In den letzten Monaten häuften sich die Meldungen, wonach insbesondere bei Lebensversicherungen der Garantiezins auf unter 1 % für Neuverträge gesenkt werden solle. Darüber hinaus berichteten Qualitätsmedien wie Tageszeitungen oder ein bekanntes Nachrichtenmagazin aus Süddeutschland darüber, dass viele Lebensversicherungen die ursprünglich kommunizierte Hochrechnung der Gewinnbeteiligung nicht mehr einhalten könnten. Deshalb stellt sich für viele Anleger die Frage: Wie gehe ich mit bisher abgeschlossenen Lebensversicherungen um und lohnt es sich kurz vor Schluss noch eine Versicherung mit dem aktuell geltenden Zinssatz abzuschließen. Und wo liegen die Alternativen? Wir bei Diekleinanleger.com geben Ihnen einige interessante Hinweise und Nachdenk-Ideen für diese interessante Frage!
Wie ernstzunehmen ist der Hinweis auf den Garantiezins?
In der Print-Ausgabe der Süddeutschen Zeitung vom Wochenende 07./08.05.2016 findet sich ein Artikel, der die berechtigte Kritik an der Geldanlageform der Lebensversicherung sehr gut herauskristallisiert. Dort steht mit Hinweis auf die Bedeutung des Garantiezinses, er würde nur für den Sparanteil der Versicherung gelten: “Das sind die Einzahlungen abzüglich der Kosten für Vertrieb, Verwaltung und Risikoschutz, meistens 80 Prozent bis 90 Prozent.”
Im Klartext bedeutet dies, dass bei den klassischen Lebensversicherungen zwei Probleme auftreten: Einerseits ist die Verzinsung des eingezahlten, wirklich netto bei der Geldanlage ankommenden Kapitals vergleichsweise gering. Bei aktuellen Verträgen sind dies etwa 1,25%. Sehr viel verschwommener ist die Problematik der Kosten und der Undurchsichtigkeit des Lebensversicherungsproduktes. Wenn nur “80 bis 90 Prozent” angespart werden, dann bedeutet dies: Bei Kosten von 20 % sinkt der für die Verzinsung zugrundegelegte Basisbetrag und die Aufholung der Kosten dauert beim derzeitigen Garantiezins mehr als zehn bis fünfzehn Jahre. Damit verliert der Anleger wertvolle Zeit lediglich zur Abdeckung der entstehenden Kosten. Eine weitere Problematik der klassischen Lebensversicherung in der Mischung aus Risikoschutz und Sparvertrag passt ebenso nicht mehr in die heutige Zeit der selbstbewussten Anlegerinnen und Anleger. Die Sparanteile und Gebühren werden nicht klar und unmissverständlich angegeben. Dies geht sogar so weit, dass sich Versicherungen wie die Ergo so offensichtlich bei den Verträgen verrechnen, dass es erst nach dem Versenden der Unterlagen und Informationen bzw. Kontoauszüge auffällt (z. B. hier: http://www.sueddeutsche.de/geld/lebensversicherung-falsch-programmiert-1.2577447; https://www.test.de/Lebensversicherungen-Fehlerhafte-Auszahlungen-bei-Ergo-4885451-0/). Die Stiftung Warentest spricht dabei von unterschiedlichen Produkten und 350.000 Verträgen.
Die früheren Steuerprivilegien erklären Beliebtheit der Lebensversicherung!
Die Beliebtheit der Lebensversicherung insbesondere für Abschlüsse vor 2009 erklärt sich durch unterschiedliche, sehr komplizierte Regelungen in der Steuergesetzgebung. Zusammengefasst kann gesagt werden: Je nach Abschlussjahr gelten unterschiedliche Steuerprivilegien, die manchen Altvertrag sogar aus heutiger Sicht als profitabel erscheinen lassen. Da verbindet sich eine Garantieverzinsung von über 4 % mit einem zusätzlichen Steuerprivileg. Im Zuge der Vereinheitlichung der Besteuerung der Kapitalerträge wurden die Bedingungen aber zum 1. Januar 2009 für Neuabschlüsse verändert.
Aktuell: Viele bessere Alternativen der privaten Altersvorsorge!
