausparkassen ganz einfach zu teurer Verträge mit zu hohen Bonuszinsen entledigen wollten. Ganz rechtswirksam war das nicht in jedem Fall – vielfach musste man eine solche Kündigung allerdings einfach hinnehmen. Man konnte ja einen neuen Vertrag abschließen – zu wesentlich schlechteren Bedingungen.
Was gleichzeitig passierte, wissen nur die, die sich eingehend mit der Bauspar-Branche und ihren Finanzierungen und finanziellen Gepflogenheiten auskennen: Das Geld nämlich, das (aufgrund einer Gesetzesänderung) aus den FtbA’s abgezogen wurde, landete zu beträchtlichen Teilen im „Fonds für allgemeine Bankrisiken“, den ebenfalls jede Bausparkasse hat. Anders als der FtbA darf die Bausparkasse mit diesem Fonds so ziemlich alles machen, was sie möchte – inklusive Eigenkapitalerhöhung oder schlichtem Aufbessern der eigenen Erträge.
In Zahlen ausgedrückt: Ende 2014 enthielten die FtbA’s aller Unternehmen noch über 2 Mrd. Euro, Ende 2016 waren es immerhin noch 1,3 Mrd. und Ende 2017 dann plötzlich nur noch 637 Millionen. Bei den 13 größten Bausparkassen lag der Wert Ende 2018 dann bei weniger als 460 Millionen Euro – von vormals noch 1,9 Mrd. 2014. Von diesem Betrag entfielen allein auf eine einzelne Bausparkasse bereits 278 Millionen, bei 8 Bausparkassen steht der Wert des FtbA aber bereits auf genau 0.
Sieht man sich daneben die Entwicklung der Fonds für allgemeine Bankenrisiken im gleichen Zeitraum an, hat sich deren Volumen massiv erhöht. Die Einlagen in diesem Fonds kletterten im gleichen Zeitraum von 2014 bis 2018 von zunächst 1,9 Mrd. Euro auf über 3,1 Mrd. Euro.
Es ist unschwer zu erkennen: Die Bausparkassen kämpfen seit Jahren und haben nunmehr ihre ganzen Notfallfonds gründlich geleert um das vorhandene Geld dem Eigenkapital zuzuführen. Gleichzeitig kann oder will man sich teure Sparverträge mit hohen Bonuszinsen vielfach nicht mehr leisten. Für Sparer ist das natürlich alles andere als erfreulich – und sollte einen durchaus ein wenig zum Nachdenken bringen.
Massiver Druck, um teure Verträge loszuwerden
Die Verbraucherzentralen berichten schon seit Jahren von einer unglaublichen Vielzahl von Fällen, wo Bausparkassen versuchen, mit mehr oder weniger massivem Druck Kunden zur Kündigung des Vertrags zu bewegen – oder selbst Kündigungen aussprechen.
Grundsätzlich darf eine Bausparkasse einen Vertrag immer dann kündigen, wenn er mehr als 10 Jahre lang zuteilungsreif wäre. Daran halten sich allerdings nicht immer alle Bausparkassen, in vielen Fällen wird auch versucht, mit Druck, Drohungen oder mit dem Verweis auf angebliche Nachteile die Kunden zur Kündigung und zum Wechsel auf ein angeblich deutlich vorteilhafteres neues Produkt zu bewegen. Auch Kündigungen wegen (manchmal nur angeblichen) Verzugs, wegen Verjährung oder unter Hinweis auf bestimmte Fristen werden beobachtet. Bei Weitem nicht alle ausgesprochenen Kündigungen sind zulässig – die Verbraucherzentralen haben mit der Abwehr von unberechtigten Kündigungen alle Hände voll zu tun. Während Zuteilungsreife und Vollbesparung oder Überbesparung meist tatsächlich gültige Kündigungsgründe darstellen, ist das bei Kündigungen nach § 313 BGB oder nach § 314 BGB („Störung der Geschäftsgrundlage“ bzw. „wichtiger Kündigungsgrund“) häufig nicht der Fall.
Eine Kündigung wegen Verzugs bei den Regelsparraten ist nur dann wirksam, wenn das in den Vertragsbedingungen auch so steht und die im Vertrag vereinbarte Ratenzahl, mit der man im Verzug sein muss, erreicht ist oder die laut Vertrag notwendige vorherige Ankündigung erfolgt ist. Hier muss immer im Einzelfall genau geprüft werden.
Die dahinter stehende Absicht ist natürlich klar: Ein „teurer“ Vertrag, bei dem es vielfach bis zu 2 % Bonuszinsen zusätzlich zu den üblichen Sparzinsen gab, ist für jede Bausparkasse in der heutigen Zeit natürlich ein echtes Problem. Solche teuren Probleme möchte man lieber vermeiden – auch die kurzfristig immer wieder stark steigenden Verkaufszahlen bei neuen Bausparverträgen reichen nicht aus, um zu einer wirklich positiven Bilanz zu kommen, wenn daneben seit vielen Jahren Niedrigzinsen auf dem Markt herrschen.
