Ausgerechnet mitten in der Krise, mit ihren völlig unvorhersehbaren Kursentwicklungen und in der schlechtestmöglichen Ausgangssituation überhaupt, kommt es zu etwas, was eigentlich die letzten Jahre schon passieren hätte sollen: Ein echter Aktien-Boom macht sich breit. Insbesondere jüngere Menschen scheinen nun endlich den Aktienmarkt richtig für sich entdeckt zu haben. Besonders große Zuwächse erlebt dabei gerade der Daytrading-Bereich, das kommt auch nicht ganz von ungefähr. Wir beleuchten den gerade stattfindenden Hype und seine Gründe etwas näher und geben in unserem Beitrag wichtige Tipps für ein wirklich erfolgreiches Daytrading.
Was löst den Trend bei Privatanlegern ausgerechnet jetzt aus?
Man könnte meinen, die Zeiten für Anleger wären schwierig genug. Unvermittelt kommt es in diesem Jahr immer wieder zu Kursstürzen, die selbst noch hartgesottenen und erfahrenen Börsenprofis kalte Schauer über den Rücken jagen. Die meisten dieser Abstürze haben mit Corona und den Folgen zu tun, aber auch andere Gründe wirken sich oft übermäßig stark aus. Um es auf den Punkt zu bringen: Die Chance, einigermaßen verlässlich vorherzusagen, was morgen oder nächste Woche sein wird, geht gegen Null. Wahrscheinlich ist es die schlechtestmögliche Zeit, um überhaupt mit dem Traden zu beginnen.
Einen kleinen Hinweis auf die Gründe dafür liefert der starke Zuwachs an installierten Broker-Apps seit dem Frühjahr 2020. Der Zuwachs liegt bei einzelnen Anbietern zum Teil über 150 %, er ist also durchaus signifikant. Gleichzeitig steigt auch das Volumen der Aktienkäufe durch Privatanleger auf ein bisher ungekanntes Niveau. In den USA entfallen aktuell 20 % des Tradingvolumens auf Privatanleger, ein nahezu unglaublich hoher Wert. Aber auch hierzulande liegt das Handelsvolumen bei Privatanlegern mit 23,9 Mrd. Euro so hoch wie nie zuvor.
Wirft man einen Blick auf die Demografie der Zuwächse, stellt man schnell fest, dass es überwiegend jüngere bis sehr junge Menschen sind, die nun (erstmals) den Sprung auf den Aktienmarkt wagen.
Über die Gründe kann man nur spekulieren. Aber die Unsicherheit in der Corona-Pandemie, die erwarteten finanziellen Schwierigkeiten und die für viele unsicheren Aussichten für die nahe und mittelfristige Zukunft haben ganz bestimmt dafür gesorgt, dass die Risikobereitschaft steigt. Der besondere Fokus auf Daytrading und eher kurzfristige Anlagen zeigt, dass eine wichtige Motivation auch die sein könnte, „schnelles Geld“ zu machen. Geld hilft bekanntlich, wenn man sich in einer unsicheren Situation befindet. Und der Gedanke, dass Reiche meist deutlich besser und unbeschadeter durch irgendwelche Krisen kommen, mag irgendwo im Hinterkopf präsent sein. Dazu muss man sehen, dass mit den heute unter 25-Jährigen ohnehin eine Generation herangewachsen ist, zu deren Werten es eher gehört, mit möglichst wenig Aufwand möglichst schnell möglichst sehr reich zu werden und schon in jungen Jahren finanziell unabhängig zu werden. Daran, dass man das mit harter und steter Arbeit erreichen könnte, glauben in dieser Generation nur noch sehr wenige. In den nachfolgenden Generationen nimmt auch dieser Prozentsatz immer weiter ab. Auch die Umstände und die Lebensrealitäten – und soziale Medien – prägen eben auch Menschen und formen ihre Ziele. Bei der ganz jungen Generation der knapp über 18-jährigen sind es dagegen vor allem die Kryptowährungen, die man auch klar als „Krisenvorsorge“ sieht. Auch hier ist das Interesse an Anlagen aber deutlich gestiegen.
