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Schöne neue (digitale) Welt – die Herausforderungen und Veränderungen der 20er Jahre, die uns erwarten

Fast ganz unversehens sind wir vor Kurzem in die 20er Jahre hinübergerutscht. Ob es wieder „goldene Zwanziger“ werden, wie vor einem Jahrhundert, wird sich wohl erst im Nachgang beurteilen lassen. Was wir allerdings sicher wissen ist, dass dieses Jahrzehnt wohl einige große Veränderungen für jeden Einzelnen von uns bereithalten wird. In diesem Jahrzehnt geht es uns ans (Bar-)Geld und ans Sparbuch. Worauf wir uns für die nächsten zehn Jahre einstellen müssen und wie wir in Bezug auf die Veränderungen gerade jetzt, am Anfang des Jahrzehnts, aufgestellt sind, beleuchten wir einmal in unserem Beitrag.

Banking wird (zwingend) digitaler werden – und unser Bargeld steht ernsthaft auf der Kippe

Mit dem zunehmend digitaler werdenden Bankenwesen haben wir uns in den letzten Jahren mehr oder weniger gut arrangiert. In den meisten Fällen blieb uns auch wenig anderes übrig. Banken haben ihre „digitale Transformation“ ganz einfach weithin durchgezogen, ohne ihre Kunden dabei allzu viel zu fragen, ob ihnen das überhaupt recht ist. Das scheint, wenn es um Deutsche geht, ein recht praktikables Erfolgsrezept zu sein. Wer Fakten schafft, kann meist damit rechnen, dass sich die Menschen früher oder später ganz einfach damit abfinden.

Banken verorten heute nur noch rund 20 % sogenannte „ängstliche Onliner“ und rund 15 % „argwöhnische Onliner“ – die übrigen 65 % kann man in die Gruppen „sorglose Konsumfreudige“, „traditionelle Finanzexperten“ und „digitale Finanzexperten“ einteilen, alle mit jeweils rund 15 % bis 20 % Anteil. Dazu kommen dann noch etwas weniger als 10 % sogenannte „digitale Enthusiasten“. Für ein stur rückwärtsgewandtes Land wie Deutschland sind das nahezu rekordverdächtige Akzeptanzwerte für so etwas Neumodisches wie digitales Banking. Einfach Fakten zu schaffen hilft also anscheinend.

Leider stagnieren die Erfolgswerte beim digitalen Banking auf diesem Niveau allerdings auch seit einigen Jahren. Gerade mit steigendem Alter nimmt die Nutzung von Online-Banking stark ab – und das bleibt auch so. Bei den unter 40-Jährigen nutzen rund 60 – 70 % Online-Banking zumindest teilweise – bei den über 60-Jährigen sind das weniger als 30 %. Nach dem die Entwicklung in diesem Bereich sicherlich nicht rückgängig gemacht wird, sondern Banken immer mehr auf digitale Services setzen, wird also für viele Ältere die Herausforderung darin bestehen, sich auch mit digitalem Banking auseinanderzusetzen – ob diese nun wollen oder nicht.

Ganz anders sieht die Akzeptanz übrigens aus, wenn es um die Abschaffung von Bargeld geht. Diverse Pläne liegen wahrscheinlich zuhauf in den Schubladen unterschiedlichster Institutionen – aus den unterschiedlichsten Gründen. Es ist dabei gut möglich, dass wir in den 2020er Jahren auch tatsächlich unser geliebtes Bargeld aufgeben werden müssen. Das kommt nicht gut an. Selbst bei den unter 30-Jährigen sind es lediglich 47 %, die gut damit leben könnten, wenn Bargeld abgeschafft wird. Bei den über 30-Jährigen gibt es allerdings eine massive Mehrheit, die die Abschaffung des Bargelds rundheraus ablehnt.

