Von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger werden wahrscheinlich bislang vielleicht gar nicht so viele gehört haben. Immerhin gibt es sie – eine Schutzgemeinschaft für „Minderheitenaktionäre“, um denen mehr (Stimm-)Gewicht zu geben. Was das für ein Verein ist und warum trotz aller gut gemeinten Arbeit leider auch die SdK manchmal recht derb in der Kritik stand, wollen wir in unserem Beitrag einmal näher beleuchten.
Schon seit 1959 in Amt und Würden
Die SdK ist keine neugegründete Einrichtung. Die gab es schon 1959, damals noch als „Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre e.V.“. Den neuen Namen „Schutzgemeinschaft der Kleinanleger (SdK)“ trägt der Verein erst seit 2004. Mit damals hat sich einiges andere auch geändert, aber davon später.
Die Anfänge der SdK sind – wie bei so vielen großen Institutionen – denkbar klein und beschaulich. Gründungsmitglieder waren gerade einmal 7 private Aktionäre in Frankfurt-Sachsenhausen, genau so viele, wie das deutsche Vereinsrecht als Mindestanzahl für die Gründung eines Vereins vorschreibt. Was die sieben Mitglieder zusammenbrachte, war der Gedanke, dass Kleinanleger als Aktionäre häufig wegen ihrer vergleichsweise geringen Stimmenanzahl kaum eine Chance hatten, sich gegen Großinvestoren durchzusetzen und ihre Interessen auch zu wahren.
Die Idee war: Wenn man die Interessen bündelte und als Vereinigung der Kleinanleger gemeinsam auftrat, könnte man durchaus einiges mehr erreichen – vor allem mehr Stimmgewicht. So könnte man sich Gehör verschaffen, und in dem einen oder anderen Fall seine Interessen gegenüber den Großaktionären auch durchsetzen. Das ist ein durchaus sinnvoller Vereinszweck. Im Laufe der Zeit wurde er noch erweitert, zunächst aber blieb alles bei der Vertretung der Kleinaktionäre und Minderheitenaktionäre.
Der Anfang blieb zunächst bescheiden, man engagierte sich ehrenamtlich vor allem auf den Hauptversammlungen der großen Unternehmen und kämpfte tapfer für die Rechte der Minderheitenaktionäre – die oftmals von den Interessen der Großaktionäre regelrecht überfahren wurden. Ganz ähnlich erleben wir das ja auch noch heute immer wieder – und damals mag die Situation noch viel drastischer gewesen sein.
In beratender Funktion schon seit den Sechzigern
Das Ansehen, das man sich durch seine engagierte Arbeit erwarb, wurde schon in den Jahren danach belohnt. Als man 1968 die Börsensachverständigenkommission gründete, die bis heute das Finanzministerium berät, war eines der Mitglieder der SdK auch Mitglied der Kommission und saß Seite an Seite mit den Vertretern von Kreditindustrie, Versicherungen, Börsen und Industrie. Auch in den Aufsichtsrat der VEBA schaffte es jener Dr. Koch, einem in den 60er Jahren gewaltigen Energiekonzern mit rund 60.000 Mitarbeitern, dessen Aktien nach dem Börsengang die ersten (aber leider glücklosen „Volksaktien„) wurden. Der Umsatz des Giganten belief sich einige Jahre später auf rund 10 Milliarden Mark – tatsächlich also ein Mega-Konzern der damaligen Zeit.