Ein sicherlich nicht unbedeutender Grund ist auch die massive Werbung in diesem Bereich und die Neugestaltung der Angebote vieler Discountbroker. Kurz zusammengefasst ist es einfacher geworden (das wichtigste Werbeargument aller Anbieter), daneben aber auch signifikant kostengünstiger als noch vor einem Jahr. In einzelnen Fällen kostet das Traden dann noch nicht einmal mehr eine Flat-Fee, sondern ist komplett von allen Transaktionsgebühren befreit. Das trägt natürlich auch mit zum Hype bei, das kann sich mittlerweile wirklich jeder leisten. Und die Apps sind so einfach gestaltet, dass praktisch jeder im Zug anstatt Youtube-Videos zu gucken nun einfach traden kann. Und mittlerweile haben sogar die klassischen, biederen Sparinstitute den Aktienmarkt in der Werbung entdeckt – und verkünden fröhlich, man müsse Sparen halt nun eben einfach anders sehen als noch vor hundert Jahren. Ach ne. Wirklich?
Die Hoffnung auf das schnelle Geld zerschlägt sich schnell
Es mag schon sein, dass durch überarbeitete Apps und neue Gebührenstrukturen das Traden, auch das Daytrading, sehr schnell, sehr einfach und sehr kostengünstig geworden ist. Das bedeutet nun aber eben nicht, dass man sehr schnell und sehr einfach mal so nebenbei zu riesigen Mengen Geld kommt. Mitunter bedeutet das auch, insbesondere in Marktlagen wie sie aktuell herrschen – dass man mal ganz schnell enorme Verluste einfährt. Besonders, wenn man auf hochriskante Produkte setzt – oder Situationen einfach einmal völlig falsch einschätzt. Einfache Apps sind keine Garantie für einfache Gewinne.
Wie die Masse der neu gewonnen und frisch gebackenen Anleger und Daytrader mit diesen unausweichlichen Frustrationen und Verlust-Erlebnissen auf Dauer umgehen werden, weiß man nicht. Es kann gut sein, dass, wenn alle Träume platzen, eine massive, enttäuschte Abkehr von allem, was mit Trading zu tun hat, stattfindet. Es kann aber genauso sein, dass man sich darin verbeißt, sich Mühe gibt, aus seinen Fehlern zu lernen und alles daran setzt, um es doch noch zu schaffen. Und damit eine sehr lebendige, hochprofessionelle junge Trader-Szene entsteht, die in einigen Jahren genau weiß, was sie tut und massiv – und auch massiv erfolgreich – mit Investments ihren Lebensunterhalt verdient. Im Moment ist noch alles offen. Wünschenswert wäre natürlich Zweiteres. Auch für die Wirtschaft, die das investierte Geld dringend braucht.
Die 7 wichtigsten Tipps fürs Daytraden
Damit das so werden kann, und nicht alle Trades gleich schief gehen, haben wir hier die wichtigsten Dinge in 7 Tipps gepackt, die jeder frischgebackene Daytrader unbedingt beherzigen sollte. Damit geht man dann schon deutlich professioneller an die Sache heran.
Tipp 1: Suchen Sie sich einen geeigneten Markt
Das betrifft sowohl die Öffnungszeiten der Märkte und Börsen (wer will schon immer nachts wachbleiben) als auch das Marktsegment und die nicht zu unterschätzenden Währungsschwankungen und dem damit bestehenden Wechselkursrisiko bei jedem Trade. Übersee-Trading ist durchaus möglich. Gerade für Anfänger aber durchaus komplex, weil man damit eben einige Dinge mehr im Auge behalten muss.
Tipp 2: Arbeiten Sie effizient
Den größten Erfolg hat man im Allgemeinen dort, wo die höchste Volatilität herrscht. Das ist gewöhnlich kurz nach der Eröffnung und kurz vor den Schlusszeiten des Handelstages der Fall. Sich auf diese Zeiten zu fokussieren, kann deutliche Vorteile bringen. Für die paar Stunden kann man dann auch sehr konzentriert arbeiten und Märkte intensiv beobachten.
Tipp 3: Arbeiten Sie ernsthaft
Zocker-Einstellung oder Glücksspiel-Mentalität haben beim Traden nichts zu suchen. Sie sind meist eine Garantie für riesige Verluste. Die Trading-Entscheidungen, die Sie treffen – und seien sie auch noch so klein, sollten immer wohlbegründet und mit ernsthaften Erwägungen nachvollziehbar sein. Sind sie das nicht, verlieren Sie zumeist. Und das wollen Sie ja nicht. Sie haben kein Geld zu verschenken. Konzentrieren Sie sich, wenn Sie traden und tun sie nichts anderes nebenbei.
