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Die persönliche Krisenbilanz und Innovationen fürs eigene Leben

So wie es aussieht, haben wir den virologischen Gefahrenteil der Corona-Krise in Deutschland weitgehend überstanden. Wirtschaftlich werden wir dagegen noch sehr lange damit zu tun – und zu kämpfen – haben. Für die einzelnen Volkswirtschaften ist die Welt in vielen Bereichen eine andere geworden, man muss sich neu sortieren, vielleicht auch manches neu bauen und neue Ziele ins Auge fassen. Das sollten wir persönlich auch tun. „Krisen sind Katalysatoren für Innovationen“ lautet ein wohlformulierter Satz. Und das kann und sollte auch für unser persönliches Leben gelten. Wir beleuchten in unserem Beitrag einmal, worüber man als einzelner Bürger und als Kleinanleger nachdenken könnte und welche „Innovationen“ für das eigene Leben denkbar wären.

Persönlich Bilanz ziehen: Welche Situation hat die Krise geschaffen?

Nachdem der größte Teil der Panik, des erzwungenen Sich-Zuhause-Einschließens und der Einigel-Modus der Akutsituation vorübergezogen sind, ist es Zeit, einmal persönlich Bilanz zu ziehen. Was hat die Krise für mich persönlich verändert?

Das können ganz unterschiedliche Dinge sein. Wer seine Zeit in Kurzarbeit verbracht hat, hat vielleicht finanzielle Einbußen hinnehmen müssen. Der eine oder andere hat möglicherweise sogar seinen Job verloren. Die allermeisten von uns werden höchstwahrscheinlich den Aspekt der „Jobsicherheit“ heute deutlich anders bewerten. Wohl auch die aus den grundsätzlich „systemrelevanten“ Berufen. Wurden doch in sehr weiten Bereichen auch Ärzte und Pflegekräfte in Kurzarbeit geschickt (während andere in einzelnen Bereichen sich buchstäblich kaputtarbeiteten, hier wird es hoffentlich in Zukunft eine etwas sinnvollere Lastenverteilung für Krisensituationen geben).

Auch der eine oder andere Selbstständige wird möglicherweise versucht sein, sein Geschäftsmodell ein wenig abzuklopfen. Vor allem diejenigen, deren Umsätze oder Aufträge nahezu komplett weggebrochen sind. Für die Selbstständigen und die Unternehmer wird es auch darum gehen, sich über eine bessere Absicherung, über ein Wachstum oder ein zusätzliche Geschäftstätigkeit in relevanten und krisenfesten Bereichen Gedanken zu machen. Dazu muss bewertet werden, welche Überlebensfähigkeit das Unternehmen hat, wenn Menschen weniger konsumieren, ihr Geld zusammenhalten und die allgemeine Konsumlage eher lau ist. Dazu braucht es keine Pandemie. Das kann auch aus einer wirklichen Vielzahl aus anderen Gründen passieren. Auch das Verhältnis zwischen Investitionsvolumen für geplantes Wachstum und den Aufbau von Eigenkapital zur Absicherung lohnt es sich wahrscheinlich, nachzudenken.

Bei durchaus so einigen Unternehmen dürfte dieses Verhältnis zu stark bis sogar deutlich ungesund im Bereich Wachstum und Investitionen liegen. Und zu einem deutlich zu geringen Teil im Bereich Eigenkapital- und Rücklagenaufbau. Das hat vielfach natürlich auch seine Gründe, die nicht zuletzt auch in unserem Steuersystem wurzeln. Dennoch sollte man als Unternehmer einmal grundlegend über dieses Verhältnis nachdenken. Und gegebenenfalls die Unternehmensziele ein klein wenig anpassen.

Das sind die finanziellen Aspekte und die Einkommens-Aspekte, die bei unserer persönlichen Bilanz wohl für viele an erster Stelle stehen. Damit ist es aber nicht getan bei der persönlichen Bilanz. Bei weitem nicht.