Frühe Publikationen
Ein eigenes Fachblatt, lange erfolglos geblieben, wurde Mitte der siebziger Jahre dann plötzlich nach einer Umgestaltung und einer neuen Kooperation sehr erfolgreich, Viele Ältere kennen das Fachmagazin „Die Aktiengesellschaft“ wahrscheinlich noch aus eigener Anschauung. Es war auch der Teil, der endlich die Finanzierung der SdK etwas verbesserte und damit ihre Arbeit auf breiterer Basis möglich machte. Man konnte auf mehr Hauptversammlungen tätig sein und auch vom Verein so genannte „Kontrollaktien“ erwerben, um die Arbeit auf weitere Hauptversammlungen auszudehnen und dort die Interessen der Kleinaktionäre wahrzunehmen. Bis Mitte der 90er war man dann auf über 600 Hauptversammlungen pro Jahr tätig und durch den Privatisierungsboom in den 90ern wuchs auch die Zahl der Mitglieder kräftig, bis man zu einem echten Lobbyverband für Kleinanleger geworden war, und die Lobbyarbeit mit ernsthaftem Eifer vorantrieb – von Forderungen an die Politik bis hin zur Mitarbeit an wichtigen Gesetzesnovellen, die Kleinanleger schützen sollen. Mit den Börsencrashs dann, Anfang des Jahrtausends, wurde die SdK dann endgültig die „Verbraucherzentrale der Kleinanleger“. Auch die Publikationen haben sich verändert – sie sind heute vorwiegend online und die AnlegerPlus News erreichen als Newsletter heute durchaus eine beachtliche Auflage.
Die SdK heute
Den ursprünglichen Zielen und dem Vereinszweck ist die SdK bis heute treu geblieben – allerdings tut man heute viel mehr, als man in früheren Zeiten überhaupt tun hätte können. Die Anlageformen, die man beobachtet, sind heute nicht mehr nur Aktien, sondern auch Zertifikate und Anleihen. Den „e.V.“ hat man beibehalten, aus den Kleinaktionären sind aber heute die Kapitalanleger geworden – vorzugsweise kümmert man sich aber immer noch um die kleineren Aktionäre. Anlegerschulung und -beratung sind wichtige Tätigkeitsfelder neben der Lobbyarbeit geworden. Mit der Mitgliederzeitschrift „AktionärsReport“ versucht die SdK heute aufzuklären und wichtiges Börsenwissen zu vermitteln.
Was wird sonst noch für Mitglieder getan?
Was der SdK heute nach eigenen Angaben besonders wichtig ist, ist, Aufklärung zu leisten – und zwar vor allem über Zertifikate und Fonds, was man auch heute noch häufig in der Mitgliederzeitschrift zu tun versucht. Zudem gibt es für Mitglieder eine Rechtshotline, an die man sich mit Fragen zum Aktienrecht und zum Kapitalmarktrecht wenden kann. Steuerliche Fragen oder Fragen bei Problemen mit der Bank werden aber ebenso behandelt und kommen durchaus immer häufiger vor.
In den letzten Jahren, wo es an den Börsen recht bewegt zuging, und viele Anleihen sich als regelrechte Falle für Kleinanleger entpuppten, darunter die Mittelstandsanleihen, über die wir schon berichtet haben, wurden die Dienste der SdK immer häufiger von Mitgliedern in Anspruch genommen. Die Lobbyarbeit der SdK wird heute auch im Bereich der Gesetzgebung immer wichtiger und auch im Alltag, wo Kleinanleger heute immer häufiger unter die Räder kommen. Information, Beratung und Wahrnehmung der Interessen von Kleinanlegern sind also die wichtigsten Ziele der SdK.
Das Schwarzbuch Börse
Auch interessant für Anleger ist das Schwarzbuch Börse, das die SdK seit 2003 in regelmäßigen Abständen herausgibt und das ihr national viel Beachtung eingebracht hat. In diesem jährlich erscheinenden Fachbuch veröffentlicht die SdK zum Ende jedes Jahres alle ihr bekannt gewordenen Skandale, Betrügereien und Abzockereien am Kapitalmarkt für ihre Mitglieder. Für einige wenige Euro pro Jahr (bislang 4,50 Euro) kann man sich über alle schwarzen Schafe des Vorjahres und ihre Machenschaften umfassend informieren – und vielleicht in Zukunft einmal weniger in die Falle gehen.
