Kaum fangen Index-Fonds (ETFs) an, sich allgemeiner Beliebtheit zu erfreuen, stehen auch schon die Verbesserungen der klassischen Index-Fonds-Stragie Schlange und werben um Kunden. Was ein Smart ETF (oft auch als Smart Beta bezeichnet) genau ist, wo die Unterschiede zu gewöhnlichen Index-Fonds liegen und welche Vor- und Nachteile das im Einzelnen bringen kann, haben wir im nachfolgenden Beitrag einmal näher beleuchtet.
„Clevere“ Indexfonds auf dem Vormarsch
Es scheint fast so, als böten klassische Index-Fonds mit ihrer sehr ausgeprägten „Passivität“ ein bisschen zu wenig „Kick“ für viele Anleger. Einfach investieren scheint irgendwie wohl zu einfach. Es ist der ewige Drang des Menschen zum „pimpen“ seiner Umwelt – was beim Auto beginnt, muss auch beim Index-Fonds gehen: ein bisschen besser, ein bisschen leistungsfähiger, ein bisschen mehr Sicherheit. Manche sehen Smart Betas (wie die Smart ETFs oft auch genannte werden) dagegen lediglich als bloßen Fortschritt. Andere beäugen sie eher etwas kritisch. Wir wollen zu Ihrem Vorteil alle drei Stimmen hier in unserem Artikel einmal zu Wort kommen lassen.
Immerhin haben Smart Betas in den letzten Jahren stark zugelegt, in den USA stecken bereits 20 % des verwalteten Vermögens in Smart Betas, während hierzulande der Trend wohl erst in der nächsten Zukunft zu erwarten ist. Grund genug, sich also einmal mit den „gepimpten“ Index-Fonds etwas eingehender von allen Seiten her auseinanderzusetzen.
Grundlage: Die Bedeutung einer Indexkonstruktion
Je nachdem, wie ein Index konstruiert ist, performt er unterschiedlich. Dabei spielen die Art des Index, die Auswahl der enthaltenen Papiere und die Gewichtung eine nicht geringe Rolle. Eigentlich verständlich, denn ein Index ist ja nicht auf Rendite getrimmt, sondern soll vor allem einen Teil des Marktes (oder den globalen Markt, in einzelnen Fällen) möglichst genau abbilden. Dass einzelne Indices eben schlechtere Werte aufweisen als andere, ist also durchaus gewollt – weil es eben der Realität des Marktes entspricht, Indices sind eben nun einmal Kennzahlen.
Für die Besitzer eines Index-Fonds ist das dann allerdings weniger erfreulich, denn als Anleger wünscht man sich nun mal eben die bestmögliche Performance. Ein wenig kann man das durch die Auswahl des entsprechenden Index, auf den man den Fonds hat, natürlich ausgleichen. Sieht man sich beispielsweise den MSCI World an, kann man auf unterschiedliche Varianten zurückgreifen: den MSCI World Value Index (nur niedrig bewertete Aktien aus dem MSCI World), den MSCI Value Weighted Index (alle Aktien aus dem MSCI World, allerdings nach Bewertungen gewichtet) und dem MSCI Enhanced Value Index (niedrig bewertete Aktien aus dem MSCI World, gewichtet nach ihrer Bewertung). Die letztere Variante, die in gewisser Weise eine Kombination aus den anderen beiden darstellt, zeigt eine konstant bessere Performance, als die anderen beiden und das auch langfristig. Sie gleicht ganz einfach die „Konstruktionsnachteile“ der anderen beiden in gewissem Maße aus – wobei man hier von Konstruktionsnachteilen, wie schon erwähnt nur im Hinblick auf die Performance sprechen darf, das als reine Kennzahlen alle drei Indices in ihrer Form eine absolute Berechtigung haben. Für die Inhaber eines ETFs wird aber höchstwahrscheinlich ein ETF auf den MSCI Enhanced Value Index die gewünschte Wahl sein.
Gewichtung ist nicht gleich Gewichtung
Herkömmliche Indices sind – wie wir schon in unserem grundlegenden Beitrag zu Aktienindices ausgeführt haben – vor allem auf Basis der Marktkapitalisierung der einzelnen enthaltenen Unternehmen gewichtet. Für eine Kennzahl macht das sehr viel Sinn – für die Performance (und in gewissem Grad auch für die Volatilität) ist das nicht immer optimal.
Benutzt man nun alternative Gewichtungsmethoden für die einzelnen Titel eines Index (wie man auch aus dem vorhin erwähnten Beispiel erkennen kann), kann man die „Konstruktionsnachteile“ im Hinblick auf die Performance etwas ausgleichen, das Performance-Ergebnis des Fonds wird so besser.
Die einfachste Möglichkeit, die Performance schon einmal ein wenig zu steigern, ist die Aktien im Fonds nicht nach der Marktkapitalisierung zu gewichten, wie der Index das tut, sondern völlig gleich zu gewichten. Damit haben niedrig bewertete Aktien mehr Anteil als beim Index. Diese Aktien haben in der Regel ein höheres Wachstumspotenzial als hoch bewertete Aktien und das kommt bei der Performance des ganzen Fonds natürlich zum Tragen. Sie wird insgesamt in vielen Fällen etwas höher liegen, als beim Index.
