Sollten Privatanleger Neuemissionen sofort zeichnen oder auf Handelssignale warten?

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Sollten Privatanleger Neuemissionen sofort zeichnen oder auf Handelssignale warten?

Leider sind nicht alle Aktien-Neuemissionen so erfolgreich, dass die Aktienkurse immer auf einen stetigen Wachstumspfad einschwenken und die Anlegerinnen und Anleger risikolos Gewinne einfahren könnten. Allerdings gibt es gerade in den ersten Jahren – bevor eine neue Idee oder ein neues Unternehmen wirklich Fuß fasst – enorme Chancen. Diese sollten nicht verpasst werden. Deshalb lohnt es sich, auf die Neuemissionen und deren unterschiedliche Entwicklung, insbesondere auch, ob es frühe Hinweise auf eine mögliche spätere Performance gibt. Die Chancen und Risiken der Wertentwicklung lassen sich exemplarisch an Aktien zeigen, die seit der Emission sehr viel Wert verloren haben und an Neuemissionen, die sich letztendlich als hervorragende Geldanlage für die Aktionäre entwickelt haben. Oder auch an Werten, die unmittelbar nach der Emission eingebrochen sind und erst dann Kurssteigerungen verzeichnen konnten!

Die dahinter stehenden Analyse- und Denkmodelle sind langfristig gültig und können auch zum Hintergrundwissen für Ihr Depot werden. Dennoch kommen wir leider nicht ohne aktuelle Kurse oder Notierungen auch – die Sie aber in den nächsten Wochen durch die Eingabe der Wertpapierkennnummer in das Angebot Ihres Direkt- oder Onlinebrokers auch selbst nachvollziehen können.

Im Angebot von finanzen.net  findet sich eine interessante Übersicht der geplanten Neuemissionen und der Emissionen des Jahres 2015. Von 20 Neuemissionen des Jahres 2015 sind sieben Aktien im Plus, 13 im Minus. Das größte Minus verzeichnete ausgerechnet ein Zulieferer der Elektronikindustrie. Doch können sich Anleger vor dem langsamen Abschmelzen der Kurse – außer durch eine Stop-Loss-Order und Marktbeobachtung auch auf andere Art und Weise schützen. Wir glauben: Ja.
Wenn Sie hinter die Neuemissionen blicken und sich überlegen, welche Zukunftsaussichten und Absichten hinter einer Neuemission stehen.

Hohes Risiko bei wenig verfügbaren Informationen = Mehr Substanz bei hohem Umsatz?

Vor dem Kauf von Aktien sollten Sie die aktuellen Nachrichten und die Finanzmarktkommunikation gründlich analysieren. Beim Börsengang von Rocket Internet (WKN: A12UKK) kam es – wie vom Handelsblatt am 02.10.2014 berichtet, tatsächlich gleich zu einem Kurseinbruch am ersten Tag. Der Ausgabepreis von 42,50 Euro konnte nicht gehalten werden. In der Folge ließ die Begeisterung der Börsianer für diese Neuemission spürbar und schnell nach: Auch weil die Aktie noch keine Dividende zahlen konnte und sie – mangels Größe – für die Wirtschaftsberichterstattung nicht mehr interessant schien. Oder weil die Produkte und Leistungen (anders wie bei Amazon oder Alibaba in China) nicht täglich von Millionen Kunden genutzt werden. Die aktuelle Investorenpräsentation zeigt auf Seite 4 einen sehr langfristigen Horizont: Bei denjenigen Beteiligungen, die Rocket Internet zum Erfolg führen werden, wird von einem Break-Even zwischen 6 und 9 Jahren (E-Commerce) und 5-7 Jahren (weitere Beteiligungen) ausgegangen. Damit werden nachhaltig kurssteigernde Nachrichten wohl einen vergleichsweise langen Zeitraum auf sich warten lassen. Zudem wird das Grundkapital durch weiteres Fremdkapital gehebelt, weshalb die Streuung der Rendite nach oben und unten noch höher sein kann.

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Es gibt also außer einer vielleicht interessanten, langfristigen Investmentstrategie keinen sofort verfügbaren „Treibstoff“, der die Aktie für eine Dividenden-Renditenstrategie oder ähnlich substanzorientierte Anleger interessant machen würde. Damit ist dieses Papier einer sehr hohen Risikokategorie zuzuordnen. Ähnliches könnte übrigens bei den Börsengängen vieler kleiner Internet-Unternehmen passieren, wenn sie die kritische Größe und den Break-Even nicht schnell genug erreichen. Ein Investitionshorizont von beinahe einem ganzen Konjunkturzyklus bis zur Chance auf Dividende könnte vielen Investoren als zu lang erscheinen.

