Die Klimaschutzdebatte erreicht gerade einen neuen Höhepunkt. Sehr langsam beginnt sich auch der Dinosaurier Politik schwerfällig in Bewegung zu setzen – und die wirklich harten Standpunkte dafür und dagegen prallen laut aufeinander, die technischen und wirtschaftlichen Unmöglichkeiten werden einander den ganzen Tag über gegenseitig an den Kopf geworfen. Auch eine immer größere Zahl der „gewöhnlichen Bürger“ kommt zu der Einsicht, dass jetzt endlich tatsächlich einmal etwas getan werden muss, dass es große Veränderungen geben muss. Schließlich stellt man als Bürger und Steuerzahler ja gewissermaßen die „große Masse“ dar, damit muss doch etwas in Bewegung zu bringen sein, da muss sich doch etwas tun lassen. Aber wie? Und was genau?
Money Makes the World Go Round
Dieser alte Spruch hat tatsächlich weitaus mehr und tiefer gehende Bedeutung, als den meisten „gewöhnlichen Bürgern“ tatsächlich bewusst ist. In unserer modernen Welt (sowohl in den reicheren als auch in den ärmeren Gebieten) geht tatsächlich alles nur und ausschließlich um Geld, um die Chance, Geld zu verdienen oder das Risiko, Geld oder Einnahmemöglichkeiten zu verlieren. Es geht immer nur um Geld – überall und immer. Wem das endlich bewusst geworden ist, der wird an die ganze Sache wahrscheinlich etwas pragmatischer herangehen – und vielleicht tatsächlich etwas bewegen können.
Andere Werte als der schnöde Mammon haben in der Realität vielleicht gerade noch in abgeschiedenen religiösen Randgruppen irgendwo in den Bergen einen Einfluss auf Entscheidungen – und nicht einmal dort ist sichergestellt, dass Geld und finanzielle Unterstützung oder Absicherung nicht doch die eine oder andere Entscheidung aus moralischen Gründen schlicht überlagern würde. Die sozialromantische Idee, dass die Menschheit irgendwelche obskuren „Werte“ entdeckt und sich plötzlich alles ändert, gehört ins Reich der zwar netten, ansonsten aber völlig unrealistischen Hoffnungen. Nichts könnte ferner von der tatsächlichen Realität sein. Das muss man akzeptieren.
Damit erweisen sich auch Pläne wie „weltweiter Konsumverzicht“ als nur wenig gangbarer Weg. Wenn man ein Produkt kaufen kann, dann wird es auch immer eine Menge Menschen geben, die ein solches Produkt tatsächlich kaufen. Alle fahren mit dem Fahrrad, nur Otto kauft sich ein Auto. Damit wird Otto jetzt zum König der Landstraße und fährt warm, trocken und dreimal so schnell. Das wird sich Otto höchstwahrscheinlich nicht nehmen lassen – und das möglicherweise mit allen an den Haaren herbeigezogenen Argumenten zu rechtfertigen versuchen. Sehr lehrreiche Situation in diesem Zusammenhang: Tausende demonstrieren gegen die klimaverpestende Kreuzfahrtindustrie, Aussage eines befragten, gerade eincheckenden Kreuzfahrt-Teilnehmers: „Ja, das ist absolut verständlich und da sollte man auch etwas tun, steh ich voll hinter. Aber wir machen jetzt erst mal unsere Kreuzfahrt, die ist schließlich schon gebucht.“ Das bringt es ziemlich genau auf den Punkt. Persönlicher (vermeintlicher) Verlust sticht Werte – wie der König die Fünf in jedem Kartenspiel. Eine Grundregel, die immer gilt.
Die wahre Macht des Geldes
Denkt man an diesem Punkt konsequent weiter, würde ein kompletter Konsumverzicht immer dann funktionieren, wenn tatsächlich niemand mehr ein bestimmtes Produkt konsumiert – was sehr unwahrscheinlich ist – und wenn es keine „Ausweich-Märkte“ gibt. Die gibt es aber fast immer, zur Not in Schwellenländern oder armen Regionen, die „auch gern einmal etwas haben wollen“. Hatten sie bis jetzt ja nie.
Kunden für irgendetwas, und sei es noch so klimaschädlich, finden sich am Ende immer – irgendwo auf irgendeine Weise. Für Unternehmen, die ja genau wie Menschen auch einen Überlebensinstinkt haben, stellt sich allerdings eine andere Frage, nämlich: „Reicht das?“
Unternehmen brauchen nämlich neben zahlungskräftigen Kunden, die tatsächlich noch eine sinnvolle Menge an Umsatz ermöglichen, auch noch etwas anderes ganz dringend: Geld für Investitionen. Bleibt dieses Geld aus, sieht es mit dem Überleben des Unternehmens mittelfristig auch mau aus. Egal wie viel Umsatz man noch erwirtschaftet, der Niedergang des Unternehmens ist dann eingeläutet.
Genau die gleich Strategie verfolgt übrigens die Politik sogar im Bereich der Kriminalitätsbekämpfung. Wenn alle Mittelzuflüsse konsequent „ausgetrocknet“ werden, hat das selbst für enorm reiche Drogenkartelle mit horrenden Umsätzen überraschend schnell drastische Folgen.
