Die einen verteufeln sie – für andere sind sie immer wieder einmal ein Geheimtipp: Penny Stocks. Was es tatsächlich damit auf sich hat, was hinter den zahlreichen Penny-Stock-Tipps liegt, und wann Penny Stocks tatsächlich eine interessante Option sein können, beleuchten wir in diesem Beitrag einmal etwas näher. Dazu, was Aktienspam genau ist, und wie er funktioniert und was man beim Aktienhandel unter „Scalping“ versteht.
Was sind eigentlich Penny Stocks?
Übersetzt man den Begriff aus dem Englischen wortwörtlich ins Deutsche, hat man die Erklärung bereits auf der Hand: Penny Stocks sind Cent-Aktien. Für die Bezeichnung an sich gibt es aber auch einige verbindliche Regeln. So bezeichnet man Aktien immer dann „offiziell“ als Penny Stocks, wenn sie einen Wert von weniger 1 Euro (oder wie auch immer die lokale Währung des jeweiligen Landes lautet) haben. In England wären das also Aktien mit einem Wert von weniger als 1 GBP, in Japan Aktien von einem Wert weniger als 1 Yen. Die einzige Ausnahme bildet hier die USA – dort bezeichnet man schon Aktien mit einem Wert von weniger als 5 USD als Penny Stocks.
Die Bezeichnung an sich stellt also schon einmal von vornherein klar, dass es sich bei Penny Stocks erst einmal um nichts „Böses“ oder „Illegales“ handelt. Den Eindruck könnte man bekommen, wenn man die zahlreichen Warnungen liest, die überall so kursieren. Penny Stocks sind lediglich Aktien von geringem Wert.
Mindestaktienwerte und Aktienwert
Die Mindestwerte von Aktien wurden im Lauf der Jahre immer weiter gesenkt. Galten in den Neunziger Jahren noch Mindest-Nennwerte von 5 DM wurden später auch völlig nennwertlose Aktien erlaubt.
Mittlerweile sind nach § 8 II AktG der aktuelle Mindestnennwert einer Aktie 1 EUR. Der tatsächliche Wert einer Aktie kann aber natürlich tatsächlich darunter liegen. Den aktuellen Aktienwert erhält man ja, indem man ganz einfach das Grundkapital eines Unternehmens durch die Zahl der in Umlauf gebrachten Aktien teilt. Wird das Grundkapital entsprechend weniger, können natürlich auch Aktienwerte unter dem Nennwert entstehen.
Der Ausgabewert einer Aktie muss aber immer mindestens 1 EUR betragen. Die beiden Begriffe Nennwert und Marktwert sollte man also nicht verwechseln – leider passiert das ab und an. Überlegt man etwas weiter, wird eines klar: Wenn der Wert einer Aktie von mindestens 1 EUR auf – zum Beispiel – 3 Cent gefallen ist, ist eher zweifelhaft, dass es dem Unternehmen wirtschaftlich gut geht. In der Regel geht es solchen Unternehmen wirtschaftlich ziemlich schlecht. Die meisten davon stehen kurz vor der Pleite. Oder kurz dahinter. Wenigstens theoretisch besteht aber immer auch die Möglichkeit, dass eine solche Aktie unterbewertet ist.
Ramschaktien und Aktien von niedrigem Wert
„Ramschaktien“ ist ein Begriff, der oft synonym zu Penny Stocks verwendet wird. Ramsch klingt ein wenig nach wertlosem Plunder, nach billig und abgestanden und kaum lohnenswert. Ein wenig muss man mit diesem Begriff aber vorsichtig sein. Nicht alle Penny Stocks sind „Ramsch“. Aktien mit sehr geringem Wert müssen nicht zwangsläufig minderwertige Papiere sein. Sie sind das aber sehr häufig.
Das „Kostolany-Wunder“
Ein vielzitiertes Beispiel dafür, dass man mit Penny Stocks durchaus Geld verdienen kann, ist das „Kostolany-Wunder“ nach dem Zweiten Weltkrieg. Der 1906 in Ungarn geborene Kostolany war nicht nur Journalist, Schriftsteller und Entertainer sondern auch ein begnadeter Spekulant, der aus einer wohlhabenden jüdischen Industriellenfamilie stammte. Nach der Flucht vor den Nazis in den USA wurde Kostolany Direktor und Hauptaktionär eines Investor-Unternehmens. Sein persönliches „Wunder“ bestand darin, direkt nach dem Ende des Krieges in deutsche Auslandsanleihen zu investieren. Kein Mensch wollte die Papiere – weil niemand damit rechnete, dass sich Deutschland wirtschaftlich je wieder erholen, geschweige denn in der Lage sein würde, seine Schulden und Reparationen zu begleichen – oder dies überhaupt zu wollen. Kostolany setzte darauf – und machte mit deutschen Auslandsanleihen, die zu diesem Zeitpunkt beinahe wertlos waren, in kurzer Zeit ein riesiges Vermögen.