Wir halten das für eine sehr gute Idee, da – wie auch die SdK so klar in den Raum stellt – sich die Namen gelegentlich ändern, aber die schwarzen Schafe sehr oft die gleichen bleiben. Die SdK betrachtet das immerhin als „Pflichtlektüre“ für Kleinanleger, wir halten es zumindest für sehr sinnvoll. Nicht selten öffnet einem dieses Buch der grauenhaften Schandtaten auch einmal mehr die Augen, was an der Börse so gelegentlich vor sich geht.
Unternehmenspräsentationen und Bonusprogramme
Was sicherlich auch für viele Anleger interessant ist, ist die Organisation von Unternehmenspräsentationen, die während des Jahres in verschiedenen Städten stattfinden. Dabei wird Unternehmen ermöglicht, sich vorzustellen, und Anlegern die Möglichkeit geboten, direkt mit Unternehmensvertretern in Kontakt zu treten und sich für die eigenen Anlageentscheidungen etwas mehr fundiertes Wissen zu erwerben. Das ist sicherlich eine vorteilhafte Sache – normalerweise bleibt so etwas ja rein Großinvestoren vorbehalten, die dann natürlich auch informationsmäßig immer etwas besser ausgerüstet sind, als der typische Kleinanleger – immerhin auch ein unfairer Marktvorteil, der häufig bessere und weitblickendere Entscheidungen erlaubt, als sie den Normalsterblichen aufgrund der mangelhaften Informationslage möglich sind.
An Bonusprogrammen, die den Mitgliedern geldwerte Vorteile bringen sollen, wird zur Zeit noch gearbeitet, derzeit gibt es nur einige Boni für den Bezug von Zeitschriften, insbesondere Börse online kann um mehr als 75% günstiger im Abo bezogen werden. Bei der Pflege- und Vermögensschutz-Versicherung Swiss Life und bei der Reiseversicherung ERV gibt es zusätzlich noch Sonderkonditionen für Mitglieder. Weitere „geldwerte Vorteile“ sollen aber folgen.
Wer kann bei der SdK Mitglied werden?
Grundsätzlich – wie bei jedem Verein in Deutschland – kann jeder Mitglied werden, der Interesse am Vereinszweck hat, egal ob natürliche oder juristische Person. Auch Stiftungen und einzelne Unternehmen sind Mitglieder bei der SdK. Die Mitgliedschaft kostet für Einzelpersonen 85 Euro im Jahr, wie in der Satzung festgelegt, eine Online-Mitgliedschaft gibt es vergünstigt für 65 Euro jährlich. Studenten zahlen lediglich 30 Euro pro Jahr, wenn sie eine Immatrikulationsbescheinigung in Kopie beilegen. Speziell für Firmen, Investmentclubs oder ähnlich größere Personenzusammenschlüsse gilt ein Jahresbeitrag von 300 Euro. Zusätzliche Kosten entstehen nur für Mitglieder im Ausland, die eine Versandkostenpauschale von 10 Euro pro Exemplar der Zeitschrift zusätzlich bezahlen müssen.
Die SdK in der Kritik
Soweit wäre ja alles gut – wären da nicht noch einige Dinge in den letzten Jahren gewesen, die einen doch nachdenklich machen können. Die SdK erfüllt ihre Rolle als Anlegerschützer zwar mit Bravour und macht auch ernsthafte Lobbyarbeit – aber leider war das nicht immer alles, was sie tat.