Mithilfe der Gewichtung kann man auch andere Faktoren bewusst beeinflussen, etwa die Volatilität. Indem man einfach weniger volatile Titel stärker gewichtet. Die insgesamte Volatilität wird dadurch sinken. Auch an der Dividendenrendite, an der Unterbewertung von Value-Titeln und einigen anderen Faktoren kann man etwas „drehen“. Über die Gewichtung lässt sich die Performance eines Index-Fonds also in gewissem Rahmen gut beeinflussen.
Man muss sich aber darüber im Klaren sein, dass jede Maßnahme natürlich auch weitere Veränderungen in der Performance und in einigen anderen Werten nach sich ziehen kann. Und nicht jede angepriesene oder angestrebte Optimierung ist am Ende tatsächlich eine. So kann eine Überbewertung von Titeln mit hohen Dividenden-Renditen auch „zurückschlagen“, weil eine Bewertung rein über die Dividendenrendite nicht immer etwas über die langfristige Qualität einer Aktie aussagt. Wichtig ist also immer, etwas genauer hinzusehen, und nicht einfach den super-optimierten ETF immer gleich zu kaufen. Ein bisschen kritisch zu sein, schadet nichts. Denn überoptimierten ETFs kann es am Ende gehen wie dem überoptimierten Golf – er ist so viel tiefergelegt, dass er es über kein Schlagloch mehr schafft, ohne jedes Mal ernsthaft Schaden zu nehmen. Bildlich gesprochen.
Gleich ganz Indices
Ja, Sie haben richtig gelesen. Einige Anbieter, denen die herkömmlichen Indices einfach nicht Performance genug bringen, erfinden kurzerhand eigene Indices und werfen dort hinein, was ihnen gerade passend erscheint. Die Art der Auswahl kann dabei nach durchaus fantasievollen Kriterien erfolgen. Andere gehen nicht ganz so weit und begnügen sich damit, aus dem Index-Portfolio einfach ein paar Fonds hinauszuwerfen. Es ist ein bisschen wie wenn man beschließt, es gar nicht erst mit Bodybuilding zu versuchen, sondern sich gleich ein paar neue Arme und einen etwas besseren Bauch besorgt, im Notfall auch zusammengewürfelt.
Man kann darüber denken, was man möchte – aber grundsätzlich widerspricht diese veränderte Auswahl natürlich schon stark dem Grundgedanken von ETFs, nämlich die Performance eines Index möglichst genau zu imitieren. Darin liegt ja mithin der Hauptzweck eines Index-Fonds und auch seine Vorteile – man weiß als Anleger immer, was man am Ende bekommt (und was eben nicht), dafür hat man systembedingt etwas Sicherheit (weil Indices halt eben nur selten lange dauernde, kapitale Abstürze hinlegen und sich dann nicht mehr erholen).
Gegen ein bisschen „Pimpen“ ist ja nichts einzuwenden (wiewohl das auch ungewollte Effekte bringen kann), auch gegen Maßnahmen, um Kursrisiken zu begrenzen oder möglicherweise sogar ein wenig Hedging ist im Grunde nichts einzuwenden. Aber gleich einen komplett neuen, nach eigenem Geschmack zusammengewürfelten Index zu kreieren, der allein auf Performance getrimmt ist, ist schon ein bisschen viel. Wir erinnern uns: Einem Index gelingt es langfristig ja immer, weitaus die meisten klassischen, aktiv gemanagten Investment-Fonds (die ja auch nach eigenem Gutdünken ‚zusammengewürfelt‘ sind) zu schlagen und das hat seine Gründe. Oder anders ausgedrückt: Die Hochleistungs-Milchkühe sind nicht unbedingt die Gesundheitsweltmeister im Stall.
Gegen die Idee des Umgewichtens allein finden wir oder gegen das Gewichten der Papiere nach anderen Kriterien kann man aber im Grunde nicht viel einwenden. Der Grad der Marktkapitalisierung ist tatsächlich für einen Fonds ein nicht ganz so optimales Kriterium, das kann man so durchaus stehen lassen. (Die Marktkapitalisierung macht nur für den Index in seiner Kennzahl-Funktion sehr viel Sinn – aus diesem Grund werden Indices ja auf diese Art und Weise aufgebaut, weil es eben ihre insgesamte Aussagekraft erhöht). Manche umgewichtete Fonds (oder die vielen gleichgewichteten) sind tatsächlich etwas „smarter“ als herkömmliche ETFs – und sie werden wahrscheinlich auch längerfristig ihren Siegeszug im ETF-Feld antreten. Das bleibt aber hierzulande erst einmal abzuwarten.
Weiterführende Links
- Diskont-Broker im Überblick
- Hedgefonds
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- Einzelaktien oder Indexfonds?
- Mit Indexfonds kostengünstig, flexibel und renditestark vorsorgen