Ob im Alltag bar oder mit Karte gezahlt wird, hängt übrigens überraschenderweise stark mit dem Bildungsgrad (mehr Kartenzahlungen bei höherem Schulabschluss) und auch vom Alter ab. Allgemein präferiert allerdings ganz allgemein rund die Hälfte der Menschen (45 %) Bargeld-Zahlungen, bei den unter 30-Jährigen sind es nur wenig mehr (53 %). Wie so vieles in Deutschland stagnieren auch dafür die Zustimmungswerte seit Jahren. Sieht man sich die (angestrebte) Situation etwa in Schweden an, wo Bargeld praktisch nur noch der Ausnahmefall ist, haben wir noch einen weiten und steinigen Weg vor uns – und werden unsere Zustimmung zu digitalen Bezahlverfahren jeglicher Art wohl noch in weiten Bereichen überdenken müssen. Für viele könnte das durchaus ein großes Maß an Überwindung und Herausforderung bedeuten.

Über wirklich fortschrittliche Zahlungsalternativen wie Kryptowährungen oder Facebooks Libra wagt man im Hinblick auf die breite Akzeptanz da erst einmal noch gar nicht, nachzudenken…

Wir werden immer mehr zum Privatinvestitions-Entwicklungsland – und verschenken immer mehr Geld

Sieht man sich die Aktienmarkt-Teilnahmequote in Deutschland an, könnten einem glatt die Tränen kommen. Knapp über 15 % der Deutschen legen ihr Geld auf dem Aktienmarkt an – in einer der reichsten Volkswirtschaften der Welt. 2019 war die Quote dazu sogar noch leicht rückläufig. In Bezug auf den Aktienmarkt sind wir hierzulande mittlerweile klar ein Entwicklungsland, dritte Aktien-Welt sozusagen. Das ist der Punkt, an dem wir gerade stehen. Zukunftsaussichten: eher trübe.

Eine von der deutschen Börse beauftragte wissenschaftliche Studie der Goethe Universität macht dabei klar, woran es liegt: Deutsche scheuen jede Art von Risiko – und können Risiken auf dem Aktienmarkt auch viel zu wenig einschätzen. In der Regel wird das Risiko von den meisten Befragten gewaltig überschätzt – insbesondere dann, wenn sie selbst keine Aktienbesitzer sind. Die Angst, irgendwie etwas verlieren zu können, dominiert die Gefühle in Bezug auf Aktien bei allen, die selbst keine besitzen – und grassiert epidemisch. Aktien werden mental und emotional fast ausschließlich mit „Verlust“ und „Risiko“ gleichgesetzt.

All die gut gemeinte Aufklärungsarbeit (wie auch wir das seit Jahren versuchen) hat daran nur sehr wenig geändert. Die deutschen Kartoffeln lassen sich ihre tief sitzenden Verlustängste nur schwer nehmen – und im Zweifelsfall flüchtet man sich eben auf die philosophisch sokratische Position „Ich weiß, dass ich (darüber) nichts weiß“. Nicht, dass Information ja überall frei verfügbar wäre – aber das kommt schon eher einer kategorischen Ablehnung gleich. Damit will man sich auch gar nicht beschäftigen. Zusätzlich geben knapp 30 % der Deutschen an, mittlerweile wegen der geringeren Sparzinsen einfach durchwegs weniger zu sparen, Quote steigend. Als ob das eine Lösung wäre.

Hier liegt sicherlich eine der größten Herausforderungen für die nahe Zukunft. Unsere weithin so heißgeliebten Sparbücher werden auch in Zukunft nicht wiederauferstehen und Rekordzinsen bringen – eher  garantierte und verbriefte Verluste, wie bisher. Wenn wir hierzulande nicht wirklich beginnen, uns in breiter Masse mit dem Aktienmarkt anzufreunden und uns deutschlandweit einfach das nötige Wissen zu besorgen, wird es um die deutschen Anlagen in Zukunft sehr mau aussehen. Und bei vielen Altersvorsorgen auch. Denn finanzielle Sicherheit im Alter ist das zweite, wirklich große Thema, dem wir in diesem Jahrzehnt einfach nicht mehr ausweichen können. Wir werden uns darum kümmern müssen – und zwar jeder einzelne von uns. Sonst werden auch viele im höheren Alter plötzlich leben, wie in einem Entwicklungsland.

Noch schlimmer als das Wissen um den Aktienmarkt ist es um das Wissen von Geldanlage-Kosten bestellt

Man sollte es kaum glauben, aber in dem Land, in dem das „kostenlose Girokonto“ praktisch erfunden wurde und jedem ein Begriff ist, ist das allgemeine Wissen um die Kosten und Gebührensätze von Geldanlagen geradezu unterirdisch.