Einige Bausparkassen haben mittlerweile natürlich gegengesteuert – und emittieren etwa zusätzlich Pfandbriefe als festverzinsliche Anlageform, um sich besser refinanzieren zu können. Nichtsdestotrotz wiegen die Niedrigzinsen und die allgemeine wirtschaftliche Lage natürlich für alle Unternehmen schwer.
Ist Bausparen überhaupt noch empfehlenswert?
Immerhin gibt es staatliche Zuschüsse. Die meisten Verbraucherzentralen meinen klar „Nein“. Insbesondere dann nicht, wenn man keine Arbeitnehmerzulage und keine Wohnungsbauprämie erhält. Eine auch nur einigermaßen sinnvolle Rendite ist mit einem Bausparvertrag dann nicht zu erzielen, dabei bindet man sein Kapital aber über sehr lange Zeit und kann darüber überhaupt nicht verfügen. Für eine Anlage stellt das zwei sehr wichtige Negativkriterien dar.
Viele, vor allem viele Neukunden, schließen Bausparverträge speziell deshalb ab, um sich später für ein geplantes Bauvorhaben günstige Darlehenszinsen zu sichern. Auch für den Fall, dass die Zinsen irgendwann einmal wieder anziehen. Das kann allerdings problematisch sein – und ist bei Weitem nicht in jedem Fall für den einzelnen Sparer bedarfsgerecht. Bevor man aus diesem Grund einen Bausparvertrag neu abschließt, sollte man unbedingt vom Fachmann durchrechnen lassen, ob sich das überhaupt lohnt. Von Verträgen, die erst in Jahrzehnten überhaupt zuteilungsreif werden, hat man nichts.
Bausparkassen dürfen überdies auch nur dann ein Darlehen gewähren, wenn überhaupt genug Geld vorhanden ist. Das hängt nicht allein nur von der Sparfreudigkeit des einzelnen Sparers ab, sondern auch von der Bausparkasse selbst und ihrer Finanzlage. Angesichts eines Kontostands im FtbA von genau Null darf man das bei vielen Bausparkassen natürlich bezweifeln. Bausparer erkennen das daran, dass die erforderliche Bewertungszahl des Bausparvertrags immer wieder ansteigt.
In Bezug auf die möglichen staatlichen Prämien sei gesagt: So viel, wie es klingt, ist es am Ende gar nicht. Um die staatliche Prämie zu bekommen, muss man mindestens 50 EUR jährlich einzahlen – erhält dann aber maximal 45,06 EUR Prämie pro Jahr. Diese Prämie muss man dann auch noch zurückzahlen, wenn man über 25 Jahre alt ist und das Geld später nicht in eine Immobilie investiert. Zudem wird die Prämie nur bis zu einem maximalen Jahreseinkommen von 25.600 EUR bei Alleinstehenden ausgezahlt, Paare dürfen zusammengerechnet nicht mehr als 51.200 EUR verdienen.
Ein mögliches Argument liegt darin, dass der Arbeitgeber vielleicht noch eine Prämie für das Bausparen leistet (was allerdings nicht mehr viele tun). Theoretisch könnte der Arbeitgeber bis zu 40 EUR monatlich in den Bausparvertrag seines Arbeitnehmers einzahlen, der Staat legt dann noch eine Prämie von zusätzlich bis zu 43 EUR pro Jahr darauf (9 % der Zahlungen des Arbeitgebers, auf maximal 470 EUR pro Jahr Arbeitgeber-Zahlungen). Auch hier darf man allerdings nicht zu viel verdienen – bei einem Jahreseinkommen von über 17.900 EUR von Alleinstehenden oder 35.800 EUR von Paaren fällt die Prämie bereits flach.
Die einzige staatliche Zulage, die einigermaßen sinnvoll erscheint, ist die Riester-Zulage. Hier kann man immerhin schon als Einzelperson 154 EUR pro Jahr bekommen, pro Kind gibt es zusätzlich jährlich 300 EUR. Dafür muss man aber mindestens 4 % seines Einkommens (gerechnet vom jeweiligen Einkommen des Vorjahrs) einzahlen – und das Geld danach in eine Immobilie investieren, ansonsten muss zurückgezahlt werden. Auch zu dieser Form von „Wohn-Riester“ gibt es im Zweifelsfall aber bessere Alternativen.
Fazit
Die wirtschaftliche Situation vieler Bausparkassen ist immer noch problematisch, viele Verträge passen überdies nicht zu dem, was Sparer damit eigentlich erreichen wollen. Wann ein Kredit zuteilungsreif ist, bleibt oft genug ungewiss und ohne die Gesamtzahl an Zulagen (Staat, Arbeitgeber und Wohn-Riester) ist die zu erwartende Rendite meist nicht der Rede wert, insbesondere nicht, wenn das eigene Kapital über so lange Laufzeiten gebunden werden muss. Im Zweifelsfall sollte man sich also auch bezüglich möglicher anderer Alternativen von einem unvoreingenommenen Fachmann (nicht vom Vertreter der Bausparkasse selbst) beraten lassen – oder ohnehin gleich Alternativen in Erwägung ziehen.
Wie geht es eigentlich... den deutschen Bausparkassen?,Anzeige
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