In der letzten Zeit geht es turbulent zu auf den Märkten – die Volatilität ist hoch, beinahe jede zweite Woche passiert etwas, von dem man nie geglaubt hätte, dass es je eintreten würde. Handelskriege, Zollstreitigkeiten und teilweise unvorhersehbares und oft sogar gefühlt völlig sinnfreies politisches Handeln einzelner Staaten sorgen dafür, dass die Welt immer wieder einmal erst kurzfristig aus den Fugen gerät, bis sie sich wieder fängt. Auch um die Konjuntkur muss man sich Sorgen machen – und vor allem um die nahe Zukunft der Kultur. Und niemand weiß, wann das fröhliche Narrentreiben abgeblasen und die Rückkehr zur Vernunft wieder eingeläutet wird. In Weltlagen wie diesen sollte man auf jeden Fall darauf achten, nicht aufs falsche Pferd zu setzen – und sich immer ein wenig absichern – gerade bei Aktien. Wir nehmen deshalb einmal ein paar Kennzahlen für die Aktienbewertung ein wenig gründlicher unter die Lupe.
Value Investing bedeutet Krisenvorsorge
Über den Ansatz des Value Investing – also das Investment in besonders solide Unternehmen mit einer guten Wachstumschance für die Zukunft – haben wir schon in früheren Beiträgen gesprochen. Das Value Investing ist ein Weg der absoluten Vernunft – selbst in einer unvernünftigen Zeit. Die Weisheit, dass man sein Geld nur in Unternehmen stecken sollte, die tatsächlich auf dem Erfolgs- und Wachstumskurs sind, ist eine Binsenweisheit, die immer gilt. Auch in Krisenzeiten.
Gerade zu turbulenten Zeiten ist das auch ganz besonders wichtig. Wenn ringsherum alles aus den Fugen gerät, möchte man sein Geld natürlich den Unternehmen anvertrauen, die mit einigermaßen Gelassenheit durch die Krisen schippern können und sich auch dort halbwegs unerschütterlich ihren Weg bahnen. Wenn es schon von vornherein bei einem Unternehmen wackelt und klappert, ist die Chance groß, dass ordentlich etwas in die Brüche geht, wenn der Sturm darüber hinwegfegt und der Boden ins Wanken gerät. Mit in die Brüche gehen dann auch die eigenen Anlage-Erwartungen. Nicht selten gilt es dann auch Anleger nur noch zu retten, was überhaupt noch zu retten ist.
Die Frage nach der Solidität und Krisenfestigkeit eines Unternehmens auch in turbulenten Zeiten ist natürlich unglaublich schwierig zu beantworten – vor allem dann, wenn man kaum vorhersagen kann, welche wahnwitzige politische oder wirtschaftspolitische Maßnahme oder welches irrationale Handeln eines Staatsoberhaupts als nächstes ganze Marktbereiche in eine Erdbebenlandschaft verwandelt.
Die Politik ist zwar in einem hohen Maß abhängig von der Wirtschaft – umgekehrt ist aber leider auch die Wirtschaft eben nicht ganz unabhängig von der Politik – vor allem dann, wenn die völlig irrational handelt und scheinbar kein Problme damit hat, auch einmal das eigene Land wirtschaftlich zu ruinieren, nur um irgendeine schräge und widersinnige Ideologie durchzudrücken.
Was sind also die wirklich krisenfesten, soliden Unternehmen, die sicher auf stabilen Füssen stehen und sich voraussichtlich auch in Krisen noch gut behaupten können und Gewinne machen?
In manchen Branchen kann man Umbrüche fast schon riechen
Die Automobil-Branche gehört etwa zu den Bereichen, in denen man die Zukunft – jedenfalls momentan – kaum auch nur annähernd voraussagen kann.
Es war klar, dass die strikte Verweigerung der Nachrüstung von Dieselfahrzeugen, wie sie die Automobilhersteller praktiziert hatten, sich nicht halten lassen würde – und die Strategie, für Neuwagenkäufe mit völlig intransparenten und nicht fest zugesagten Preisnachlässen und Prämien zu werben, war zwar ein Versuch aber wohl kein so geglückter.
Sollte sich die Dieselproblematik irgendwann einmal lösen lassen und sollten die Automobilhersteller tatsächlich mit wenig Schaden davonkommen, steht gleich das nächste Problem im Raum: das CO2.