Kennen rund drei Viertel der Menschen gerade noch die Kontoführungsgebühren, die ihre Bank verlangt (bei kostenlosen Girokonten ist das auch nicht schwer) sieht das bei den übrigen Bankgebühren bereits deutlich schlechter aus. Nur rund ein Drittel der Menschen, die man fragt, haben überhaupt eine Vorstellung davon, was sie für eine Barabhebung oder eine Überweisung überhaupt bezahlen müssen. Der große Rest hat schlicht überhaupt keine Ahnung, was so alltägliche Dinge wie die üblichen Bankvorgänge überhaupt kosten.

Noch schlimmer sieht es aus, wenn es um die laufenden Kosten des eigenen Hauses geht, darüber wissen nämlich ziemlich genau drei Viertel gar nicht Bescheid. Bei den zu erwartenden Nebenkosten beim Kauf einer Immobilie sind es noch weniger. Da Immobilien hierzulande aber weithin als Geldanlage und Altersvorsorge gesehen werden, sollte man schon eine Vorstellung davon haben, welche Kosten der eigene Besitz laufend verschlingt.

Wirklich erschreckend werden die Zahlen dann aber, wenn es um Geldanlagen im eigentlichen Sinn geht. In welcher ungefähren Größenordnung die Abschlussprovisionen von Lebensversicherungen oder Rentenversicherungen liegen, kann man noch nicht einmal jeden Zehnten fragen – die Antwort ist bei der überwiegenden Mehrzahl der Menschen, die man fragt, nur völlig ratloses Schulterzucken. Bei den Abschlussprovisionen, die für Investmentfonds verlangt werden, erhält man noch weniger Antworten. Selbst beim Bausparvertrag als eines der gefragtesten Anlageprodukte der Deutschen, hatten gerade einmal 15 % eine Vorstellung über die Abschlusskosten.

Welche Bestandspflege-Provisionen bei Lebensversicherungen oder Investmentfonds anfallen, braucht man dann wirklich niemanden mehr zu fragen. In einer Nation, die permanent darüber jammert, dass alles so teuer ist, sollte man wirklich ein wenig mehr Wissen darüber erwarten können, was völlig alltägliche Dinge überhaupt kosten. Sonst hätte das Jammern ja gar keinen Sinn, wenn man es überhaupt nicht weiß.

Was Dinge (und erst recht Geldanlagen) uns kosten, ist entscheidend für unser Leben. Wenn wir endlich anfangen, uns über unsere Kosten Gedanken zu machen, haben wir die Chance, dass wir im Ende deutlich mehr Geld zur Verfügung haben. Das ist besser, als ständig nur blindlings herumzujammern. Das wäre endlich eine aktive Maßnahme.

Als kleiner Hinweis: Die Rendite von Investmentfonds von deutschen Privatanlegern (Anlagevolumen rund 1 Billion Euro) wird in Summe um fast 5 Milliarden jedes Jahr durch abgezogene Bestandspflege-Provisionen geschmälert. Die einmal fälligen Abschluss-Provisionen sind hier noch gar nicht eingerechnet. Das sind immerhin 0,5 % Renditeverlust jährlich. Plus alle weiteren Kosten, die da so verlangt werden.

Die klare Botschaft an uns alle für die 20er Jahre lautet also:

Wir brauchen wirklich dringend mehr Wissen über den Aktienmarkt, mehr Mut zur Aktivität und mehr Bereitschaft, endlich einmal etwas Neues überhaupt zur Kenntnis zu nehmen und wirklich dringend einmal den Antrieb, zu hinterfragen, was uns Dinge überhaupt kosten.

Fangen wir bei der Geldanlage an – in unserem kostenlosen und individuellen Brokerrechner erfahren Sie ganz schnell, was Ihre Geldanlage am Aktienmarkt Sie kosten sollte – mehr wäre verschenkt (und drückt im Übrigen dann auch langfristig Ihre Rendite beträchtlich). Und ja, an anderen Stellen kann es durchaus sein, dass Sie viel mehr für Ihre Geldanlage bezahlen müssen.

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