Diese Geschichte wird immer wieder zitiert, wenn man jemandem Penny Stocks verkaufen möchte. Allerdings muss man hier schon genau hinsehen: Auslandsanleihen eines großen Staates sind naturgemäß etwas völlig anderes als die Aktien eines heruntergewirtschafteten Unternehmens, dass es bis kurz vor die Pleite geschafft hat. Die optimistische Aussicht, dass ein Staat sich irgendwie schon wieder erholen wird, ist schon etwas gerechtfertigt: Der Staat an sich wird mit höchster Wahrscheinlichkeit auch weiter bestehen. Zumindest für Deutschland zur damaligen Zeit konnte man sich das zumindest vorstellen. Für ein marodes Unternehmen ohne nennenswerte Aussichten kann man das nicht unbedingt annehmen – in den meisten Fällen gibt es solche Unternehmen kurz darauf nicht mehr. Die Geschichte als leuchtendes Beispiel für die Erfolgsaussichten von Penny Stocks herauszustreichen, ist eher sehr weit hergeholt.
Sieht man sich überdies Kostolany’s Investmentstrategie etwas genauer an, ist auch die nicht besonders vielversprechend: Kostolany war der festen Überzeugung, dass man betriebswirtschaftlichen und volkswirtschaftlichen Gegebenheiten, denen er zutiefst misstraute, so weit wie möglich aus dem Weg gehen sollte – und einfach „nach Gefühl“ und „mit Optimismus“ entscheiden sollte, worin man investiert. Diese Strategie hat ihm in sehr vielen Fällen brutale Verluste beschert, die er oft nur mit Müh und Not durch anderweitige Gewinne auffangen konnte. Insgesamt also nicht wirklich ein Beispiel, dem man folgen sollte.
Kann man mit Penny Stocks Geld verdienen?
Ja, natürlich besteht die Möglichkeit. Auch Unternehmen, die kurz vor der Pleite stehen, oder bei denen sich interessante neue Entwicklungen abzeichnen, können ihren Aktienwert erhöhen. Da man bei Penny Stocks eine große Zahl von Aktien sehr günstig erwerben kann, genügen schon geringe Wertsteigerungen. Wenn Penny Stocks ihren Wert nur von 1 auf 2 Cent erhöhen, bedeutet das immerhin eine Wertverdopplung – also ein Gewinn von 100 %.
Das verlockt immer wieder viele Anleger, in Penny Stocks zu investieren. Es herrscht die Meinung vor, dass eine Aktie, die nur noch 1 oder 2 Cent wert ist, ohnehin kaum mehr fallen kann. Leider ist genau das aber der Trugschluss. Börsenmechanik funktioniert unabhängig davon, welchen Wert eine Aktie hat, bei jeder Aktie gleich. Auch sehr niedrig bewertete Penny Stocks können – genauso wie jede andere Aktie auch – unerwartet fallen. Und ein Verlust von 50 % ist eben genauso schmerzhaft – egal wie viele Aktien man hat, das halbe Kapital ist weg.
Natürlich gibt es auch bei den Penny Stocks unterbewertete Aktien. Unternehmen können eine schwere Krise durchmachen, aber noch gute Aussichten haben, sie irgendwie abzuwettern. Oder einzelne Unternehmen können in letzter Minute das Ruder noch herumreissen und aus dem drohenden Ende noch einen leichten aber stetigen Wiederaufstieg schaffen. Wie hoch die Chancen für so etwas stehen, hängt immer vom jeweiligen Unternehmen ab. Man kann jedoch getrost davon ausgehen, dass die Aktien bei den meisten Unternehmen nicht umsonst beinahe wertlos sind – das bedeutet, das kaum jemand dem Unternehmen noch eine reelle Chance gibt, wieder auf die Beine zu kommen. Natürlich kann es aber auch immer anders kommen, die Frage ist eben nur, ob man tatsächlich sein Geld darauf setzen möchte.
