Wie wir bereits in „Folge 15 – Der Kurs einer Anleihe“ berichtet haben, verhalten sich Anleihekurse genau umgekehrt zu Leitzinsänderungen. Steigt das allgemeine Zinsniveau an, fallen die Anleihekurse und umgekehrt. Doch warum ist das so? Da aktuell, eine Leitzinsänderung der EZB diskutiert wird, wollen wir uns mit dieser Materie ein wenig tiefer auseinandersetzten und vor allem nachrechnen.
Risikoaufschlag
Wer jemanden einen Kredit gibt, der will in der Regel Zinsen bekommen. Die Höhe des Zinses wird z.B.: bei Staatsanleihen ziemlich einfach ermittelt. Es gibt einen Leitzins und einen Risikoaufschlag.
Wir denken jetzt einfach an einen halbwegs sicheren Staat und setzten voraus, dass wir diesem Staat gedankenlos Geld leihen wollen und lediglich die Inflation ausgeglichen bekommen wollen. Liegt also nun der Leitzins bei 3 % und die allgemeine Inflation bei 3 % so würde eine Bank, die sich das Geld zu 3 % beschafft, 6% Zinsen von diesem Staat verlangen.
Verändert sich nun der Leitzins z.B.: auf 2 % und die anderen Faktoren (Risiko, Inflation) würden sich nicht ändern („Ceteris Paribus“), so würde dieselbe Bank nun nur mehr 5 % Zinsen verlangen.
Der Kurs von Anleihen
Gehen wir jetzt davon aus, dass diese Bank (oder eine Privatperson) eine Staatsanleihe zu 6% gezeichnet hat. Aus Vereinfachungsgründen setzen wir voraus, dass der Kaufkurs der Anleihe 100% betragen hat. Bei Banken stimmt dies vermutlich sogar oft, da sie Anleihen sofort bei der Ausgabe eines Staates – also am Primärmarkt – kaufen (können). Auch der Tilgungskurs wird 100% betragen, da die Bank diese Anleihe bis zum Ende der Laufzeit halten will.
Nach einem Jahr wird – wie oben beschrieben – der Leitzins von 3 % auf 2 % gesenkt. Die laufende Rendite der Anleihe ( Zins / Kurs ) hat vorher 6 % betragen. Diese Rendite kann sich jetzt aber, aufgrund der Zinssenkung, um einen Prozentpunkt verringern, ohne dass die Bank bei einer Neuzeichnung der Anleihe ein schlechteres Geschäft machen würde.
Vereinfacht gesagt, würde es der Bank nichts ausmachen, wenn die Kuponzahlung des Staates nur mehr 2 % betragen würde. Staatsanleihen sind aber in der Regel fix verzinst, daher ist das nicht möglich. Folglich wird sich der Kurs der Anleihe ändern.
Die Gleichung für die laufende Rendite einer Anleihe lautet: Zins / Kurs = Rendite. Wenn wir jetzt aber nun die „Zielrendite“ bereits kennen (6% – 1% = 5%) so muss sich bei gleichbleibender Zinszahlung der Kurs ändern.
Die Gleichung lautet nun: 6 % / X = 5%. Lösen wir die Gleichung mit einfachster Mathematik, so sollte der Kurs nun 120% betragen. Das ist immerhin ein Kursgewinn von 20% für die Bank.
Diese Kurssteigerung macht die Bank natürlich nicht alleine. Das ist einfach das Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage am Kapitalmarkt.
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Eine Übersicht und weitere Folgen zum Thema Anleihen finden Sie hier:
Folge 19 – Die ultimative Anleihen-Zusammenfassung
Folge 43 - Leitzinsen und Anleihekurse,