Der FTSE 100 ist in allen Punkten “very british”. Er ist der britische Aktienindex schlechthin, in jeder nur erdenklichen Hinsicht. Enthalten sind die 100 größten und umsatzstärksten britischen Unternehmen. Welche Aussagekraft er damit hat, wie und von wem die Unternehmen ausgewählt werden und welche Unternehmen aktuell (Stand 2016) im FTSE 100 mit welcher Gewichtung vertreten sind, haben wir in diesem Beitrag einmal übersichtlich für Sie zusammengefasst. Dazu sehen wir uns auch die Performance des FTSE 100 im Vergleich zu anderen wichtigen Aktienindizes einmal an.
Berechnung des FTSE 100
Der FTSE 100 wird – auch das ist eine typisch britische Besonderheit – von der Londoner Börse gemeinsam mit der berühmten Zeitung Financial Times errechnet. Das gilt auch für die Schwester-Indices, den FTSE 250 und den FTSE 350, der dann eine Kombination der Unternehmen aus FTSE 100 und FTSE 250 enthält. Beide gelten allerdings als nicht so aussagekräftig wie der FTSE 100, den die Briten liebevoll “Footsie” nennen.
Auswahl der Unternehmen für den FTSE 100
Die Auswahl für den Index erfolgt aufgrund der Marktkapitalisierung. Alle Unternehmen werden in einer Liste zusammengefasst und nach der Marktkapitalisierung absteigend geordnet. Der Aktienkurs wird dabei rechnerisch um den Einfluss von Sonderzahlungen und Sondereinnahmen bereinigt.
An vier im Jahr verteilten Stichtagen (März, Juni, September, Dezember) wird die Zusammensetzung überprüft. Unternehmen, die am Stichtag unter Platz 111 rutschen, werden entfernt, bisher nicht im Index vertretene Unternehmen, die am Stichtag auf einem besseren Platz als Platz 90 liegen, werden aufgenommen. Langfristig führt dieses komplizierte Vorgehen aber dazu, dass die Zusammensetzung des Index meist relativ konstant bleibt.
Aussagekraft des FTSE 100
Wie viele europäische Indices reagiert auch der Footsie deutlich stärker auf geldpolitische Veränderungen als auf die tatsächliche Wirtschaftslage für die Unternehmen. Was man auch immer im Kopf behalten sollte, ist, dass die größten FTSE 100 Konzerne hauptsächlich international tätige Konzerne sind und dementsprechend die Kursentwicklungen auch immer einen gewissen internationalen Bezug haben.
Die Unternehmen im FTSE 100
Wenn man sich die Struktur des FTSE 100 etwas genauer ansieht, kann man ein gutes Bild von der britischen Wirtschaft bekommen.
Die fünf stärksten Unternehmen im FTSE 100
Unternehmen sind im FTSE 100 nach ihrer Marktkapitalisierung absteigend geordnet. An der Spitze (das bedeutet auch am höchsten gewichtet) stehen dabei:
- SHELL (der Ölkonzern)
- HSBC (die “Honkong and Shanghai Banking Corp.Holding, eine internationale Großbank und gleichzeitig die größte Bank Europas)
- BP (noch ein Ölkonzern)
- GlaxoSmithKline (ein Pharmakonzern, das sechstgrößte Pharmaunternehmen der Welt, der aber auch Hygieneartikel herstellt – etwa Dr. Best, Corega, Odol, Paradontax, …)
- die British American Tobacco (das zweitgrößte – private – Tabakunternehmen weltweit, das in 50 Ländern Marktführer ist)
Betrachtet man die Gewichtung dieser Konzerne, stellt man fest, dass Shell mit 7,54 % beinahe doppelt so stark gewichtet ist, wie etwa British American Tobacco (3,78 %). Die HSBC liegt mit ihrer Gewichtung ungefähr in der Mitte zwischen beiden (6,36 %). Insgesamt machen die ersten fünf Plätze bereits 26,68 %, also mehr als ein Viertel des Gesamtgewichts aus. Die ersten zehn Plätze bringen es insgesamt 41,13 % des Gesamtgewichts. Auf den Plätzen 6 – 10 finden sich dabei die Unternehmen
- Vodafone Group
- AstraZeneca (ein schwedisch-britischer Pharma-Riese
- Diageo (der nicht so bekannte aber weltweit größte Spirituosenhersteller)
- die Prudential Versicherung (arbeitet weltweit, auch in Asien und auch im Investmentbereich und Bankbereich tätig)
- die Lloyds Banking Group (aus einer Fusion 2008 stammende Großbank)
Hier sind eindeutig die Schwergewichte des FTSE 100 angesiedelt. Dagegen sind die Unternehmen, die ab Platz 28 liegen, schon mit deutlich unter 1 % gewichtet. Das sagt viel über die Struktur aus, umso mehr, als dass die auf den ersten zehn Plätzen befindlichen Unternehmen allesamt überwiegend international agieren.
