In dieser Folge kommt ein bisschen Abwechslung in unseren Blog. Wir berichten heute nicht über Finanzprodukte oder Anlagestrategien für Kleinanleger, denn wir haben uns vor einiger Zeit mit Gerald Hörhan, einem Experten auf dem Gebiet der Finanzwirtschaft, getroffen und ein zweistündiges Interview mit ihm geführt.
Gerald Hörhan spricht über Investmentbanker, das Schlusystem, eine Verwaltungsreform, die Politik und die Zukunft Europas. Weiteres gibt er dem Kleinanleger wertvolle Tipps beim Investieren und klärt wie man Anleihen und Aktien kaufen soll und auf was man bei Sachwerten achten muss.
DieKleinanleger: Hallo Gerald! Wir freuen uns sehr, dass wir dich heute begrüßen dürfen und bedanken uns schon einmal im Vorhinein für deine Zeit. Erzähl uns und unseren Lesern doch einmal, wer du bist und was du genau machst.
Gerald Hörhan: Ich darf euch auch ganz herzlich begrüßen und freue mich natürlich auch, dass ich heute bei euch sein kann. Mein Name ist Gerald Hörhan, ich bin 36 Jahre jung, bin Investmentbanker, Immobilienbesitzer, Buchautor und besitze mehrere Unternehmen und Unternehmensbeteiligungen.
DieKleinanleger: Vor allem über den Beruf „Investmentbanker“ wird viel Negatives berichtet. Warum ist das so und wie reagierst du auf diese ständige Kritik?
Gerald Hörhan: Ich glaube, dass die meisten Leute gar nicht wissen, was ein Investmentbanker genau macht. Man muss hier zwischen dem, was wir tun – dem klassischen Investmentbanking – und dem, was große Investmentbanken tun, nämlich spekulieren, unterscheiden.
Wir beschaffen auf der einen Seite für große und mittelständische Unternehmen Kapital, das nennt sich Kapitalbeschaffung, und verkaufen auf der anderen Seite Unternehmen wenn z.B. der Eigentümer in Pension gehen will, das nennt sich Mergers & Akquisition. Das ist ein legitimes Geschäft, das es schon immer gegeben hat und es vermutlich auch noch lange Zeit geben wird.
Es stimmt, dass die großen Investmentbanken wie Goldman Sachs, JP Morgan etc. im Laufe der Zeit vom klassischen Investmentbanking abgekehrt sind und sich im Spekulieren geübt haben, mit teilweise dramatischen Folgen, unter anderem auch dem Niedergang einiger dieser großen Banken.
DieKleinanleger: Wo siehst du den Grund für diese Spekulation? Ist das klassische Investmentbanking zu langweilig geworden?
Gerald Hörhan: Meiner Meinung nach gibt es hierfür zwei Gründe. Erstens, werden für Führungskräfte die falschen Anreizsysteme gesetzt. Nach dem Motto, „je mehr du riskierst, desto mehr wirst du verdienen“ werden unglaubliche Risiken in Kauf genommen. Gehen diese Spekulationen schief, verlierst du deinen Job und suchst dir eine andere Bank. Geht alles gut, verdienst du einen Haufen Geld und zockst weiter.
Der zweite Grund ist, dass große Firmen und Konzerne keine Eigentümer mehr haben. Es gibt viele Aktionäre, die aber nur an kurzfristigen Gewinnen und Renditen interessiert sind.
Das ist bei kleinen Unternehmen, wie meiner Pallas Capital, nicht der Fall: Ich will auch noch in 30 Jahren an meinem Schreibtisch sitzen, Geld verdienen und Aston Martin fahren.
DieKleinanleger: Du hast selbst schon zwei Bücher veröffentlicht: „Gegengift: Wie euch die Zukunft gestohlen wird. Was ihr dagegen tun könnt.
Gerald Hörhan: Das österreichische Schulsystem ist kaputt! Es gehört komplett abgeschafft und neu erschaffen. Das beginnt bei Landes- und Bezirksschulräten, Schulpsychologen, Lehrergewerkschafter und anderen Jobs, die nur der Aufrechterhaltung der Bürokratie dienen.
Das System ist vor 20 bis 30 Jahren stecken geblieben. Wenn du früher Informationen auswendig gewusst hast, und dein Konkurrent nicht, war das ein klarer Vorteil für dich, weil Informationen nicht so einfach, günstig und schnell zu beschaffen waren. Heute haben wir das Internet, soziale Medien und eine fortgeschrittene Kommunikation, in der das bloße Auswendiglernen von Informationen wert- bzw. nutzlos geworden ist. Viel wichtiger ist, dass vor allem die Jugend mit diesen modernen Technologien umzugehen lernt und sich nicht vor ihnen versteckt.
