Neue Seidenstraße: Das Spiel mit den Schulden – und eine neue grundlegende Veränderung in der Finanzwelt

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Neue Seidenstraße: Das Spiel mit den Schulden – und eine neue grundlegende Veränderung in der Finanzwelt

Chinas Projekt „Neue Seidenstraße“ wird in Europa vielfach kritisiert und grundsätzlich mit viel Argwohn betrachtet. Nur wenige sehen es als echte Chance.

In der oft pingeligen und von Xenophobie geprägten Debatte im Westen wird dabei ein Thema viel zu wenig eingehend betrachtet: Chinas massive weltweite Investitionen – und vor allem ihre möglichen globalen Folgen. Dabei hat das Voranschreiten von Chinas großem Projekt die weltweite Finanzwirtschaft bereits deutlich verändert. Investiert wird auch in Europa – auch das übersehen wir gerne.

Gigantisches Investitionsvolumen weltweit

Anders als viele westliche Staaten neigt China eher weniger dazu, mit irgendwelchen Zahlen zu prahlen – sondern hält sich, auch was seine Investitionen angeht, mit überall kolportierten Informationen eher zurück. Ein weiterer Grund für die relativ dünne Erkenntnislage in den westlichen Staaten und in Europa ist auch, dass wir hier üblicherweise von unseren Nachbarn so gut wie alles wissen – von China allerdings wissen wir nur wenig. Dafür sind auch die Beziehungen noch lange nicht gut und vertraut genug.

Wenn es um die offizielle Höhe von Chinas Investments im Ausland geht, veranschlagen Experten den Wert mit rund 5,3 Billionen Euro. Das ist eine gigantische Summe. Eine neue Studie kam dagegen erst kürzlich zu dem Schluss, dass es durchaus auch um bis zu 50 % mehr sein könnten.

Ganz grundsätzlich könnte man nun einmal die alte Weisheit anbringen, die auch für jeden Anleger gilt: „Geld bewegt die Welt“. Sehr viel Geld, wie im Falle von Chinas enormen Investments, bewegt die Welt damit noch deutlich mehr. Es ist also an der Zeit, sich einmal gedanklich damit zu beschäftigen, in welche Richtung dieses viele Geld die Welt bewegt – und mit welchen Folgen.

Dabei sollten wir einmal die xenophobische Brille abnehmen und aufhören, gegen einen eingebildeten Feind Schattenboxen zu betreiben und uns vor der „Chinesisierung“ der Welt zu fürchten, sondern einmal mit klarem Verstand und nüchternem Blick abschätzen, was hier vor sich geht, und welche Veränderungen auf uns zukommen.

Dass Europa mit einem solchen Investitionsvolumen nicht mithalten will – und vielleicht auch nicht kann – scheint klar. Dann müssen wir uns allerdings vor Augen halten, dass es Folgen haben wird, wenn ein anderer massiv dort investiert, wo wir es nicht tun. Geld bewegt immerhin die Welt – immer noch.

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Die Macht von Gläubigern

Wer sich viel Geld von einem anderen leiht, steht im Allgemeinen danach in irgendeiner Form in dessen Abhängigkeit. Man steht ständig unter dem Druck, dass man noch Schulden hat – die man bezahlen muss.

Gläubiger haben also grundsätzlich Macht, weil man bei ihnen in der Kreide steht – und weil sie die aushaftenden Beträge bei irgendwelchen Differenzen immer auch sofort zurückfordern können. Und wenn es einem wirtschaftlich schlecht geht, muss man daneben nicht nur auf die eigene finanzielle Lage achten, sondern auch darauf, dass man seine Gläubiger ebenfalls bedienen muss.

Nutzt ein Gläubiger seine Macht gezielt aus, kann das Menschen – und auch Staaten – gehörig unter Druck setzen. Man muss liefern, ob man gerade kann oder nicht.

Ganz anders sieht die Sache natürlich aus, wenn man, wie die meisten europäischen Staaten, gegenseitig verschuldet ist. So wie etwa Deutschland und Großbritannien, die sich gegenseitig rund ein Fünftel ihres BIP schulden. Großbritannien ist damit zwar Deutschlands größter Gläubiger im Ausland – dadurch, dass Großbritannien aber Deutschland rund ebenso viel schuldet, kann sich keiner der beiden erlauben, sehr viel Druck wegen der Schulden zu machen. Das bliebe damit immer Rhetorik, denn im Gegenzug würde die andere Seite dann ja auch die aushaftenden Beträge verlangen – und damit hat sich das Druckmittel irgendwie erledigt.

Schulden sind also nicht immer gleich Schulden – und in manchen Fällen haben Gläubiger Macht.

So sehen chinesische Kredite aus

Chinesische Investitionen werden nicht einfach von irgendwelchen chinesischen Geldgebern getätigt – sondern stammen in der Mehrzahl aus zwei chinesischen Staatsinstitutionen. Die chinesische Regierung behält bei den allermeisten Investments also die Zügel immer fest in der Hand.

Investiert wird hauptsächlich über Kredite, die man den betreffenden Ländern gewährt. Das ist insbesondere für wirtschaftlich schwächere Länder eine sinnvolle Strategie. Denn was Schwellenländer und wirtschaftlich schwache Staaten vor allem brauchen, ist Geld. Nur mit Geld lassen sich Investitionen in die Wirtschaft tätigen und so die Wirtschaft und der Wohlstand stärken. Ohne Investitionen in eine Wirtschaft kann diese auch nicht wachsen – das ist ein Grundprinzip.