Unternehmen im FTSE 100 nach Branchen
Sieht man sich die Verteilung der Branchen an, zeigt sich beim britischen Index FTSE 100 ein noch ausgeglicheneres Bild als beim EUROSTOXX 50, der die wichtigsten Unternehmen im Euroraum beinhaltet. Im britischen FTSE 100 sind praktisch alle Branchen vertreten, in relativ gleichmäßiger Zahl von Unternehmen, wie die nachfolgende Tabelle zeigt.
BRANCHE Anzahl von Unternehmen im FTSE 100
Banken 4
Versicherungen 6
Finanzdienstleister 7
Pharmakonzerne und Medizintechnik 5
Investmentgesellschaften und Immobilien 5
Luft- und Raumfahrt 6
Bergbau 7
Bauwesen und Baustoffe 5
Ölkonzerne 3
Energieversorger 5
Industrie und Technologie 8
Einzelhandel, Drogerie 10
Nahrungsmittel 3
Dienstleistungen 6
Getränke und Tabak 6
Medien 4
Touristik und Freizeit 2
Telekommunikation 2
Was besonders auffällt, ist, dass auch sehr viele große Handelsketten im FTSE 100 vertreten sind, insgesamt 10, also 10 % aller Unternehmen im Index. Das ist bei keinem anderen Index so. Beim FTSE 100 sind auch zahlreiche international bekannte Namen wie Marks&Spencer oder Tesco enhalten. Insgesamt sieht die Branchenverteilung beim FTSE 100 deutlich anders aus als bei vielen vergleichbaren Länderindices.
Unterschiede in der britischen Wirtschaft zu anderen Wirtschaften
Der Anteil des Konsums an der Wirtschaftsleistung ist in UK sehr hoch, das erinnert ein wenig an die USA, wo es sich durchaus ähnlich verhält. Deutschland hat, wenn man die Wirtschaftsleistung betrachtet, dagegen einen wesentlich höheren Industrieanteil als Großbritannien.
Investieren in den FTSE 100
Nicht jeder Kleinanleger wird den ausgesprochenen Wunsch verspüren, gerade in die britische Wirtschaft zu investieren. Für diejenigen, die das tun möchten, gibt es eine gute Möglichkeit, auch in sehr breiter Weise an der Entwicklung der Wirtschaft im Vereinigten Königreich zu profitieren: ETFs.
Sogenannte Index-Fonds oder ETFs erfreuen sich in den letzten Jahren immer größerer Beliebtheit unter den Anlegern, auch unter vielen Kleinanlegern. Ein Index-Fonds bildet einen Index nach, indem er die gleichen Papiere in der gleichen Gewichtung aufnimmt. Damit entspricht dann die Performance des Index-Fonds beinahe exakt auch der Performance des Index selbst. Untersuchungen haben dabei gezeigt, dass die Performance eines Index langfristig auch gut gemanagte Fonds kaum erreichen können. Allerdings hängt das immer auch von der genauen Ausgestaltung des Fonds ab.
Für den FTSE 100 stehen derzeit insgesamt 8 ETFs auf dem Markt zur Verfügung, vorwiegend in GBP (dadurch sind auch noch zusätzlich Währungsgewinne möglich). Wenige ETF auf den FTSE 100 gibt es auch in EUR. Sie haben dabei die Auswahl zwischen ausschüttenden oder thesaurierenden Fonds, bei manchen ETFs ist auch ein Investieren über einen Sparplan möglich.
Achten Sie aber vor allem darauf, dass die Kosten von Broker zu Broker unterschiedlich sein können, und benutzen Sie zuvor unbedingt unseren umfassenden Broker-Vergleich, um für Ihr geplantes Portfolio die geringst möglichen Gebühren zu bezahlen.
Weiterführende Links
- Vergleichsrechner für Depotanbieter
- Wie groß ist das Risiko von ETFs?
- Wie kann man Fonds kaufen?
- Kann man alle Aktien aus Europa gleichzeitig kaufen?
- Was ist der X-DAX?