Ausgangspunkt dieses Beitrags ist die weitere Senkung des Garantiezinses und das allgemein niedrige Zinsniveau. Welche Schlüsse können Anleger daraus ziehen: Aus heutiger Sicht erscheinen diejenigen Geldanlagen sinnvoll, die ihre Erträge aus unterschiedlichen, möglichst von der Standardverzinsung abweichenden Quellen speisen. Folgende Anlage- bzw. Assetklassen bieten sich in der Niedrigzinsphase an:
- Geförderte Sparprodukte mit hohen staatlichen Zuzahlungen
Die Riester-Rente ist aufgrund der staatlichen Zulagen bzw. auch der Steuerersparnisse zu Recht eine der beliebteren Anlageformen. In der Niedrigzinsphase sollten Anleger aber ganz besonders auf die Unterschiede der einzelnen Angebote eingehen und sich möglichst an den Testsiegern orientieren – um keine kostbare Rendite zu verschenken. In einer Hochzinsphase macht ein Prozent mehr oder weniger vergleichsweise wenig aus. Jetzt aber ist der Vergleich umso dringlicher. Vergleichen Sie also die geförderten und nicht geförderten Altersvorsorge-Möglichkeiten. - Anlageformen mit Zugang zu den Wertpapiermärkte
Im Dezember 2015 berichteten wir bereits davon, welche Vorteile das Investment in Aktien haben kann. In einem Umfeld von niedrigen Zinsen oder der Erwartung sinkender Zinsen ergibt sich ein zweifacher, zusätzlicher Vorteil der Geldanlage in Aktien: Die gezahlten Dividenden und der Wertzuwachs sehen in praktisch jedem Szenario besser aus, als wenn die Anleger hohe Renditen in festverzinslichen Wertpapieren einfahren könnten. Damit entsteht ein zusätzlicher Nachfrage-Sog auf die Aktien, die die Bewertungen zusätzlich erhöht: Das Kurs-Gewinn-Verhältnis steigt. Zudem werden insbesondere kapitalintensive Unternehmen durch die Niedrigzinsphase entlastet. Insofern bedeutet dies ein grünes Licht für fast alle Branchen. Unternehmensübergreifend kann allerdings ergänzt werden, dass eine Niedrigzinsphase auch ein Abschmelzen der Zinsmarge bei den meisten Banken bedeutet. Deshalb sollten Anleger nicht unbedingt in einzelne Finanzaktien oder Branchenfonds auf die Finanzindustrie investieren.
Bei einer Niedrigzinsphase steigt zudem die Renditedifferenz zwischen Aktienanlage und Festverzinslichen so weit an, dass beispielsweise reine Rentenfonds nicht mehr vorteilhaft erscheinen. Deren Gesamtkostenrate (TER) verlangsamt die Gesamtrendite erheblich. In einer Niedrigzinsphase ist lediglich von Neuinvestments in Fonds abzuraten, die ihren Anlageschwerpunkt in festverzinslichen Wertpapieren haben. Es sei denn, dieses Investment wird durch eine zusätzliche Fremdwährungschance beflügelt und es soll im Rahmen einer Risikodiversifizierung eines großen Depots erfolgen. - Traditionelle Anlageformen, die zum Nachdenken anregen
Vor kurzem senkten einige Banken die Konditionen für das Tagesgeld, Festgeld und insbesondere die Sparbücher noch einmal. Oftmals finden sich in den Zinstabellen nur noch symbolische Werte wie 0,01 % oder 0,02 % an jährlicher Verzinsung. Dies sollte die Anleger zum Nachdenken anregen. Wir empfehlen einen Paradigmenwechsel bei der Nutzung der Sparkonten bzw,. der Sparcards: - Unveränderte Funktionen der kurzfristigen Sparformen
Bei vielen Anlegern bewährt sich eine kurzfristig bzw. täglich verfügbare Reserve für unerwartete Ausgaben. Die Funktion der ständigen Abrufbarkeit mit sofortiger Gutschrift auf dem Girokonto oder Überweisung auf das Referenzkonto machten und machen diese Sparform attraktiv. Allerdings ist diese seit den Zinssenkungen der letzten Zeit für höhere Beträge und Laufzeiten nicht mehr attraktiv. Über die Notreserve hinausgehende Beträge sollten deshalb anderweitig attraktiv angelegt werden.
Eine weitere Funktion der modernen SparCards insbesondere im Urlaub und für Jugendliche sollte nicht unterschätzt werden: Viele SparCards bieten den kostenlosen oder vergünstigten Bargeldbezug im Ausland an. Deshalb eignen sich SparCards weiterhin als kurzfristige Ansparvariante für den Urlaub. Die girocard bzw. Kreditkarte kann dann im Hotelsafe verbleiben, Bargeld für kleine Ausgaben kann an den örtlichen mit VISA Plus- oder Mastercard verbundenen Automaten bezogen werden. Bei dieser Nutzung sollte der Anleger für die interne Erfolgsrechnung die nicht zu bezahlenden Automatengebühren oder den Sicherheitsgewinn in Geldwerte umrechnen. - Akuter Handlungsbedarf bei echter, längerfristiger Geldanlage
Bei einer längerfristigen Geldanlage kann die vermeintliche Bequemlichkeit eines Sparbuches, einer SparCard richtig teuer werden. Selbst wenn das Geld nur einige Wochen oder Monate geparkt werden soll, lohnt sich ein Vergleich der Anlageformen Tagesgeld und Festgeld, wie mit unserem Tagesgeld-Vergleichsrechner. - Leichte Zinsänderungen oder die Fortschreibung eines Zinstrends können deshalb durchaus Anlass sein, die bisherige Geldanlagestrategie zu überprüfen und insbesondere die grundlegende Zuordnung zu einzelnen Wertpapierklassen oder Investmentvehikeln zu überdenken.
Weiterführende Links
- Vergleichsrechner für Depotanbieter
- Was bedeutet stetige Verzinsung?
- Was bedeutet die EZB-Zinssenkung für Kleinanleger, Sparzinsen und Kredite?
- Wie kann ich vom Zinsanstieg profitieren?
- Beim Tagesgeld: Nicht nur auf den Zinssatz achten!
- Vom Leitzins-Poker und seinen Folgen für Anleger
- Wann steigen denn die Zinsen endlich wieder?