Diese Investitionen müssen nicht zwangsläufig aus ausländischen Krediten stammen – für viele ärmere Staaten gibt es aber keinen anderen Weg. Geldmittel im eigenen Land sind nicht in wirksamer Höhe vorhanden und selbst wenn, würde sich ein Vermögender in Staaten wie Sri Lanka oder Kenia nicht dem Risiko aussetzen, sein Geld ausgerechnet in die marode Wirtschaft des eigenen Landes zu pumpen oder jedenfalls nur zu einem sehr kleinen Teil. So, dass es dem hohen Risiko angemessen ist.

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Damit bleiben die ausländischen Kredite also der einzig mögliche Startpunkt für überhaupt irgendeine Art Wachstum.

Wenn es um die Kreditbedingungen geht, sind Chinas Investitionskredite, vor allem in Schwellenländern, sicherlich keine wohlmeinenden Geschenke. Man könnte sagen, die Bedingungen sind „marktüblich“ – allerdings gemessen an unseren Standards.

Billiges Geld oder faire Bedingungen?

Sieht man sich deutsche Entwicklungshilfe-Darlehen an, sind das Finanzspritzen zu relativ gemäßigten Konditionen. Das scheint auf den ersten Blick recht nett von uns zu sein – andersherum kann man das allerdings auch als „billiges Geld“ sehen, das zwar gern angenommen wird, aber am Ende nicht viel Veränderung bewirkt, weil man es leicht zurückzahlen kann.

Bei straffen chinesischen Investitionsdarlehen sieht das anders aus: Hier muss man sich durchaus anstrengen, um die Kredite bedienen zu können. Die Wirtschaft muss leisten, das Geld muss sinnvoll und wirksam investiert werden und am Ende muss daraus Wachstum entstehen. Dahinter steht also solider Druck. Vielleicht ist das aber auch ganz gut so.

Sehen wir uns die Entwicklungspolitik der letzten Jahrzehnte an, besonders in Ländern wie Afrika, müssen wir wohl ehrlich zugeben, dass das viele in den Kontinent gepumpte Geld und die zahllosen Spenden nicht allzu viel bewirkt haben. Der Lebensstandard der Menschen hat sich nicht signifikant verbessert – in den meisten Fällen nur soweit, dass wir einen kleinen zusätzlichen Absatzmarkt für einige Produkte hatten.

Investitionen auf chinesischem Niveau fordern einen Staat hingegen. Dahinter steht ein solider Druck, sich anstrengen zu müssen, etwas bewegen zu müssen und voranzukommen – weil man sonst die Kredite in Zukunft nicht bedienen wird können. Dabei ist es egal, ob die jeweiligen Regierungen das gerade wollen oder können – sie müssen. Damit sind, verwöhnt von jahrzehntelangen billigen Entwicklungshilfekrediten, einige Staaten wohl überfordert.

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Die Chinesen fackeln dann nicht lange: Wer seine Schulden nicht bezahlen kann, muss dann eben anders bezahlen. So wie eine westliche Bank einen privaten Schuldner, der es einfach nicht auf die Reihe bekommt, seinen Kredit zu bedienen, einfach irgendwann pfändet. So sichern sich die Chinesen eben auch Häfen oder Industrieanlagen als Ausgleich für die nicht geleisteten Zahlungen. Dahinter steckt kein böses Kalkül, sondern einfach ein Pochen auf dem Einhalten von geschlossenen Verträgen – so, wie wir das auch machen. Jedenfalls mit gewöhnlichen Schuldnern. Leistung aus einem Vertrag zu verlangen und notfalls zu pfänden ist einfach nur fair und gerecht – und es spornt den Schuldner an, sich anzustrengen.

Es mag stimmen, dass China vor allem in hoch überschuldete Staaten investiert – auf der anderen Seite liegen eben solche Staaten aber einfach im geografischen Interessensbereich der Neuen Seidenstraße. Auch in Italien, Griechenland, Portugal und Spanien gibt es chinesische Investments – zu ähnlichen Bedingungen.

China sieht das so, dass jede Regierung eines ausreichend großen Landes sehr gut selbst in der Lage ist, zu entscheiden, von wem es wie viel Geld annimmt. Eine Abstimmung mit der EU und ihrer Vorstellung von Politik hält man nicht für nötig. Zumal klar ist, dass die Politik des Euroraumes für diese Länder offensichtlich versagt hat und keine wirtschaftliche Wende und keinen soliden Aufschwung gebracht hat.

China bietet diesen Ländern mit den Investitionen einfach eine weitere Chance, endlich wirtschaftlich leistungsfähig zu werden und eine Wende zu erreichen. Ob sie diese Chance nutzen oder nicht, bleibt dem jeweiligen Land überlassen – das gilt sowohl für europäische Länder als auch für Schwellenländer.

Im nächsten Teil unseres Beitrags werden wir darauf eingehen, ob und in welchem Umfang Investments in hoch verschuldete Staaten sinnvoll sind – und wo die Risiken für China selbst dabei liegen.

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