Hier tut sich also ein sehr sinnvoller und tatsächlich gangbarer Weg auf, mit dem gerade die Masse der Menschen sehr große Veränderungen auf den Weg bringen kann. Wem die Mehrzahl ihr Geld als Investition gibt, bestimmt am Ende, was und wie produziert wird. Wenn wir also aufwachen und aus unserem gepflegten Gefühl der Gleichgültigkeit und Unbeteiligtheit herauskommen, lässt sich durchaus einiges bewegen. Es kann mit der Macht der Investitionen gesteuert werden.
Nachhaltige und ethische Anlagen? Nie gehört….
Das ist tatsächlich so. Nach einer jüngst durchgeführten Studie der BaFin haben rund 60 % (!) der Befragten überhaupt keine Ahnung, was „nachhaltige Geldanlagen“ sind oder überhaupt sein könnten. 93 % aller nachhaltigen und ethischen Geldanlagen befanden sich am Ende des Jahres 2018 immer noch in der Hand von Versorgungseinrichtungen, kirchlichen Trägern oder einzelnen Versicherungen. Die „Masse“ scheint daran kein wie auch immer geartetes Interesse zu haben. Möglicherweise sollten wir das ein wenig ändern.
Aktuell beträgt das Nettovermögen allein der 40 Millionen deutschen Haushalte nach Abzug aller Schulden der Bundesbank zufolge im Durchschnitt 232.800 EUR. Rechnet man das hoch, ergibt das eine unglaubliche Menge Geld. Das ist natürlich nur ein Teil der Wahrheit, gerade in Deutschland gibt es ein ziemliches Ungleichgewicht bei der Verteilung von Vermögen, das ärmere Viertel des Landes hat keinerlei Rücklagen, die ärmsten 5 % haben sogar eine Negativbilanz – sprich Schulden statt Guthaben. Investiert wird dabei nur wenig in Aktien und Immobilien sondern vorzugsweise in subjektiv als risikoarm empfundene Anlageprodukte (Stichwort: Eckzinssparbuch und Bausparvertrag), der stark veränderten Finanzwelt trägt das Anlageverhalten wenigstens hierzulande weithin noch kaum Rechnung. Dennoch bleibt die Vermögenszahl im Raum stehen: Die „Masse“ hat ein enormes finanzielles Gewicht. Wenn sie ihr freies Vermögen gezielt nur mehr in Dinge investieren würde, die nachhaltig und ethisch vertretbar sind, hätte das enorme Auswirkungen. Von „machtlos“ kann also keine Rede sein. Die westliche Welt besteht außerdem auch nicht nur aus Deutschland, es geht am Ende also noch um viel mehr Geld und um potenziell noch viel mehr möglichen finanziellen Druck.
Was ist überhaupt nachhaltig und ethisch vertretbar?
Daran scheitert es natürlich schon einmal ganz zu Anfang: an der Unwissenheit, der Unkenntnis und dem mangelnden Interesse. Aus diesem Grund wollen wir diesen anscheinend weit verbreiteten Mangel an Kenntnis hier einmal kurz beheben.
Rund die Hälfte der Befragten in der BaFin-Studie verwechselte „Nachhaltigkeit“ mit „Sicherheit“ bei der Anlage. Das zeigt nur wieder, wie stark wir auf unseren eigenen, persönlichen Vorteil und unsere eigenen Gewinne fixiert sind und alles andere konsequent ausblenden.
Ein Kriterium von Anlagen ist natürlich die Sicherheit, ein anderes die Höhe der zu erwartenden Rendite. Das ist auch bei allen nachhaltigen und ethisch vertretbaren Investments nicht anders.. Bei nachhaltigen Anlagen kommt dann aber noch eine weitere Dimension hinzu: die ESG-Kriterien.
Sie stellen zum üblichen Anlagedreieck aus Liquidität, Sicherheit und Rentabilität (Rendite) noch eine vierte Dimension und verwandeln das klassische Dreieck damit in ein modernes Viereck.
ESG steht für
(E)= Environment
(S)= Social
(G)= Governance
Beleuchtet werden dabei die Auswirkungen des Investments auf die Umwelt (Environment), auf die soziale Verträglichkeit des Investitionszwecks (Social) und Governance steht für eine ethisch und moralisch vertretbare Unternehmensführung.
ESG ist heute ein Standard in der Finanzwelt für die Bewertung der Nachhaltigkeit von Investments. Diese Kriterien und Investments sind fest definiert und führen dazu, dass einzelne Anlagemöglichkeiten aus einem nachhaltigen Portfolio ausgeschlossen werden. Anhand der ESG-Kriterien lassen sich allerdings nur bereits bestehende Anlagemöglichkeiten in bestimmte Schubladen wie „nachhaltig“ und „weniger nachhaltig“ einsortieren, das hat an sich noch keine großen Auswirkungen sondern ist lediglich ein „Label“ für Anlagemöglichkeiten.
Das ist also nur die eine Seite beim ethischen Investment – die andere Seite sind nachhaltige Investitionsstrategien, die unterschiedlich aussehen können. Im zweiten Teil unseres Beitrags wollen wir genau diese Strategien einmal eingehend beleuchten und festmachen, welche Möglichkeiten als Privatanleger bestehen, ethisch und nachhaltig zu investieren und konkret bestimmte Ziele mit seinen Investments zu verfolgen, von denen man dann immer noch finanziell profitiert. Lesen Sie also hier weiter.