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Das Ende des Beratungsprotokolls und der Trend hin zur eigenständigen Aktienanlage

Seit einigen Jahren gilt in der Wertpapierberatung die Protokollierungspflicht. Wertpapierberater müssen über jede Anlageberatung ein Protokoll anfertigen und es den Kunden aushändigen. Für Bankberater gilt diese Pflicht bereits seit 2010, für freie Finanzberater seit 2013. Mit dieser Regelung wollte der Gesetzgeber einen Beitrag zum Verbraucherschutz leisten. Das Beratungsprotokoll sollte u.a. als Nachweis dienen, wenn es um rechtliche Auseinandersetzungen wegen Fehlberatung geht.

Neues Finanzmarktnovellierungsgesetz

In der Praxis hat die Protokollierungspflicht allerdings für viel Ärger und Kritik gesorgt. Tatsächlich sehen viele Anlageberater sie mehr als lästige Formalie denn als Gewinn. Vielfach wird sich mit der Zusammenfügung fertiger Textbausteine dieser Aufgabe entledigt. Die sind überdies oft so wässrig formuliert, dass sie manche Interpretation offen lassen. Manche Banken – vor allem kleinere Institute – haben sich wegen des bürokratischen Aufwands und der entstehenden Risiken ganz aus der Wertpapierberatung zurückgezogen. Damit hat die gesetzliche Vorgabe eigentlich das Gegenteil dessen erreicht, was ursprünglich beabsichtigt war. Gerade für Kleinanleger ist damit der Zugang zu fundierter Wertpapierberatung erschwert worden.

Ein neues Gesetz könnte jetzt bald das Aus des Beratungsprotokolls bedeuten. Ein Referentenentwurf des Bundesfinanzministeriums sieht seine Abschaffung vor. Das sogenannte „Finanzmarktnovellierungsgesetz“ soll die Vorgaben der EU-Finanzmarktrichtlinie Mifid II umsetzen und ab 2017 voll wirksam werden. An die Stelle des Beratungsprotokolls wird danach künftig eine Geeignetheitsprüfung und -erklärung treten.

Geeignetheitserklärung statt Beratungsprotokoll

Darin soll die Geeignetheit einer bestimmten Anlageempfehlung für den jeweiligen Anleger und Anlagezweck erklärt werden. In diesem Kontext ist auch darüber zu informieren, wie die Beratung die Anlageziele, Präferenzen, Einstellungen und andere Kundenmerkmale berücksichtigt hat. Die Geeignetheitserklärung soll dem Anleger vor der Durchführung des Geschäftes auf passenden Datenträgern als Entscheidungsgrundlage zur Verfügung gestellt werden.

Die ersten öffentlichen Reaktionen auf die vorgesehenen Neuregelungen sind durchaus positiv. Selbst Verbraucherschützer weinen dem Beratungsprotokoll kaum Tränen nach, seit es seinen Zweck offensichtlich verfehlt hat. In der Geeignetheitserklärung wird dagegen eine Chance gesehen, zu fundierteren Anlageempfehlungen zu kommen. Der Referentenentwurf berücksichtigt offenbar Erkenntnisse eines Ende vergangenen Jahres vom Justiz- und Verbraucherschutzministerium durchgeführten Fachsymposiums, in dem sich eingehend mit dem Thema „Beratungsdokumentation“ befasst worden war. Damals war allerdings von einer möglichen Abschaffung des Beratungsprotokolls nicht die Rede gewesen.

Auch bei telefonischer Beratung

Das geplante Finanzmarktnovellierungsgesetz sieht noch weitere Neuerungen bei der Beratungsdokumentation vor. So sollen Banken künftig verpflichtet werden, auch Beratungen am Telefon aufzuzeichnen. Gespeicherte Telefonberatungen müssen dabei fünf Jahre lang, in Einzelfällen sogar bis zu sieben Jahre lang archiviert werden. Kunden sind solche Aufzeichnungen auf Wusch zugänglich machen. Auch bei der Telefonberatung ist eine Geeignetheitsprüfung und -erklärung vorgesehen, die hier im Nachgang zum Telefonat anzufertigen ist.

Ob die neue Form der Beratungsdokumentation für mehr Beratungsqualität sorgen wird, bleibt abzuwarten. Vor 2017 wird die Neuregelung voraussichtlich nicht kommen. Bisher liegt außerdem nur ein Referentenentwurf vor. Die Verabschiedung durch die Bundesregierung steht ebenso aus wie die parlamentarische Beratung des Gesetzes und die Beschlussfassung. Viele Anleger verzichten nach negativen Erfahrungen inzwischen ganz auf Wertpapierberatung und informieren sich selbst. Auch wir bei diekleinanleger.com sind diesen Weg gegangen und wollen mit unserem Online-Finanzmagazin jenen helfen, die es uns gleich tun wollen. Wenn man sich selbst informiert kann man auch in den Genuss der günstigen Konditionen von (beratungsfreien) Online-Brokern für Wertpapierhandel und Depotverwahrung kommen. Mit unserem Broker-Vergleichsrechner können Sie ganz einfach feststellen, welcher Anbieter für Sie am besten passt.

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