Was man überdies auch nicht vergessen sollte, ist, dass bei Penny Stocks die Volatilität der Aktien in der Regel sogar noch deutlich höher ist als bei anderen Aktien. Das liegt im geringen Handelsvolumen dieser Aktien begründet. Das Risiko beim Investment ist also damit sogar noch unkalkulierbarer. Immer wieder wird erklärt, dass eine Aktie leichter von 50 Cent auf 1 EUR kommt als von 50 EUR auf 100 EUR. Leider ist dem aber eben nicht so – das zeigen viele Studien sehr deutlich. Der Weg von 50 Cent auf 1 EUR fällt Aktien schwerer, als der Weg von 50 EUR auf 100 EUR. Und diese Studien zeigen auch, dass der Weg von 50 Cent auf Null diesen Aktien sehr leicht fällt.
Penny Stocks sind – und das kommt noch erschwerend hinzu – im Allgemeinen nicht an den regulierten Börsen gelistet, mit einigen wenigen Ausnahmen. Penny Stocks sind ein typisches Produkt für den OTC-Handel. Damit fallen auch wichtige Anlegerschutz-Maßnahmen aus, die ansonsten beim Handel mit Produkten an den regulierten Börsen gelten würden. Noch einmal mehr Risiko also.
Überdies sollte man die Gebühren-Situation beachten: Bei so geringen Aktienwerten wiegen die Gebühren übermäßig schwer. Dazu kommt, dass bei weitem nicht alle Broker den OTC-Handel zulassen. Das kann man zwar durch günstige Broker und eine geeignete Brokerauswahl (siehe unseren Broker-Vergleichsrechner) wieder etwas ausgleichen – aber das Verhältnis von Gebühren zu Wert ist selbst dann noch nicht besonders herausragend.
Und noch ein Argument sollten Sie kennen: Wenn man versucht, seine gestiegenen Aktien gleich in Tausenderpaketen wieder auf den Markt zu werfen, drückt so etwas den Kurs beträchtlich – wie immer wenn eine große Zahl von Aktien auf den Markt geworfen werden. Also noch ein weiterer Punkt, bei dem man vorsichtig sein muss. Wenn jemand anders Gewinn gemacht hat, und die Aktien verkauft, kann es passieren, dass Ihr Kurs rutscht.
Theoretisch kann man in einzelnen Fällen aber natürlich mit Penny Stocks auch Geld verdienen – und nicht nur verlieren. Das muss man fairerweise immer wieder dazusagen. Groß sind die Chancen aber nicht.
Strategie „Todesspiralen-Finanzierung“
Ein Erfolgsbeispiel – wenn man es so nennen möchte – hat es vor einiger Zeit auch in die Medien geschafft. Ein Amerikaner hat sein Geld gezielt in Unternehmen investiert, die schon gehörig ins Strudeln gekommen waren, und ist mit solchen Penny Stock Geschäften sehr reich geworden. Gelegentlich wird auch das als Beispiel für den Erfolg im Penny Stock Trading bemüht.
Allzu leuchtend ist dieses Beispiel allerdings nicht, sieht man sich die Bilanz des Vorhabens einmal etwas näher an. Von den insgesamt 80 Unternehmen, denen er Geld geliehen hat, haben bis auf neun Unternehmen alle ihre „Todesspirale“ vollendet. Eine ziemlich üble Bilanz, und etwas, das eigentlich nur funktioniert, wenn man wirklich viel Geld hat – oder einzelne Unternehmen tatsächlich sich als verkannte „Goldgrube“ mit lediglich etwas Kapitalbedarf erweisen. Ein Nachahmen ist wohl eher nicht empfehlenswert.
Aktienspam
Aktienspam beruht auf einem sehr einfachen, grundlegenden Börsenmechanismus: Wenn eine hohe Nachfrage nach einer bestimmten Aktie besteht, treibt das den Kurs nach oben. Gelingt es nun jemandem, der eine Vielzahl von Penny Stocks eines Unternehmens besitzt, die Nachfrage anzukurbeln, steigt der Kurs seiner Aktien und er kann mit Gewinn aussteigen. In dem Moment, wo der Besitzer seine vielen tausend Anteile auf den Markt wirft, fällt der Kurs natürlich rapide – zum Nachteil aller anderen Anleger, die ihre Anteile noch halten. Oft genug hart in Richtung der Null.
Die Möglichkeit, die Nachfrage anzukurbeln, besteht natürlich recht einfach. Es genügt, viele tausend Spam-Mails zu versenden und dort den Penny Stock als „Geheimtipp“ anzupreisen. Das funktioniert ganz gut, denn sobald die ersten Interessenten sich daran machen, dem Geheimtipp zu folgen, sehen die anderen, dass der Kurs tatsächlich steigt – der angebliche „Geheimtipp“ scheint also tatsächlich zu stimmen. Das zieht noch mehr Interessenten an, und der Kurs steigt weiter.