Wir müssen – das wurde nun selbst der Politik klar – unsere Klimabilanz enorm verbessern, auch im Straßenverkehr. Eine so massive Reduktion des CO[2-Ausstoßes wird aber mit Verbrennungstechnologie schlicht nicht möglich sein. Andere Lösungen, die ausreichend “sauber” wären, marktreif sind und von den Menschen auch weithin akzeptiert würden – gibt es nicht. Man steht also vor einem Haufen ziemlich großer Probleme, was die nahe Zukunft angeht. Aus “keiner Lösung” ist aber schwierig “ordentliche Gewinne” zu machen.
In solchen Marktsegmenten braucht man gar nicht erst nach Solidität zu suchen – wenn keiner weiß, wo die Reise eigentlich hingeht, wird es auch schwierig sein, festzumachen, wer am Ende Kapitän auf dieser Reise sein wird – oder sie überhaupt übersteht. Auch bei der Massenmobilisierung in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg musste sich der zukünftige Weg erst abzeichnen und die Zukunft sich formen – dabei blieben durchaus viele Automobilhersteller auf dem Weg liegen, darunter auch einige, von denen man es nicht gedacht hätte.
Das glatte Gegenteil zu dieser Branche ist die Rüstungsbranche. Man kann mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass auch in naher Zukunft Konflikte zwischen Einzelstaaten oder kleinen Nationen bewaffnet ausgetragen werden. Im derzeitigen Trend der Weltpolitik wird sich nicht plötzlich Vernunft und Friedenswillen allenorts ausbreiten und sämtliche Konfliktparteien an die Verhandlungstische eilen. Die Zahl solcher Konflikte wird eher sogar noch zunehmen.
Der zivilisierte Teil der Welt versucht dann, Weltpolizist zu spielen oder hat Angst um die eigene Sicherheit – und rüstet daher auf. Sieht man sich die Spaltung und die Konflikte selbst im Inneren vieler Staaten Europas an, wird man wahrscheinlich sogar im Inneren kräftig aufrüsten müssen, um diese Konflikte notfalls eindämmen zu können. Die gesamte Branche für Rüstungsgüter sowie für Militär- und Sicherheitstechnik sieht also mit Sicherheit keinen ungewissen Zeiten entgegen, sondern wohl noch für lange Zeit eher sehr ertragreichen. Ob man natürlich ausgerechnet in Krieg und Vernichtung investieren muss natürlich jeder für sich mit seinem Gewissen abmachen. Als Beispiel für eine “sichere” Branche taugt die Rüstungsbranche aber allemal.
Wenn die Welt derart im Umbruch ist, lohnt es sich also, zunächst einmal die Märkte als Ganzes zu betrachten: hauptsächlich auf Export angewiesene Branchen leiden möglicherweise unter Zöllen und Handelskriegen, Unternehmensbereiche, die auf hohe Absätze bei Privatkunden angewiesen sind, haben als Risikofaktor die zunehmende Unsicherheit von Menschen und die daraus resultierenden Konsumrückgänge zu fürchten.
Ein paar allgemeine, unvoreingenommene und nüchterne Überlegungen zur Gesamtlage einer Branche im Vorfeld schaden also nie.
Welche Unternehmen sind solide Unternehmen?
Wenn man das immer ganz klar wüsste, wäre jedem Anleger wohl deutlich leichter ums Herz. Die jüngst drastisch gesunkenen Gewinnerwartungen bei der amerikanischen Parade-Unternehmen schlechthin, nämlich Apple, zeigen, dass man nichts, aber auch gar nichts für gegeben hinnehmen darf. In diesem Fall war selbst das Orakel von Omaha, Warren Buffet einmal baß erstaunt und auf dem falschen Fuß erwischt – allzu oft dürften Irrtümer wie diese in seiner Karriere bisher wohl nicht vorgekommen sein.
Wer als Nicht-Wirtschaftsfachmann versucht, Bilanzen zu lesen und richtig zu interpretieren, wird damit wohl kaum zum Erfolg kommen. Hier streiten – und täuschen – sich selbst erfahrene Experten, die seit Jahrzehnten nichts anderes tun als Bilanzen professionell zu lesen und Unternehmen zu bewerten.
Einige Hinweise – gerade für Kleinanleger – möchten wir aber dennoch geben, denn es gibt einige Dinge, die trotz aller Unwägbarkeiten eher für Solidität eines Unternehmens sprechen als dagegen.