Tipp 4: Lernen Sie zuerst die wichtigen Dinge
Natürlich sollte man sich zuallererst mit den Funktionen der Tradingplattform, die man verwendet, vertraut machen. Das ist grundlegend. Als nächstes sollten Sie sich allerdings gleich mit Risiko-Management auseinandersetzen. Das ist für kleine und nebenberufliche Trader genauso wichtig wie für die hauptberuflichen. Lernen Sie, wie Sie Positionsgrößen richtig bestimmen, das Risiko minimieren und die Geldmenge bestimmen können, die Sie bei einem Trade sinnvollerweise einsetzen können.
Tipp 5: Gewöhnen Sie sich an, regelmäßig Rückschau zu halten
Auch das gehört zur „Spielermentalität“, dass man das Gestern einfach vergisst und nicht mehr beachtet. „Neuer Tag, neues Glück“. Auch das ist eine sehr gefährliche Einstellung. Als Trader sind Sie darauf angewiesen, immer weiter zu lernen, und zwar bevorzugt aus Ihren eigenen Fehlern. Bilanz zu ziehen über vergangene Trades, Erfolge und Misserfolge zu analysieren und daraus funktionierende Strategien abzuleiten, ist als ernsthafter und erfolgreicher Trader Ihr tägliches Brot. Natürlich werden Sie Fehler machen. Es wäre nur äußerst dumm, sie nicht zu verwerten, um zu lernen. Damit waren sie umsonst. Ein Trading-Tagebuch hilft dabei – oder auch eine fest eingeplante Rückschau.
Tipp 6: Lernen Sie, effizient Entscheidungen zu treffen
Das kann auch für Ihr restliches Leben sehr nützlich sein. Limitieren Sie dafür die Anzahl der Entscheidungskriterien und versuchen Sie immer, die wichtigsten Faktoren herauszufinden, die Ihre Trading-Entscheidung bestimmen. Folgen Sie im Zweifelsfall Ihrer Strategie, identifizieren Sie immer nur die wichtigsten Faktoren und lassen Sie Unbedeutendes oder Randeinflüsse auch einmal völlig links liegen, wenn Sie Ihnen nebensächlich erscheinen. Bemühen Sie sich, schnell gut begründete und wohlfundierte Entscheidungen zu treffen, anstatt stundenlang über allen Faktoren zu grübeln. Auch das muss man oft erst lernen – danach ist man meist aber ein deutlich besserer Trader als zuvor.
Tipp 7: Automatisierung lohnt sich
Damit ist nicht unbedingt automatisches Trading gemeint – das kann gerade für Anfänger sogar eher sehr riskant sein. Mit Automatisierung sind hier die eigenen Routinen und Abläufe gemeint, die man möglichst schnell festlegen und sich gründlich angewöhnen sollte, indem man sie immer auf die gleiche Weise durchführt. Das verhindert Überforderung, lässt einen nichts Wichtiges vergessen und hilft auch, weniger emotional zu reagieren und seine Emotionen besser unter Kontrolle zu behalten. Weil man einfach mit seiner Routine fortfährt und dabei ein wenig Distanz gewinnt. Persönliche Disziplin ist das A und O beim erfolgreichen Traden und feste Routinen erleichtern das Einhalten der notwendigen Disziplin täglich. Für das Zähneputzen müssen Sie sich auch nicht jeden Morgen neu entscheiden, oder?
Fazit
Mit Daytrading kann man seinen Lebensunterhalt bestreiten. Auch nebenberuflich lässt sich damit solide und dauerhaft Geld verdienen. -Allerdings nur dann, wenn man sich auch professionell verhält, sich die notwendigen Kenntnisse und Routinen aneignet und das Daytrading genauso ernst nimmt, wie jeden anderen Job auch. Ein Ersatz für Computerspiele am Handy, um die Zeit totzuschlagen, sind „Trading-Spiele“ allerdings nicht. Auch wenn Anbieter das manchmal als „ganz easy und nebenbei“ hinstellen. Man kann zwar auf diese Weise herumdaddeln, wird damit aber höchstwahrscheinlich sehr viel Geld in den Sand setzen. Ohne Ernsthaftigkeit geht es nicht – mit der gebotenen Ernsthaftigkeit kann man aber selbst in so volatilen Lagen wie gerade immer noch stabil Geld verdienen.