Wenn der Spammer das ausgereizt hat, wirft er seine Aktien auf den Markt und steigt aus. Die geprellten Anleger schauen dabei buchstäblich „in die Röhre“ – und sitzen danach auf einem Berg von Aktien, die nun nicht mehr steigen, da niemand mehr spamt. Im Gegenteil, durch das auf-den-Markt-werfen der vielen Aktien des ursprünglichen Spammers rutscht der Kurs sogar rapide ab. Oft, um sich dann nie wieder zu erholen, sondern schön langsam weiter zu sinken.
Natürlich ist das nicht legal – es ist sogar ein Straftatbestand. Weist der Spammer nicht ausdrücklich und wirksam auf seinen bestehenden Interessenskonflikt (immerhin ist er „Großaktionär“) hin, und die Aktie steigt oder fällt, ist der Tatbestand der Marktmanipulation erfüllt – mit entsprechend geltendem Strafmaß (Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe). Geht das Aktienspamming nicht auf, und bewegt der Kurs sich nicht, ist das lediglich eine Ordnungswidrigkeit, für die aber auch ein Bußgeld verhängt wird, das nicht von schlechten Eltern ist. Den Gerichten steht hier immerhin ein Spielraum von bis zu einer Million Euro als Bußgeld zur Verfügung.
Zudem stellt das Spammen an sich ja schon eine Straftat dar, weil es gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) verstößt. Das Strafmaß ist hier durchaus drastisch – 50.000 Euro Bußgeld, bis zum Zehnfachen, wenn der Spammer auch noch seine Identität verschleiert.
Alle diese drakonischen Strafandrohungen scheinen aber nicht viel zu nützen – immer wieder gibt es Versuche, Aktienspamming durchzuziehen, überdurchschnittlich häufig mit Penny Stocks. Sie bieten sich einfach wegen des geringen Preises und der eher mangelhaften Kontrolle auf dem OTC-Markt dafür einfach geradezu an.
„Scalping“ – was bedeutet das?
Scalping ist die etwas legaler erscheinende Methode des Aktienspams – die für die Finanzaufsichtsbehörden oft noch schwieriger zu ahnden ist. Gemeint ist damit nicht das Gewinnen an sehr kleinen Kursbewegungen, wie es Daytrader auch – beispielsweise im Forex-Bereich – gerne tun, und in ihren Kreisen auch als „Scalping“ bezeichnen.
Gemeint ist hier vielmehr das verbreiten von sehr positiv klingenden Bewertungen einzelner Aktien oder das Anpreisen von „Geheimtipps“ nicht über Spam, sondern auf offiziellen Kanälen und in öffentlichen Medien. Die Journalisten, gelegentlich auch Börsengurus oder andere „öffentliche“ Personen sind in diesem Fall selbst Inhaber einer großen Zahl von Aktien. Das sind nicht immer Penny Stocks, aber auch immer wieder. In der Regel werden die Berichte so gehalten, dass es schwierig ist, die Marktmanipulation festzumachen. Grundsätzlich verstößt ein solcher Interessenskonflikt, wenn man ihn verschweigt, zwar immer gegen journalistischen Codex der Transparenz, das zieht aber kaum nennenswerte Strafen nach sich.
Für die Finanzmarktaufsicht ist dagegen die Verfolgung von Scalping-Straftaten schwierig. Immerhin gibt es eine Meinungs- und Pressefreiheit – und das bloße „Schönreden“ von bestimmten Aktien wird davon weitgehend noch gedeckt. Einen Vorsatz zur Marktmanipulation kann man dann juristisch oft nur schwer nachweisen. Damit ist auch eine Strafverfolgung – jedenfalls nach deutschem Recht – häufig in der Praxis unmöglich. Die Verfahren können mangels Vorsatz oft kaum eröffnet werden, oder das Verfahren wird später eingestellt. Die Nachteile müssen dann vielfach die Anleger ausbaden.
Unser Fazit zu Penny Stocks
Zieht man alles in Betracht, sind Penny Stocks eine sehr riskante Möglichkeit, Geld anzulegen. Im einen oder anderen Fall mag es gelingen, damit Geld zu verdienen und Gewinne zu machen, die Verluste werden aber sicherlich viel häufiger sein. Und wer auf „Geheimtipps“ und Aktienspam hereinfällt, der hat meist ohnehin von Anfang an schon verloren. Vielleicht also wirklich besser, wenn man um Penny Stocks einen großen Bogen macht.
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