In diesem Artikel beschäftigen wir uns mit zwei Begriffen bzw. Zuständen, die seit der Finanzkrise ab 2007 immer wieder gerne in Medien aller Art verwendet werden.
Im Volksmund werden diese Wörter gerne synonym verwendet, obwohl es – genau genommen – einen kleinen, aber feinen Unterschied gibt.
Was ist Liquidität?
Liquidität könnte man als die Fähigkeit bezeichnen, dass ein Unternehmen (oder eine Privatperson) seine zukünftigen Verbindlichkeiten rechtzeitig und vollständig begleichen kann.
Für ein Unternehmen muss Liquidität permanent gewährleistet sein, da dies als Grundvoraussetzung für ein Über- und Weiterleben des Unternehmens gilt. Ist ein Unternehmen illiquide, so ergeben sich daraus meist unangenehme Rechtsfolgen, wie z.B.: die Einleitung eines Sanierungsverfahren.
Die liquiden Mittel eines Unternehmens stellen meist Bankkontostände (incl. Kredite) und Bargeld dar.
Was bedeutet Solvenz bzw. Insolvenz?
Solvenz ist prinzipiell einmal die Abwesenheit von Insolvenz. Obwohl keine akademisch-definierte Grenze zur Liquidität besteht, könnte man das Wort Insolvenz auch mit Überschuldung gleichsetzen. Ein Unternehmen ist überschuldet, wenn seine Schulden höher sind als seine Vermögensgegenstande, was zu einem negativen Eigenkapital führt. Dies ist ebenfalls mit unangenehmen Rechtsfolgen verknüpft.
Vermögen & Kapital
Die Bilanz eines Unternehmens besteht aus zwei Seiten: Vermögen und Kapital. Nach der „Herkunft“ des Kapitals kann zwischen Eigen- und Fremdkapital unterschieden werden. Fremdkapital ist ein anderes Wort für Verbindlichkeiten oder Schulden.
Vermögen sind alle „Sachen“ (sowohl materiell, als auch immateriell), die ein Unternehmen besitzt. Zahlungsmittel (Geld, Cash) ist also auch Vermögen.
Ein Unternehmen kann illiquide sein, aber trotzdem solvent. Wie ist das möglich? Denken Sie einfach an ein florierendes Unternehmen, das kräftige Gewinne schreibt. Das Unternehmen verkauft massenhaft Produkte und stellt viele Rechnungen aus. Leider zahlen die Kunden aufgrund des langen Zahlungsziels erst viel zu spät. Da das Unternehmen seine eigenen Kosten für die Produkte schon früher zahlen muss, geht dem Unternehmen das Geld aus. Obwohl das Unternehmen zweifellos nicht überschuldet ist – das Vermögen ist größer als das Kapital – kann es trotzdem so nicht überleben. Es benötigt neues Kapital (in Form von Zahlungsmitteln) – dies kann entweder durch neues Fremdkapital (neuer Bankkredit, neues Darlehen) erfolgen, oder durch neues Eigenkapital (Kapitalerhöhung, neue Gesellschafter).
Ein Unternehmen kann insolvent sein, aber (kurzfristig) noch liquide. Wie ist das möglich? Bleiben wir bei dem Beispiel und setzten voraus, dass das Unternehmen einen neuen Kredit von z.B.: einer Bank bekommen hat. Durch die zusätzliche Aufnahme von Fremdkapital verschlechtert sich logischerweise das Verhältnis von Eigen- und Fremdkapital (Eigenkapitalquote).
Kurzfristig können also die anstehenden Verbindlichkeiten (offene Rechnungen, Gehälter) bezahlt werden. Durch einen besonderen Umstand wie z.B.: einen Brand, dessen resultierender Schaden nicht versichert ist, wird jedoch das Vermögen des Unternehmens aufgefressen.
Würden jetzt alle Vermögenswerte verkauft, könnten aufgrund des Wertverlustes der durch den Brand zerstörten Gebäude, Maschinen oder Einrichtungsgegenstände eventuell nicht mehr alle Schulden bedient werden – dieser Zustand kann als Überschuldung bezeichnet werden. Die Schulden des Unternehmens sind größer als sein Vermögen. Eigenkapital bleibt in diesem Falle auch keines mehr übrig – die Investoren verlieren ihre Einlage.
Fazit
Aus dieser Analyse lernen wir 3 Sachen:
- Langfristige Illiquidität führt zu Insolvenz: Gläubiger werden nervös – das Unternehmen muss Vermögenswerte zu jedem Preis verkaufen – die Verluste (Abschreibungen) verringern das Eigenkapital – irgendwann ist das Eigenkapital „aufgebraucht“ und es liegt eine Überschuldung (Insolvenz) vor.
- Insolvenz führt zur Illiquidität: Insolvenz kann eine zeitlange „versteckt“ werden. Irgendwann müssen aber alle Schulden bezahlt werden und dies ist bei einem insolventen Unternehmen einfach nicht zur Gänze möglich, da seine Schulden größer sind, als sein Vermögen.
- Zusätzliche Fremdkapitalaufnahme macht ein insolventes Unternehmen nicht solvent. Nur eine zusätzliche Eigenkapitalaufnahme durch eine Kapitalerhöhung (oder einen ähnlichen Vorgang) kann ein Unternehmen wieder solvent (und liquide) machen.
Warum ist diese Unterscheidung wichtig?
Sie fragen sich jetzt vermutlich, wozu dieses Wissen gut ist – zu Recht! Vor allem im Zuge von Bankenkrisen ist dieses Wissen wichtig.
Insolvente Banken sollte der Staat nicht in Form von Garantien oder zusätzliche Kredite „retten“. Wie wir aus Punkt 3 (oben) wissen, ist dies ja gar nicht möglich, da die Bank dadurch zwar liquide, aber nicht solvent wird.
Insolvente Banken können nur durch Eigenkapitalspritzen gerettet werden. Der deutsche Bankenrettungsfonds (SoFFin) hat sich z.B.: an der Commerzbank in Form von „stillen Einlagen“ (quasi Eigenkapital) beteiligt und sie dadurch (kurzfristig) „gerettet“.
Was aber noch viel wichtiger ist: Insolvente Banken sollte der Staat nicht (bedingungslos) retten! Nur solvente Banken mit Liquiditätsengpässen haben „Anspruch“ darauf, gerettet zu werden. Diese Rettung – die ja im Wesentlichen aus einer falschen Strategie resultiert – muss der Bank aber teuer zu stehen kommen. So hat z.B.: der österreichische Staat z.B.: der Erste Group Bank knappe 2 Mrd. Euro in Form von „Partizipationskapital“ – eine Art Fremdkapital – geliehen. Zinssatz: 8 %! Unter der Annahme, dass der Staat sich dieses Geld um weniger als 8 % besorgen kann, war dies ein gutes Geschäft. Wenn die Erste Bank solvent ist – und das ist sie unserer Meinung nach – so kommen diese 2 Mrd. zurück – mit Zinsen.
Vermutlich hätte die Erste Bank auch 11 % für die Rettung gezahlt, das ist allerdings eine andere Geschichte.