Der Börsengang von Alibaba (WKN: A117ME) im Jahr 2014 ist so etwas wie das Gegenteil von Rocket Internet, obwohl sich beide Unternehmen als innovativ bezeichnen und im E-Commerce tätig sind. Im Online-Angebot des Focus findet sich eine interessante Zusammenfassung der Kurschancen von Alibaba aus damaliger Sicht. Entscheidend dabei ist die enorme Größe des Unternehmens und die Tatsache, dass es ein funktionierendes Geschäftsmodell hat, welches den Alltag der Menschen verändert hat und verändern wird.

Trotz der erheblichen Sorgen um die Konjunktur in Asien und der Tatsache, dass es wohl nicht der beste Zeitpunkt für einen Börsengang war, konnten die Aktionäre ihr Engagement bzw. die investierten Beträge weitgehend sichern. Bei Anwendung der Stop-Loss-Regeln konnten die Anleger wieder nach Herausbilden eines neuen Aufwärtstrends einsteigen bzw. sich das Investment in die Zukunft zu günstigeren Konditionen sichern. Die aktuelle Präsentation im Investor Relations-Bereich weist auf ein funktionierendes Geschäftsmodell und steigende Kunden- und Umsatzzahlen hin. Die Anzahl der aktiven Kunden ist auf 407 Millionen (!) gestiegen, das Ertragswachstum erreichte 32 % im Jahresvergleich. Ein positiver Renditetrend bei diesem Unternehmen basiert auf steigenden Erträgen und einer nicht ebenso hohen Kostensteigerung – womit sich auch eine positive Entwicklung bei der Marge ergibt. Für Alibaba wird in den Informationsportalen ein KGV von knapp über 21 ausgewiesen, im Vergleich zu 120 wie bei Amazon oder keiner möglichen Angabe bei Rocket Internet.

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Langfristig gesehen könnten die Anleger (insbesondere nach Anspringen der asiatischen Konjunktur) Neuemissionen der vergangenen Jahre mit Wachstumsperspektiven in das Portfolio aufnehmen. Bedeutendstes Entscheidungskriterium könnte dabei neben einem funktionierenden Geschäftsmodell auch eine Grundvoraussetzung des langfristgen erfolgreichen Unternehmertums sein: Das Erwirtschaften von freiem Cash-Flow bzw. Gewinnen. Aktionäre, die dieses Entscheidungskriterium bei der Auswahl oder auch der Verkaufsentscheidung des Depotbestandes berücksichtigten, konnten das Platzen der dot.com-Blase Anfang des Jahrtausends ohne Schaden für das eigene Depot überstehen.

Mögliche Schlussfolgerungen für die Entscheidung für oder gegen eine bestimmte Neuemission

Anhand der drei Beispiele Amazon, Rocket Internet und Alibaba können Sie sehen, dass sich eine zu frühe Entscheidung für eine Aktie durchaus sehr negativ auf die Entwicklung einer Wertpapierposition und damit auch der Rendite auswirken kann. Dagegen kann eine Analyse der vorliegenden Informationen, Bilanzen und auch das „Bauchgefühl“ schützen. Wenn eine Innovation auf den Markt kommt, dann können exorbitant hohe Renditen erzielt werden – oder aber der Ausfall eines Teils des Kapitals wird riskiert.

Für die Anleger ist eine Strategie mit ausgewogenem Aktienrisiko oftmals ertragreicher (und nervenschonender), wenn sie keine Extremposition auf der Rendite-Risiko-Kurve darstellt. Weder das weitestgehend risikofreie Sparbuch (garantiert Kaufkraft kostend!) noch extrem riskante Neuemissionen sind der Stein der Weisen! Deshalb sollten Sie auf alle Fälle bei Neuemissionen ebenso intensiv hinsehen, wie bei der übrigen Geldanlage (oder auch Einkaufsentscheidungen)! Substanz, Marktanteile und ein bereits vorhandener Cash-Flow einer Neuemission sollten mindestens ebenso viel Gewicht haben wie die Investment- oder Unternehmensidee selbst.

In einer Kombination aus ETFs, guten Standardwerten und der Aufnahme von Neuemisisonen einige Monate nach dem Börsengang und bei erwiesen erfolgreicher Strategie lässt sich ein guter Renditemix erzielen. Damit können die Chancen der Wertpapiermärkte genutzt werden – ohne dass Sie als Anleger unnötige Wertverluste riskieren.

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