ETF – börsengehandelte Indexfonds – haben in den vergangenen Jahren eine erstaunliche Erfolgsgeschichte hingelegt. Lag das globale ETF-Volumen 2008 noch bei knapp 800 Milliarden US-Dollar, hat es sich inzwischen auf fast 3 Billionen US-Dollar gesteigert. Längst beschränken sich die Fonds nicht mehr auf reine Indexnachbildung. Unter dem Schlagwort “Smart Beta” sind mittlerweile etliche ETF eingeführt worden, die besser abschneiden wollen als der jeweilige Referenzmarkt. Dazu werden die zurunde liegenden Indizes modifiziert. Eine der jüngsten Innovationen in diesem Bereich sind sogenannte Multi Factor-ETF. Worum geht es dabei?
Smart Beta bei Indexfonds
Um dies zu verstehen, ist es hilfreich, sich zunächst nochmals das Konzept von Smart Beta-ETF zu verdeutlichen. Ein “normaler” Indexfonds versucht einen Marktindex möglichst exakt abzubilden, indem Wertpapiere in genau der Zusammensetzung und Gewichtung erworben werden, in der sie auch im Referenzindex enthalten sind. Die Gewichtung orientiert sich dabei üblicherweise an der Marktkapitalisierung. Smart Beta-ETF modifizieren den Index, indem sie die Gewichtungen verändern oder bestimmte darin enthaltene Papiere “ausfiltern”, ggf. auch beides. Mit diesen “Manipulationen” soll ein besseres Ergebnis erzielt werden, als durch den Kauf des Gesamtmarktes.
Für eine solche gezielte Auswahl gibt es im Prinzip eine unbegrenzte Anzahl an Möglichkeiten. Bei Aktien werden zum Beispiel gerne nur Titel berücksichtigt, die besonders dividendenstark sind, geringe Kursschwankungen aufweisen, gute Fundamentaldaten besitzen usw.. Aus dem Ursprungsindex wird dann ein modifizierter Index konstruiert, an den die Entwicklung des ETF gekoppelt ist. Eine theoretische Grundlage bietet u.a. das Drei-Faktoren-Modell von Fama/French, in dem gezeigt wird, dass die Aktienrendite nicht nur von Marktrisiko, sondern auch von der Unternehmensgröße und dem Buch-Marktwert-Verhältnis abhängt. Mit der gezielten Konzentration auf kleinere Unternehmen oder Titel mit besonderem Wertsteigerungspotential lassen sich dann ggf. Überrenditen erzielen. Dies versucht ein Smart Beta-ETF.
Mehr als ein Kriterium
Ein Multi Factor-ETF stellt dabei eine spezielle Variante dar. Die Grundidee des Multi Factor-ETF besteht darin, dass nicht nur ein Kriterium zur Indexmodifikation genutzt wird wie bei herkömmlichen Smart Beta-Konzepten, sondern gleich mehrere. Mit dieser Veränderung des ursprünglichen Referenzindexes sollen die Chancen für zusätzliche Renditen quasi multipliziert werden. Der Indexfondsanbieter iShares (BlackRock) ist der erste gewesen, der solche Produkte an den Markt gebracht hat. Andere Fondsgesellschaften sind mittlerweile gefolgt und es könnten noch mehr werden. Das Konstruktionsprinzip wird im Folgenden am Beispiel des iShares “Factor Select MSCI World UCITS ETF” (WKN: A14YPA; ISIN: IE00BZ0PKT83) erläutert.
Grundlage dieses Multi Factor-ETF ist der MSCI World-Index, in dem über 1600 Aktien aus 23 Industrieländern enthalten sind. Aus diesem Basisindex wird der sogenannte “MSCI World Diversified Multiple-Factor Index” abgeleitet. Dieser Index enthält eine Auswahl von Aktien aus dem MSCI World-Index, die bestimmte Kriterien erfüllen:
- Value: setzt auf Unternehmen mit hohem Gewinn bzw. Cash Flow im Verhältnis zum Aktienkurs;
- Qualität: konzentriert sich auf Werte mit hoher Eigenkapitalrendite und soliden Erträgen;
- Momentum: bezieht sich auf Aktien mit hohem Kursanstieg oder niedrigen Kursschwankungen innerhalb der letzten Monate;
- Größe: setzt bevorzugt auf mittelgroße Unternehmen.
Die Gewichtung der Aktien erfolgt dabei nicht nach der Marktkapitalisierung wie sonst üblich, sondern gleichmäßig. Die Indexzusammensetzung wird halbjährlich überprüft und angepasst.
Erfolgsnachweis steht noch aus
Nach iShares-Berechnungen konnte mit einer solchen Multi-Faktor-Strategie im Zeitraum 1999 bis Mitte 2015 eine Outperformance von vier Prozent erreicht werden. Der ETF ist allerdings erst seit Anfang September 2015 am Markt und muss den Nachweis seines Erfolgs erst noch erbringen. Unumstritten sind Smart Beta-ETF nicht. Dies gilt auch für Multi Factor-ETF. Denn sie laufen dem Grundgedanken des passiven Investierens eigentlich zuwider. Danach soll mit einem ETF lediglich eine Marktentwicklung nachvollzogen werden. Smart Beta bringt dagegen eine spekulative Komponente nach festen Regeln mit ein. Wie Sie auch dazu stehen mögen – bei uns finden Sie einen günstigen Diskontbroker für Ihren ETF-Handel. Nutzen Sie dazu einfach unseren Depotkonto-Vergleichsrechner!
Weiterführende Links
- Breite Streuung durch ETFs
- Was ist der MSCI World und wie kann ich investieren?
- Wie kann man Fonds kaufen?
- Wie sind Indexfonds entstanden?
- Was ist ein ETF-Sparplan?