Mitten in den Zeiten der internationalen Börsenkrise, in den Jahren 2007 und 2008 geriet die SdK wegen vieler spekulativer Börsengeschäfte massiv in die Kritik. Der damalige stellvertretende Vorsitzende Markus Straub trat nach Untersuchungen der BaFin bezüglich einiger recht zweifelhafter Spekulationen zurück, doch das war leider nicht alles. Mit der Zeit kam auf, dass auch andere Funktionäre des angesehenen Vereins sich in höchst zweifelhaften Anlagen versuchten – und dabei oft auch ihre Namen hinter zahlreichen Firmennamen verbargen. Daran ist und war nichts wirklich Strafbares – aber dennoch einige Dinge, vor denen man die Anleger in den eigenen Publikationen beredt warnt – wie spekulative Geschäfte mit sogenannten Pennystocks. Immer mehr wurde auch Kritik laut, dass häufig zu sehr das persönliche Wohl einiger Mitarbeiter anstatt eines ordentlichen Anlegerschutzes im Fokus der Aktivitäten stand. Am Ende stand ein Gerichtsverfahren in München gegen einige frühere führende Funktionäre, denen Insiderhandel vorgeworfen wurde. Es kam zu einigen Verurteilungen, unter anderem lautete einer der Vorwürfe, durch Kursmanipulationen und Insiderhandel teilweise Gewinne im mehrstelligen Millionenbereich gemacht zu haben. Einige negative Kursverläufe großer Unternehmen sollen über die Jahre ebenfalls deutlich mit Aktivitäten des SdK in Verbindung zu bringen gewesen sein. Am Ende standen für den Ex-Vize-Vorsitzenden Markus Straub zwei Jahre Gefängnis, für einen Mitangeklagten sogar drei Jahre, angeklagt waren in einem Prozess auch der ehemalige Vorstandsvorsitzende Klaus Schneider.
Unserer Meinung nach erinnert das ganze ein wenig an die Geschichte mit dem ADAC, der ja auch vor einigen Jahren massiv in die Kritik geriet. An und für sich ein gutes Unternehmen, das wirklich guten Schutz für seine Mitglieder bietet – aber eben nicht nur. Die Möglichkeit, sich persönlich zu bereichern schwebt natürlich bei vielen dieser großen Traditionsvereine immer irgendwie im Raum – und ist häufig wohl eine Versuchung für Menschen an der Spitze. Man tut viel Gutes für die Mitglieder – so erstreitet man Jahr für Jahr zwei- bis dreistellige Millionenbeträge für die Aktionäre, wenn man bei Abfindungs- oder Umtauschangeboten für einen faireren Preis kämpft – das kann sich als Leistung wirklich sehen lassen. Und auch in einigen anderen Gerichtsverfahren – etwa im Primacon-Verfahren, konnte man für Aktionäre eine Menge Schaden abwenden durch seine engagierte Arbeit. Und für sich selbst erstritten einige wohl auch persönlichen Reichtum – das ist leider die Schattenseite der Medaille.
Unser Urteil: Als Anlegerschutz-Vereinigung immer noch empfehlenswert
Wir finden natürlich auch nicht gut, was da passiert ist auf der Vorstandsebene. Zumal das noch gar nicht so lange her ist, die Urteile vor dem Landgericht München ergingen erst 2012. Nichtsdestotrotz halten wir die Vereinigung und ihre Arbeit an sich für sehr wertvoll für Anleger – und auch die Informationstätigkeit finden wir sehr wichtig. Wissen ist immer noch das, was Anleger – und vor allem kleine Anleger – am besten schützt. Auch das Schwarzbuch Börse empfehlen wir jedem Kleinanleger zur gepflegten Lektüre – möge es ihn vor künftigem Schaden bewahren, die Namen der schwarzen Schafe zu kennen. Sich selber und einige ihrer zweifelhaften Investments haben die Verantwortlichen von SdK damals leider nicht mit hineingeschrieben – wäre vielleicht angebracht gewesen. Digital Ecosystems beziehungsweise Petrohunter Energy hätten wohl wirklich mit hineingehört, waren sie doch praktisch eine Blaupause von einem zweifelhaften Unternehmen, vor denen die SdK sonst ihre Mitglieder im Schwarzbuch Börse tunlichst warnt. Trotz alledem: Anlegerschutz geht für uns vor – und den leistet die SdK eben immer noch vorbildlich, daran ist nur wenig zu rütteln.
Weiterführende Links
- Vergleichsrechner für Depotanbieter
- Aktien für Anfänger
- Welche Aufgaben hat die BaFin?
- Ein paar Worte über Negativzinsen
- Was ist das Aktienkursrisiko?
- Goldankauf in Zeiten der Krise