1. Der unbestechliche Umsatz
Um den Gewinn zu manipulieren, und Unternehmenserfolge ein wenig zu schönen, gibt es jede Menge Möglichkeiten. Das bedeutet nicht, dass jedes Unternehmen so etwas tut – ausschließen kann man das aber genaugenommen nie, dass etwas ein wenig “schöngerechnet” wurde.
Was man dagegen recht schwer nach oben oder unten rechnen und manipulieren kann, sind die schieren Umsatzzahlen. Wie viel Umsatz ein Unternehmen im letzten Jahr oder in den letzten Jahren gemacht hat, ist eine ungefähr so feste Größe wie die jährliche Niederschlagsmenge an einem bestimmten Ort. Viel herumzurechnen gibt es da nicht – was reinkommt, kommt eben rein.
2. Die EBITDA-Marge
Das schon nächst-aussagekräftigste Kriterium ist die EBITDA-Marge. Das EBITDA ist der Gewinn aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit des Unternehmens – vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen. Auch Sondereinnahmen werden dabei weitgehend nicht berücksichtigt. Die EBITDA-Marge wird dabei in Prozentzahlen ausgedrückt – je mehr, desto profitabler läuft der Laden im täglichen Betrieb.
Wer Solidität sucht, sollte sich dabei bei Unternehmen mit
EBITDA-Margen möglichst über 25 % aufhalten – solche Unternehmen sind von Wettbewerbern in der Regel nur kaum zu knacken.
3. Gewinnzuwächse
Hier lohnt sich unbedingt ein Blick in die Vergangenheit. Trotz aller möglichen Schönrechnereien wird es ein nicht ganz so erfolgreich laufendes Unternehmen schaffen, in den letzten zehn Jahren von Jahr zu Jahr eine Gewinnsteigerung hinzurechnen – vor allem wenn diese über 10 % liegt. Wer ganz sicher gehen will, schaut auch darauf, dass auch die Umsätze in den letzten zehn Jahren um mindestens 10 % pro Jahr gewachsen sind.
Ein etwas eher exotischer Wert ist der ROCE – der Return on Capital Employed. Er gibt an, welche Erträge ein Unternehmen auf nicht ausgeschüttetes Kapital erlöst. Das kann man – unter Einbeziehung anderer Faktoren – durchaus als ein Maß für Profitabilität und effizienten Kapitaleinsatz sehen, wenn dieser Wert eine vernünftige Größe hat. Hier bewegen wir uns allerdings schon ein wenig im Fachbereich der Unternehmensbewertung.
KGV und Dividendenrendite, die “Klassiker” bei der Aktienbewertung, lassen dagegen zu viele Interpretationsspielräume und Unwägbarkeiten offen, um mit ihnen als alleinige Kennzahlen wirklich Sicherheit zu erlangen. Man muss hier zusätzlich vieles mit ins Auge fassen, etwa die Verschuldungsquote oder die zukünftige Entwicklung des KGV für die nächsten Jahre. Eine Dividendenrendite kann im Einzelfall auch aus einer überhöhten Dividende resultieren, die später dann gekürzt werden muss. Über die zukünftige Ertragssituation eines Unternehmens und über seine stabile zukünftige Entwicklung sagt beides nichts wirklich Stichhaltiges und Unumstößliches aus.
Man sollte also am besten den einfachen Dingen trauen: dem Umsatz, der Umsatzsteigerung im letzten Jahrzehnt und dem Vorhandensein von stetig steigenden Gewinnen. Dingen, die man auch als Laie gut versteht – und die nur schwer zu manipulieren sind. Sind die positiv, steigt immerhin die Wahrscheinlichkeit, dass man sein Geld auf einem soliden Dampfer in die turbulente See der Märkte schickt – anstatt auf einer löchrigen Fregatte, bei der es bereits tröpfelt.
Nicht vergessen sollte man übrigens auch in Krisenzeiten, die Kosten für die eigene Anlage niedrig zu halten – damit maximiert man immerhin die Gewinne und betreibt auch damit gleich ein wenig Krisenvorsorge. Machen Sie unseren kostenlosen und unverbindlichen Brokervergleich und finden Sie heraus, wo Sie noch ein wenig Optimierungspotenzial nutzen können.