Die Anlage- und Vorsorge-Aspekte

Der Weg der Pandemie bedeutete, jedenfalls wenn es um die eigenen Anlagen und Vorsorgen geht, gewissermaßen ein „sehenden Auges mitten in die Krise“. Wir konnten gut nachverfolgen, was die Lockdowns und die Geschäftsschließungen sowie der verordnete oder stattfindende Shutdown von großen Teilen der Wirtschaft in einzelnen Ländern wirtschaftlich bewirkten. Wir konnten als Anleger nur wenig Wirksames dagegen tun.

Einige versuchten, das zeigt die Analyse der Märkte, wie immer hektisch und panisch ihr Vermögen in Sicherheit zu bringen. Das klappte sehr häufig nicht, machte sehr oft alles noch sehr viel schlimmer. Immerhin gab es keine Patent-Rezepte und auch keinen klaren „sicheren Hafen“, den man so schnell überhaupt erreichen hätte können.

Zwischenzeitlich war selbst Gold im Minus und alles, was auch nur im Entferntesten mit dem Ölpreis zu tun hat, erhielt zusätzlich einen kräftigen Dämpfer – bis hin zu den Preisen für Emissions-Zertifikate.

Ein wichtiger Teil der persönlichen Krisen-Bilanz ist also, nun im Nachgang einmal die eigenen Maßnahmen zu subsumieren und klar zu analysieren, was man getan hat – und wozu es geführt hat. Es ist gut möglich, dass diejenigen, die kaum etwas getan haben (einfach aus Ratlosigkeit oder aus Verzweiflung) am Ende mit relativ wenigen Gesamtverlusten herauskommen werden. Vor allem bei den langfristigen Anlagen. Wie schon die Wirtschaftskrise 2008 zeigte, federn vor allem langfristige Anlagen selbst solche massiven Krisen oft noch gut ab und fangen die Verluste in der nachfolgenden Erholung wieder gut auf. Sieht man sich den DAX-Stand zum Jahresstart 2000 an (6.961,72 Punkte) und zum Jahresende 2019 (13.249,01 Punkte), erkennt man, dass über die letzten 20 Jahre hinweg eine enorme Steigerung des Werts erfolgt ist. Trotz dem zwischenzeitlichen Platzen der Dotcom-Blase und der weltweiten Wirtschaftskrise 2008. Langfristig gesehen haben beide Krisen also kaum wirklich Schaden angerichtet – jedenfalls an Anlagen, die parallel zum DAX oder der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung performten. Das kann einen schon etwas beruhigen – langfristige, wertvolle Anlagen können so etwas durchaus gut abwettern.

Problematischer sind kurzfristige Anlageformen, Boom-Bereiche – und Kurzschluss-Reaktionen. Hier kann es durchaus ordentlich Probleme und auch ordentlich Verluste geben, wenn man nicht aufpasst. Aus diesem Grund ist es wichtig, sein eigenes Verhalten während der Krisenzeit einmal gründlich zu analysieren. Nachzusehen, ob es Werte gab, die vergleichsweise gut durch die Krisenzeiten kamen und zu hinterfragen, wie „krisenfest“ das eigene Portfolio tatsächlich ist. Möglicherweise kann man hier ein wenig nachbessern. Zusätzlich sollte man sich eine „Krisenstrategie“ für künftige Krisen überlegen, in die man die Erfahrungen der gerade erst stattgefundenen Krise und die Bewertung darüber, welche Dinge funktioniert haben und welche nicht, mit einbezieht.

Natürlich geht es auch darum, die zukünftigen Veränderungen, die in der neu erwachenden Wirtschaft getroffen werden und die bereits jetzt sichtbaren Verschiebungen, die die Krise in der Wirtschaft auf der ganzen Welt ausgelöst hat, Stück für Stück mit einzubeziehen und sein Portfolio in kleinen Schritten an dahingehend anzupassen.