Latein und wie die Gesteinsschichten im Mühlviertel aufgebaut sind, lernt ihr in der Schule, aber nicht, wie man schnell mit modernen Techniken (Anm. dem Internet) umgeht, logisch denkt und effizient arbeitet.
Ihr sollt lernen, wie man mit Geld umgeht, Wirtschaft und Politik verstehen und sich das Internet zu Nutze machen. Aber das könnt ihr nicht lernen, weil es die Lehrer selbst nicht kapieren.
DieKleinanleger: Angenommen, du bekommst jetzt den Schlüssel für Europa in die Hand gedrückt und hast 5 Jahre Zeit, um Europa „aus der Schlinge“ zu ziehen und es wieder zur dominierenden Weltmacht zu machen. Was würdest du tun?
Gerald Hörhan: Zuerst natürlich das Ausbildungssystem ändern. Danach eine umgehende Verwaltungsreform durchführen, mich durch die Bürokratie wühlen un
d sicherlich die Anzahl der Bürokraten und Verwalter halbieren.
Natürlich gehört auch das Steuersystem geändert. Steuern wie die Einkommenssteuer und Körperschaftssteuer gehören reduziert bzw. durch Flat-Taxes ersetzt. Das Finanzamt muss ein Dienstleister des Volkes werden, und nicht umgekehrt.
Im Gegenzug dazu gehört aber auch die Einführung sogenannter „Sin Taxes“, also Steuern auf umweltverschmutzende Dinge, Rauchen, Alkohol. Dann kostet halt ein Liter Benzin 3 Euro, allerdings wird auch das Budget von den Leuten saniert, die der Umwelt und der Gesellschaft auch schaden.
Außerdem müssen wir das Pensionsantrittsalter deutlich erhöhen, vielleicht sogar auf 70 Jahre, und endlich die Privilegien-Wirtschaft beenden.
DieKleinanleger: Aber im Großen und Ganzen siehst du das „Projekt Europa“ und vor allem den Euro als positiv und vor allem beständig an?
Gerald Hörhan: Ja, eindeutig. Ich würde beides beibehalten. Und das Schuldenproblem, das wir haben, einfach durch Gelddrucken – also Inflation – lösen. Ich bin sicherlich ein Europa-Befürworter, allerdings müssen sich die Damen und Herren in Brüssel wieder mehr auf das Wesentliche, nämlich die Führung und Leitung und nicht die Verwaltung und Bürokratisierung von Europa konzentrieren.
DieKleinanleger: Du bist ja jetzt mit deinen 36 Jahren noch lange nicht alt, aber glaubst du, dass du das noch erleben wirst?
Gerald Hörhan: Es passiert zwar vieles sehr, sehr träge in der EU, aber manchmal geht es auch richtig schnell. Also Ja!
DieKleinanleger: Wie steht ein Investmentbanker eigentlich zur Finanztransaktionssteuer?
Gerald Hörhan: Das kommt vor allem auf die Höhe des Steuersatzes an. Aber die jetzt diskutierten 0,1 % auf Wertpapiergeschäfte bzw. 0,05% auf Geschäfte mit Derivaten sehe ich als positiv und vor allem nicht schädlich für die Finanzwelt. Natürlich muss eine etwaige Steuer auch auf europäischer bzw. noch besser, auf globaler Ebene eingeführt werden, um wirklich Wirkung zu zeigen.
DieKleinanleger: Wir behandeln ja auf DieKleinanleger.com unter Anderem die beliebtesten Anlageformen des Kleinanlegers. Angefangen vom Sparbuch, Gir
okonto über Aktien, Anleihen und Gold. Kannst du uns Kleinanlegern da eventuell ein paar Tipps geben? Was kann man bei einem Sparbuch falsch machen?
Gerald Hörhan: Grundsätzlich sollte man schauen, dass man bei keiner Bank Geld lässt, die Gefahr läuft, Bankrott zu gehen. Weiters muss man auf die Gebühren und die Zinsen achten, die von Bank zu Bank sehr unterschiedlich sein können. Sonst ist an einem Sparbuch nichts auszusetzen. Man kann auf alle Fälle ein gewisses Maß an Cash dort veranlagen, man sollte aber nicht alles am Sparbuch haben.
DieKleinanleger: Nächstes Thema: „Girokonto“. Kannst du uns auch da einige Tipps geben?
Gerald Hörhan: Beim Girokonto gibt’s genau dieselben Gefahren. Man muss auf die Zinsen und die Gebühren achten und natürlich schauen, dass die Bank nicht pleitegeht.
DieKleinanleger: Generell bieten Direktbanken meist die besten Konditionen und Zinsen und Girokonten mit den niedrigsten Gebühren an. Ist gegen eine Direktbank etwas einzuwenden?
Gerald Hörhan: Man muss auch bei den Direktbanken achten, dass sie gut dastehen und nicht pleitegehen. Ansonsten ist nichts gegen eine Direktbank einzuwenden.
