Das Binominal Modell wird heute häufig zur Berechnung des Werts von Optionen und zur Festsetzung eines fairen Preises für eine Option zum jeweiligen Stichtag des Handels verwendet. Den Wert (Preis) einer Option mithilfe des Binominal Modells auszurechnen, ist nicht so schwierig.
Einige einfache Beispiele sollen hier verdeutlichen, wie es grundlegend geht.
Wir wollen zunächst einmal annehmen, dass unsere fiktive Aktie (also unseren Underlying) einen heutigen Wert von 1 EUR hat. Mit der Wahrscheinlichkeit „p“ steigt der Aktienkurs im Laufe des betrachteten Zeitraums (t = 1 Monat) auf den Wert 2 EUR. Natürlich kann der Kurs der Aktie auch fallen – wir nehmen an, auf einen Wert 0,75 EUR. Da wir nur diese beiden Möglichkeiten beim Binominal Modell betrachten, nämlich dass der Kurs entweder steigt oder fällt, aber auf jeden Fall eines von beiden, muss die Wahrscheinlichkeit für das Fallen des Kurses dann 1-p betragen. (Die Summe der Wahrscheinlichkeiten muss insgesamt immer 1 ergeben, wenn wir keine anderen Möglichkeiten zulassen).
Wir stehen als vor folgendem Szenario:
t=0………………………………………… t=1
………………………………………….p
…………………………………….-> -> -> 2 EUR
S (Startwert) = 1 EUR
…………………………………….- -> -> -> 0,75 EUR
………………………………………….1-p
Wenn wir nun, angenommen, eine europäische (wichtig!) Call-Option auf diese Aktie gekauft hätten, könnte uns dieses Szenario zwei Möglichkeiten eröffnen. Dafür wollen wir annehmen, dass unsere Option einen Ausübungspreis von ebenfalls 1 EUR hat.
Im ersteren Fall unseres Szenarios, beim Kursanstieg, hätten wir mit unserer Option einen guten Gewinn gemacht: Da es sich um eine Call-Option handelt, können wir zum Zeitpunkt t=1 die Aktie nun mit 1 EUR kaufen, und zum aktuellen Kurs von 2 EUR veräußern, wir hätten also einen Gewinn von 1 EUR gemacht.
Würde der Kurs der Aktie hingegen fallen, könnten wir keinen Gewinn machen und würden die Option daher verfallen lassen. Unser Verlust würde 1 EUR betragen.
Die Wahrscheinlichkeit, dass wir Gewinn machen würden, wäre nun eben, wie angegeben p – und die Wahrscheinlichkeit, dass wir Verlust machen, weil der Kurs fällt, wäre damit 1-p. Nun kann man den Wert p aber nicht einfach schätzen (das wäre sehr unmathematisch). Den Wert der Option kann man also nicht durch Schätzen der Wahrscheinlichkeiten ermitteln, sondern man muss ein mathematischen Verfahren finden.
Das geht grundlegend so:
Man könnte die Endauszahlung der Option nun mittels dreier Dinge analog nachbilden:
- der Aktie (die gleiche wie in unserem Beispiel)
- Festgeld-Anlage
- Kredit
Man könnte – einmal angenommen – einen Kredit von 60 EUR aufnehmen, 80 Aktien kaufen und mit diesem Portfolio hätte man nach dem Ende der Laufzeit exakt das gleiche Ergebnis, wie für 100 Optionen: nämlich entweder einen Gewinn von 100 Euro (1 EUR pro Option) – oder ein ausgeglichenes Konto (einen Wert von 0) wenn die Aktie fällt.
Auf diese Werte kommt man auf einem mathematischen Weg, nämlich mithilfe zweier Gleichungen.
Wir wollen der Einfachheit halber nun zwei Variablen einführen, nämlich einen Betrag von a EUR, den man in Festgeld investieren muss und einen Wert b für die Menge an Aktien, die man kauft.
Die erste Gleichung (wenn die Aktie steigt) würde dann lauten:
a + b*2 = 1
Wenn die Aktie fällt, wäre der Wert der ganzen Geschichte allerdings 0, also:
a + b*0,75 = 0
Löst man diese Gleichungen nun, erhält man für a den Wert a= -0,6 und für b den Wert b =0,8
Damit können wir den Mindestpreis der Option aus der Nachbildung berechnen, ohne Wahrscheinlichkeiten für Gewinn und Verlust unmathematisch schätzen zu müssen.
Er beträgt nämlich genau: a+b*1EUR = -0,6 +0,8*1EUR = 0,2. Damit haben wir unseren Optionswert ermittelt.
Wir beziehen die Kosten bei der Anwendung des Binominal Modells also nicht aus den Erfolgswahrscheinlichkeiten (die ja nur geschätzt, aber nicht berechnet werden können) sondern aus den Kosten, die für eine Nachbildung aufgewendet werden müssten.
Wichtig zum Verständnis:
In unserem Rechenbeispiel haben wir die Zinsen für Festgeld und für den Kredit einmal (der Einfachheit halber) auf Null gesetzt, um die Rechnung nicht übermäßig zu komplizieren. Außerdem haben wir einen europäischen Call für das Beispiel herangezogen, weil dort der Zeitpunkt der Ausübung festgelegt ist. Bei einem amerikanischen Call wäre der Ausübungspreis ja abhängig vom Zeitpunkt der Ausübung und dem jeweiligen Kurs zu diesem Zeitpunkt (europäische Optionen kann man nur zu einem festgelegten Zeitpunkt ausüben, amerikanische hingegen während der gesamten Laufzeit zu einem beliebigen Zeitpunkt – das würde die Berechnung stark verkomplizieren).
Weiterführende Links
- Online- und Diskontbroker vergleichen
- Zinsrechner für Festgeld und Tagesgeld
- Kreditzinsen vergleichen
- Was ist das Aktienkursrisiko?
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