Krisenstimmung bei der Deutschen Bank: Der bisherige Branchenprimus durchläuft derzeit eine Krise immensen Ausmaßes. Die Aktie des Bankhauses, die 2007 noch bei etwa 100 Euro notierte, liegt nach einer kleinen Erholungsphase im vergangenen Jahr heute deutlich unter 20 Euro. Und damit sogar noch unter dem desaströsen Stand zu Zeiten der Lehman-Pleite. Wo genau liegen die Ursachen für einen solch großen Kursrutsch? Und welche Konsequenzen bedeutet die Talfahrt für Anleger?
Kurzzeitige Kurserholung nach Führungswechsel
Die Deutsche Bank hat ein Vertrauensproblem. So kurz und knapp lässt sich zusammenfassen, was die Unternehmenspapiere nun erneut in den Keller verfrachtet. Was im März 2009 in Zusammenhang mit der Lehman-Krise für fallende Kurse sorgte, fällt dem Geldinstitut heute erneut auf die Füße: Intransparenz und fragwürdige Geschäfte (zum Teil zu Lasten der eigenen Kunden) gepaart mit einer unzureichenden finanziellen Ausstattung machen das Papier zunehmend unattraktiv. Ein Wechsel an der Unternehmensspitze im Juni 2015 sorgte zumindest vorübergehend für neue Hoffnung und steigende Kurse. Kaum wurde bekannt, dass der ehemalige UBS-Mann John Cryan das Ruder bei der Deutschen Bank übernehmen soll, legte die Aktie um 3,57 Prozent auf 28,60 Euro zu. Ein Effekt, der übrigens häufiger bei Großunternehmen zu beobachten ist: Verabschiedet sich ein glückloser Geschäftsführer und macht Platz für einen Lenker, dem sein guter Ruf voraus eilt, hat das dem Handelsblatt zufolge zumindest kurzfristig fast immer einen positiven Effekt auf die Unternehmenspapiere. Leider in den meisten Fällen ohne dauerhafte Wirkung, so auch bei der Deutschen Bank. Binnen eines Jahres fiel die Aktie um mehr als 34 Prozent, seit Jahresbeginn um 12 Prozent und zählt derzeit zu den größten Verlierern im Dax.
Düstere Aussichten für Deutsche Bank Papiere
Zwar wird die Aktie der Deutschen Bank seit Mai 2015 als mittel riskanter Titel eingestuft – in der näheren Zukunft sollten Anleger aber nicht mit einer positiven Kursentwicklung rechnen. Zurückzuführen sind die düsteren Aussichten auf zwei Ursachen: Die kompromisslose Linie Cryans und juristische Auseinandersetzungen, die das Geldinstitut derzeit einholen.
Als einige der größten Risiken für Deutsche Bank Aktien gelten Analysten wie Andrew Lim zufolge die Kapitalausstattung und das wenig qualitätvolle Geschäft. Genau an dieser Stellschraube dreht der neue Kapitän des Bankenriesen: Derzeit baut Cryan die Deutsche Bank massiv und in rasantem Tempo um. Im Zuge eines vollumfänglichen Kulturwandels werden nicht nur tausende Stellen abgebaut sondern auch wichtige Geschäftsbereiche wie das Investmentbanking geschrumpft. Die Postbank soll nach dem Willen Cryans ausgegliedert und wieder an die Börse gebracht werden, was sich angesichts eines wenig erfreulichen Marktumfeldes und eines bis Ende 2016 geltenden Beherrschungsvertrages allerdings noch bis zum nächsten Jahr verschieben könnte. Große Umbauten, insbesondere in kurzer Zeit, gehen stets mit einem großen Maß an Skepsis und Vorsicht einher – ein Grund für die Kaufzurückhaltung der Anleger bei Aktien der Deutschen Bank.
Einen weiteren, nicht zu vernachlässigenden, Grund für den rapiden Fall der Unternehmenspapiere stellen die rechtlichen Auseinandersetzungen des Unternehmens dar, die in der jüngeren Vergangenheit bereits für großes Aufsehen sorgten und das Geldinstitut nun erneut in einem eher ungünstigen Licht erscheinen lassen. Die rechtlichen Folgen der Fitschen-Jain-Ära belasten die Bücher des Unternehmens erheblich – allein für Rechtsstreitigkeiten, die bis dato beigelegt werden konnten, sind Rückstellungen in Milliardenhöhe eingeplant, was den Kurs der Aktie natürlich drückt. Ebenfalls nicht zur Attraktivität des Papiers trägt bei, dass die Dividendenzahlungen angesichts der hohen finanziellen Belastungen durch Rechtsstreitigkeiten für 2015 und 2016 ausgesetzt werden sollen, was das Vertrauen der Anleger in Deutsche Bank Aktien nicht unbedingt stärken dürfte.
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