DieKleinanleger: Kommen wir nun zum Thema Anleihen, auch eine beliebte Anlageform des Kleinanlegers…
Gerald Hörhan: … da gibt’s eine relativ simple Regel: In wirtschaftlich schlechten Zeiten, in denen Risiko sehr hoch bewertet wird und das allgemeine Zinsniveau sehr niedrig ist, muss man Junkbonds kaufen, also Anleihen von schlechter Bonität. Denn wenn man z.B. eine Anleihe die bei einem Kurs von 100 mit 5 % Zinsen p.a. ausgegeben wurde, zu einem Kurs von 50 kauft, so hat man eine Verzinsung p.a. von 10 %. Da kann es auch sein, dass man, selbst wenn das Unternehmen insolvent werden sollte, noch mit einem Gewinn aussteigt.
Generell sollte man allerdings nur Junk-Unternehmensanleihen kaufen und keine Junk-Staatsanleihen, da politische Angelegenheiten meist viel schwerer zu kalkulieren sind, wie man am jüngsten Beispiel Griechenland (Zwangsumschuldung) gesehen hat.
In wirtschaftlichen Hochzeiten wiederum, in denen die Zinsen hoch sind, sollte man sich die sichersten Anleihen kaufen. Sobald die Zinsen bei 6 % – 7 % sind, sollte man deutsche Bundesanleihen kaufen.
DieKleinanleger: Und wie sieht’s bei den Aktien aus?
Gerald Hörhan: Man braucht ein System, nach dem man Aktien kauft. Am besten ein einfaches System, welches man selbst einhält und auch selbst erfunden hat. Weiters soll man sich selbst ein Bild des Unternehmens machen und nicht auf die „heißen“ Tipps anderer vertrauen.
DieKleinanleger: Also dürfte man allerdings auf deine Tipps auch nicht vertrauen, oder?
Gerald Hörhan: Ich gebe keine Tipps, habe ich jemals einen Tipp gegeben?
DieKleinanleger: Nunja, du gibt’s in deinen Büchern zum Beispiel den Tipp sich kein Eigenheim auf Pump zu kaufen…
Gerald Hörhan: Ok, davon bin ich allerding zu 100 % überzeugt, denn ein Eigenheim auf Pump ist einfach in 98 % der Fälle ökonomischer Unfug. Leider machen das die meisten Leute und nehmen sich damit den finanziellen Spielraum.
DieKleinanleger: Warum machen dann so viele Leute diesen Fehler?
Gerald Hörhan: Viele Leute sagen: „Wir sind bürgerlich – wir sind etwas besonderes“ und machen halt genau das, was alle tun – sich ein Haus auf Pump zu kaufen, obwohl zur Miete wohnen günstiger und weit vernünftiger wäre…
Ich selbst habe nie das gemacht was von mir erwartet wurde. Und ich mache das auch jetzt nicht. Ich sehe auch nicht so aus, wie man sich einen klassischen Investmentbanker vorstellt.
DieKleinanleger: Also wenn du sagst du gibst keine Tipps, wirst du uns wahrscheinlich keine Antwort geben, aber probieren können wir‘s ja mal: Wir sind typische Kleinanleger, haben zurzeit 10.000 € und wollen diese veranlagen…
Gerald Hörhan: Ich habe schon einen Tipp für euch. Ihr solltet viel mehr Geld haben. Denn mit 10.000 € kann man noch nichts Interessantes machen. Man braucht ca. 30.000 € bis 50.000 € damit man diversifizieren kann, genügend Cash auf der Seite hat und die Transaktionsspesen nicht die Rendite auffressen.
Wichtig ist vor allem, dass man über sein Investment lernt und sich in diesem Bereich auskennt und zwar besser als andere. Das ist der Tipp. Was auch immer es ist, ob Gold, Firmenbeteiligungen, Immobilien oder Oldtimer, man muss sich besser auskennen als andere, wenn man das nicht tut, dann soll man die Finger davon lassen.
DieKleinanleger: Stichwort „Investment in Immobilien“. Wie viel Eigenkapital setzt du voraus um eine Wohnung als Investment anzuzahlen?
Gerald Hörhan: Je nach Wohnungsgröße ca. 15.000 € bis 20.000 €. Man sollte allerdings immer noch Cash auf der Seite haben um eventuelle Reparaturen finanzieren zu können. Weiters ist zu sagen, dass der Wohnungsmarkt, zum Beispiel in Wien, zurzeit etwas überhitzt zu sein scheint.
DieKleinanleger: Gerald, wir bedanken uns recht herzlich für deine Zeit, den Einblick in deine Sichtweise der Dinge und ganz besonders für die Tipps bezüglich Anleihen, Aktien und anderen Investments.
Wir haben beide Bücher von Gerald Hörhan gelesen und können diese nur wärmstens weiterempfehlen: