Unser Wirtschaftssystem baut auf den Zins bzw. Zinseszins auf. Egal ob bei Sparbüchern, Girokonten oder Krediten – der Zinseszinseffekt kommt überall zum Tragen. Somit ist es für ambitionierte Anleger unerlässlich, darüber Bescheid zu wissen.
Erklärt ist er relativ schnell, verstanden jedoch nur sehr schwer, da das menschliche Gehirn nicht exponentiell denken kann, es sich jedoch beim Zinseszins um eine exponentielle Steigerung handelt.
Somit ist eine kleine Geschichte erforderlich, um unserem Gehirn die Tragweite des Zinseszinseffektes deutlich zu machen!
Die mathematische Erklärung
Wenn jemand 1.000 € auf ein Sparbuch mit 5 % p.a. Verzinsung legt und dieses Sparbuch 10 Jahre lang laufen lässt, bekommt er im 1. Jahr 50 € an Zinsen. Im 2. Jahr bekommt er 52,50 €, da diesmal nicht nur die 1.000 € verzinst wurden, sondern er auch Zinsen auf die 50 € Zinsen erhalten hat – also Zinseszinsen. Im 3. Jahr bekommt er dann schon 55,13 € und im zehnten Jahr sind es 77,56 €. Also um 50 % mehr als im 1. Jahr. Insgesamt hat dieser jemand nach den 10 Jahren Laufzeit 1.628,90 € auf seinem Sparbuch.
Hätte er keine Zinsen auf seine Zinsen bekommen (wie es z.B. bei Anleihen der Fall ist oder wenn er sich die Zinsen jedes Jahr ausbezahlen lassen hätte) hätte er nur 1.500 €, also um knapp 130 € weniger. Und das sind immerhin 13 % des Anfangswertes. Wie sie sehen, arbeitet der Zinseszinseffekt beim Sparen für den Sparer. Wenn man allerdings Schulden hat, arbeitet der Zinseszinseffekt gegen einen und so müssen auch noch die Zinsen der angelaufenen Zinsen bezahlt werden.
Aus diesem Grund sollte man darauf achten, ob ein Sparbuch oder Kredit jährlich, halbjährlich oder quartalsweise verzinst wird. Banken nennen dieses Intervall zur Verwirrung gerne auch Kapitalisierungsrate. Wären die in unserem Beispiel erwähnten 5 % p.a. auf 1,25 % pro Quartal aufgeteilt, hätte mal mit einfacher Volksschulmathematik (1,25 % * 4) immer noch 5 %. Da aber auch hier der Zinseszinseffekt zuschlägt – gleich 4-mal im Jahr – liegt der effektive Zinssatz bei 5,1 % (1,0125^4=1,051).
Eine kleine Geschichte…
Versetzen Sie sich ins Jahr 13 nach Christus. Josef wollte für seinen Sohn vorsorgen und ging mit einem Eurocent – sofern es ihn damals schon gegeben hätte – zur Bank um ihn auf ein Sparbuch mit einer Verzinsung von 5 % p.a. zu legen. Im Laufe der Geschichte ging dieses Sparbuch nun verloren und Sie finden es 2.000 Jahre später beim Aufräumen auf Ihrem Dachboden. Sie gehen nun damit zur Bank und lassen sich die Zinsen nachtragen. Wie viel glauben Sie ist das Sparbuch, mit den Zinsen, wenn man die Inflation nicht berücksichtigt, nun wert.
Halt! Bevor sie weiterlesen, legen Sie sich auf einen Betrag fest… 1 € oder 1.000 €, können Sie sich gar ein Auto oder ein Haus damit kaufen? Ich traue mich mit Ihnen zu wetten, sie liegen weit unter dem tatsächlichen Wert.
300 Milliarden – nein nicht € – sondern Weltkugeln aus purem Gold, ist dieses Sparbuch nun wert. Das meine Damen und Herren ist die Magie des Zinseszinseffekts und unter normalen umständen für das menschliche Gehirn, wegen der exponetiellen Steigerung, nicht begreifbar. Nehmen wir nun an, jemand hätte den Zinseszinseffekt nicht genutzt, sondern sich die Zinsen jedes Jahr ausbezahlen lassen. Gleiches Szenario: Sie finden nun das Sparbuch mit einer Box in dem sich die abgehobenen Zinsen befinden, wieder bei Ihnen am Dachboden. Wieder die gleiche Frage – wie viel ist drin? Geld für eine Kugel Eis, einen Urlaub, ein Auto?
In der Schatulle mit den angesammelten Zinsen befindet sich genau 1 € (0,01 € * 5% * 2000 Jahre). Der Unterschied zwischen Zins und Zinseszins beträgt auf 2.000 Jahre, bei einem Cent also genau die Differenz von einem Euro und 300 Milliarden Erdmassen aus purem Gold. Und aus diesem Grund, ist es so wichtig über Zins und Zinseszins Bescheid zu wissen, da es einen wirklich großen Unterschied macht. Zugegeben, diese schöne Geschichte ist nicht von uns, und deshalb gibt’s es sie hier nochmal zum Nachsehen (bis 1:40) – viel Spaß!
Um mit dem Zinseszins auch in der „normalen“ Welt rechnen zu können, gibt es die sog. Rule of 72