Die Bilanz im persönlichen Leben

Die Krisenzeiten haben bei den meisten von uns auch im persönlichen Leben viele Dinge auf den Kopf gestellt – und viele unserer Einstellungen, unserer grundsätzlichen Annahmen oder unserer Werte infrage gestellt.

Die einen haben vielleicht bemerkt, dass das Verhältnis zu ihren Kindern doch sehr stark verbesserungsbedürftig ist. Einige werden vielleicht erkannt haben, dass sie sich doch mehr und ernsthafter um ihre Gesundheit kümmern wollen, um nicht schon in vergleichsweise jungen Jahren in eine echte Risikogruppe eingeordnet zu werden. Bei einigen ist sicherlich die Motivation zu gesunder Ernährung, zu mehr Sport oder zu einem allgemein gesünderen Lebensstil stark gestiegen.

Wieder andere haben vielleicht bemerkt, dass ihnen die erzwungene Ruhe gut tut und ihre Work-Life-Balance vor der Krise tatsächlich eine mittlere Katastrophe gewesen ist. Andere haben vielleicht festgestellt, dass sie die Zeiten des eingeschränkten Konsums sehr angenehm fanden und überhaupt nichts vermisst haben. Dafür aber deutlich weniger Geld ausgegeben haben, als sonst.

Ein wirklich erfolgreiches und gelungenes Leben wird vor allem dadurch bestimmt, dass man über solche Erkenntnisse nicht einfach stillschweigend hinweggeht und sie abschüttelt, wenn andere Dinge auftauchen und alles wieder so läuft wie zuvor. Sondern indem man sie integriert und als Basis für persönliche Innovationen im eigenen Leben nutzt.

Ihre persönlichen Innovationen nach der Krise

Wenn Sie Ihren Job verloren haben, oder Ihre Jobsicherheit nun nach der Krise akut bedroht ist, sind Sie vermutlich direkt gezwungen, zu handeln und Veränderungen einzuführen. Auch wenn als Selbständiger Ihre Situation oder die Situation Ihres Unternehmens nun prekär geworden ist, sind Sie schlicht zu Veränderungen gezwungen.

Aber auch jeder andere sollte die Chance nutzen, die Krise als „Katalysator für Innovationen“ zu sehen und positive Veränderungen anzustreben. Ob das beim Verhältnis zu den eigenen Kindern ist oder beim Zurücknehmen des eigenen Konsumverhaltens. Oder vielleicht bei der Erhöhung der persönlichen Rücklagenquote, der in Angriff genommenen Verbesserung der eigenen Gesundheit oder dem Anstreben einer besseren und besser funktionierenden Work-Life-Balance. Auch beim eigenen Portfolio sind solche „Innovationen“ sinnvoll, wenn man aus der Krise selbst etwas gelernt hat. Möglicherweise verändern sich auch die Anlageziele etwas, basierend auf den anderen Erkenntnissen, die man für sein übriges Leben hat. Vielleicht möchte man mehr vorsorgen, in Zukunft weniger arbeiten oder ein wenig mehr in die eigene Gesundheit investieren.

Das Leben beschert uns manchmal schwere, bittere Krisen, schmerzhafte Einschnitte oder auch grundlegende Veränderungen in unserer Lebenswelt. Dabei bringt es uns jedoch an der gleichen Stelle immer auch eine Vielzahl von Erkenntnissen mit. Darüber, was in unserem Leben in „harten“ Zeiten nicht mehr funktioniert, darüber, welche unserer Annahmen und Grundüberzeugungen möglicherweise überholt sind und wo unsere Ansichten auf Sand gebaut sind. Wenn man diese Erkenntnisse konsequent nutzt und zum Ausgangspunkt für Innovationen macht, kann unser Leben danach insgesamt oft beträchtlich besser werden. Und unser Portfolio auch.

Dann haben wir zwar zunächst das eine oder andere verloren, am Ende aber deutlich mehr hinzugewonnen.

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