Diese Frage mag trivial klingen, allerdings ist sie unserer Meinung nach jedenfalls berechtigt. Da wir auch internationale Aktien nicht scheuen, wollen wir uns den Fall einer Insolvenz anhand einer europäischen und einer amerikanischen Aktiengesellschaft ansehen.
Aussteigen oder warten?
Wenn Sie eine Aktie im Depot haben, die unerwartet Insolvenz angemeldet hat, heißt es: reagieren. Doch sollte Ihre Reaktion weder ein Kauf noch ein Verkauf sein!
Laden Sie sich die neuste Bilanz rein, analysieren Sie die Werthaltigkeit der Asssets und überprüfen Sie die Struktur des Vermögens. Die Aktie wird vermutlich nahe Null bzw. mit dem Liquidationswert notieren – das heißt, recht viel können Sie nicht mehr verlieren – ein voreiliger Verkauf würde daher wenig nützen.
Meist gibt es bei einem Insolvenzfall relativ viel Infomaterial aus den Medien. Präferieren Sie Wirtschaftsmedien vor Boulevard-Blättern.
Eine europäische Pleite
Auch wenn es einen Unterschied zwischen den einzelnen Insolvenzgesetzen der europäischen Ländern gibt, kann man doch generell zwischen Insolvenz (Ausgleich) und Konkurs (Liquidation) unterscheiden, auch wenn der rechtliche Terminus in der Regel anders heißt.
Wird das Unternehmen fortgeführt, so spricht man in Österreich (und vermutlich auch Deutschland) von einem Ausgleich. Die Gläubiger erhalten eine – verhältnismäßig hohe – Quote und die Eigenkapitalgeber, also die Aktionäre, bleiben beim Unternehmen.
Das klingt zu gut um wahr zu sein? Naja, das Eigenkapital ist ja schon aufgebraucht, eigentlich ja sogar negativ, sonst wäre ein Unternehmen ja nicht insolvent. Könnte es „lediglich“ seine Rechnungen nicht bezahlen, würde man das Unternehmen als illiquide einstufen und das Unternehmen könnte sich mit einer Liquiditätsspritze über Wasser halten.
Reicht es nicht für diese gewisse Quote – die in Österreich bei 20 % innerhalb von 2 Jahren liegt – wird ein Konkursverfahren über das Vermögen des Unternehmens eröffnet. Gläubiger melden Forderungen an, der Konkursverwalter setzt eine Quote fest, die meistens im einstelligen Bereich liegt, und das Unternehmen stirbt.
Der Vorteil eines Ausgleichs liegt klar auf der Hand. Die Aktionäre haben noch die Chance auf zukünftige Gewinne. Je nachdem mit welcher Wahrscheinlichkeit dies erwartet wird, notiert der Aktienkurs näher oder weniger nahe bei null.
Eine amerikanische Pleite
Vor 2007 konnte man amerikanische Pleiten eher relativ leicht vorhersehen. Berühmt ist das Insolvenzrecht durch seinen Namen – „Chapter 11“ – geworden. Das US-Bundesrecht ist einfach in „Kapitel“ eingeteilt, und das Insolvenzrecht steht eben an 11. Stelle im „United States Code“. Das Strafrecht würde dann mit „Chapter 18“ bezeichnet, was aber niemand tut.
Wichtig in diesem Chapter 11 sind dann zwei weitere Abschnitte bzw. eigentlich ja Sub-Abschnitte:
- Chapter 7: Liquidation
- Chapter 11: Reorganisation
Nun, die Liquidation unterscheidet sich wenig von der „europäischen“ Liquidation. Alle Vermögenswerte werden – einzeln oder in größeren Paketen – verkauft, die Gläubiger befriedigt und wenn dann noch was übrig bleiben sollte, was eher unwahrscheinlich ist, wird der Rest auf die Eigenkapitalgeber zurückbezahlt. Erst die Vorzugsaktionäre, dann die Stammaktionäre.
Interessant ist nun Chapter 11. Man könnte es auch als Debt-Equity-Swap bezeichnen. Die alten Eigenkapitalgeber verschwinden in der Regel und die alten Fremdkapitalgeber werden zu Eigenkapitalgebern. Für den Vorstand, und der entscheidet ja in der Regel, welches Chapter „gewählt“ werden soll, hat dies natürlich den Vorteil, dass er auch nachher noch im „Amt“ bleiben kann bzw. könnte – er muss aber trotzdem von den neuen Aktionären bestätigt werden.
Als Aktionär eines unter Chapter 11 gestellten Unternehmens sieht es aber schlecht aus – hier ist auch der Aktienkurs schnell bei null.
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