Anleger haben schon länger wenig Anlass zur Freude. In Zeiten expansiver Geldpolitik sind die Zinssätze immer weiter gesunken (Hier finden Sie die aktuellen Zinssätze auf Tages- und Festgeld). Erst im September zerschlugen sich Hoffnungen auf eine Zinswende in den USA. Und angesichts der Probleme in China und manchen Schwellenländern sowie der weiter schwächelnden Konjunktur im Euro-Raum deutet derzeit nicht viel auf einen grundlegenden Zinsanstieg hin.
Der reale Weltzins – schon seit 25 Jahren rückläufig
Ganz im Gegenteil, manches spricht dafür, dass die Zinsen – auch unabhängig von Notenbank-Entscheidungen und Konjunktur-Schwankungen – dauerhaft niedrig bleiben. Mit dem Phänomen sinkender Zinsen haben sich Lukasz Rachel und Thomas Smith, zwei Experten der Bank of England, in einer Untersuchung befasst. Die beiden Autoren versuchen, unterschiedliche Einflüsse für den langfristigen Zinsrückgang weltweit zu analysieren.
Ihr Untersuchungsgegenstand ist der sogenannte reale Weltzins. Der Weltzins ist ein virtueller Zinssatz, der als Durchschnittswert aus der Rendite zehnjähriger Staatsanleihen führender Industrieländer abgeleitet wird. Betrachtet wird dabei der reale Zins – das heißt, das Zinsniveau nach Abzug der Inflation. Damit kann sich die Untersuchung auf die Zinsentwicklung losgelöst von Inflationseffekten konzentrieren. Tatsächlich haben niedrige Inflationsraten die Nominalzinsen ebenfalls sinken lassen. Darüber hinaus ist aber auch der reale Weltzins seit der ersten Hälfte der 1990er Jahre mehr oder weniger kontinuierlich rückläufig. Lag er damals bei rund 5 Prozent, bewegt er sich derzeit deutlich unter einem Prozent. Auf 25 Jahre betrachtet ist er um gut vier Prozentpunkte gesunken.
Das sind die Ursachen
Zu den Ursachen bieten Rachel/Smith interessante Erkenntnisse, die nachfolgend kurz zusammengefasst werden:
- ein Prozent des Zinsrückgangs geht danach auf das Konto eines global langsameren Wirtschaftswachstums, das mit der sich allmählich abschwächenden Bevölkerungsdynamik und niedrigeren Produktivitätszuwächsen erklärt wird;
- fast ebenso bedeutsam ist der demografische Faktor. Damit ist der heute überproportional hohe Anteil arbeitender Menschen an der Weltbevölkerung gemeint, der mit entsprechend hohen Sparquoten einhergeht. Er ist für 0,9 Prozentpunkte des Zinsrückgangs verantwortlich;
- 0,45 Prozentpunkte werden der zunehmenden Ungleichverteilung in der Welt zugemessen. Wo viel Vermögen in den Händen weniger konzentriert ist, ist die durchschnittliche Sparneigung höher;
- einen geringen Erklärungsanteil weisen die Autoren der vieldiskutierten Ersparnisschwemme-These des früheren US-Notenbankchefs Bernanke zu. Er hatte sinkende Zinsen mit einem Spar-Überangebot in überalterten Gesellschaften bei gleichzeitig geringerer Investitionsneigung begründet. Nur 0,25 Prozent des Zinsrückgangs sind darauf zurückzuführen.;
- einen größeren Einfluss hat hingegen die Investitionsseite. Hier sind mehrere Ursachen für sinkende Zinsen verantwortlich: höhere Investitionsrisiken (0,7 Prozent), ein festzustellender Preisverfall bei Kapitalgütern (0,45 Prozent) und weniger öffentliche Investitionen (0,2 Prozent).
Dauerhaft niedriges Zinsniveau prognostiziert
In der Konsequenz prognostizieren Rachel/Smith ein weiterhin niedriges Zinsniveau in den kommenden Jahren. Sie werden dabei durch andere Untersuchungen bestätigt, die mit zum Teil anderer Methodik zu ähnlichen Ergebnissen gelangen. Für Anleger bestehen daher wenig Aussichten auf eine dauerhafte Zinswende.