In der letzten Zeit ist so einiges durchgesickert vom neuen Fünfjahresplan der chinesischen Staatsregierung, der gerade entworfen wird. Schließt man von dem, was man bisher erfahren konnte, scheint China der übrigen Welt schon wieder einmal einen großen Schritt voraus zu sein. Eine Art von Autarkie oder Subsistenz scheint ein wichtiges Ziel dieses nächsten Fünfjahresplans zu sein. Dieser gedankliche Vorsprung ist auch kein Wunder: Deutschland ist zwar (angeblich) das Land der „Dichter und Denker“, das wirklich gründliche Nachdenken und das Ableiten von soliden und tiefgehenden Erkenntnissen beherrscht die chinesische Kultur aber schon seit Jahrtausenden deutlich besser. Während man hier noch kapitalistischen Wahnvorstellungen hinterherhechelt und sich mehr als alles andere offenbar die 50er-Jahre zurückwünscht, sind die Chinesen offenbar gedanklich schon einen Schritt weiter.
Chinas Plan für die nächsten Jahre
Geht man von den Dingen aus, die man bisher erfahren konnte, wird deutlich, was China mit dem nächsten Fünfjahresplan vor allem anstrebt: (mehr) Autarkie und eine gewisse Form von Subsistenz-Wirtschaft. Das erscheint zunächst einmal sehr klug. Einerseits als Antwort auf die gegenwärtige weltwirtschaftliche Situation, andererseits aber auch ganz allgemein als ein Plan für die Zukunft und die Neuausrichtung des Landes.
Konkret scheint es im nächsten Fünfjahresplan dabei um zwei Punkte zu gehen: einerseits um die Förderung der eigenen technologischen Entwicklung und von Innovationen im eigenen Land, andererseits um die Anhebung des inländischen Konsums. Beide Strategien werden bereits mittelbar zu einer vermutlich sehr großen Unabhängigkeit des Landes führen – unabhängig von der Weltwirtschaft und ihren Krisen, von Handelskonflikten, asiaphoben und mental schwachen Präsidenten sowie Machtkämpfen und Ausbeutungsversuchen anderer Länder. China zieht sich mehr auf sich selbst zurück und schafft damit wohl auch viel Ruhe für das eigene Land.
Der Entschluss, das gerade jetzt zu tun und auch als Plan für die zukünftige Neuausrichtung festzuschreiben, offenbart etwas für die chinesische Kultur vielfach Typisches: Einsicht – und Weisheit. Dazu ist man in der Lage, entschlossen und zielgerichtet zu handeln. Während ein Großteil Europas noch verzweifelt versucht, sich mit allerlei ziellosen und blind aktionistischen Regelungen gegen die zweite Welle der Pandemie zu stemmen, sind die Probleme damit in China weitestgehend erledigt – und man kann für 2020 sogar noch ein positives Wirtschaftswachstum verzeichnen. Es geht hier nicht um die alte Kalte-Kriegs-Debatte um die „Überlegenheit der Systeme“ (das sehen nur die so, die keine Kritik an ihrem ach-so-überlegenen System zulassen). Sondern schlicht und einfach um den Unterschied zwischen entschiedenem, zielgerichtetem und vor allem sinnvollem Handeln und ziellosem, bürokratischem Aktionismus, der nur ja niemanden wichtigen vergrätzen darf, vor allem nicht, wenn er viel spendet. Das altbekannte europäische Problem also.
Subsistenzwirtschaft ist kein „böses“ Konzept
Sieht man sich die Verwendung der beiden Begriffe „Subsistenzwirtschaft“ und „Erwerbswirtschaft“ einmal aus der Vogelperspektive an, wird deutlich, dass die Subsistenzwirtschaft allzu oft als die „traditionelle Wirtschaftsweise“ verunglimpft und als überholt dargestellt wird, Marktwirtschaft und Kapitalismus dagegen als Erwerbswirtschaft als die moderne Weiterentwicklung und der Fortschritt der Wirtschaftsführung.
Diese Zuordnung ist allerdings rein willkürlich. Die neue, moderne globale Marktwirtschaft hat durchaus nicht alles „heile“ gemacht – und sie sorgt weder für Frieden noch für Gleichheit in der Welt. Auch wenn das immer so dargestellt wird. Sieht man genau hin, dann fällt einem auf, dass gerade die moderne globale Marktwirtschaft für eine Vielzahl von Kriegen und Konflikten um wirtschaftliche Vorteile, für eine massive Ungleichverteilung von Vermögen und Wohlstand und für eine gewaltige Menge an Umweltzerstörung, Klimaschäden und himmelschreiender menschlicher Ausbeutung zu sorgen, weitaus mehr, als das subsistent nebeneinander wirtschaftende Länder überhaupt je fertigbringen würden.
Der Vorteil der Marktwirtschaft liegt vor allem darin, dass leistungsfähige „reiche“ Wirtschaften ihre Produkte überall auf der Welt verkaufen können, während die „ärmeren“ Länder auf den Weltmärkten kaum eine echte Chance haben. Durch ihre übergroße Wirtschaftsmacht sind „reiche“ Volkswirtschaften dabei auch in der Position, immer ihre Bedingungen zu diktieren und auch durchzusetzen, sodass sich an dem Ungleichgewicht auch nichts ändern kann. Das hat im Übrigen nichts mit „Zivilisation“ oder „Entwicklung“ zu tun, sondern nur mit rücksichtslos eingesetzter Gewalt und Gier.
Würde ein Land subsistent wirtschaften, müsste es dann ja die eigenen Ressourcen ausbeuten, die eigene Umwelt zerstören und die eigene Bevölkerung ausbeuten – was sicherlich nicht lange gut gehen würden. Verlagert man diese Dinge aber in weit entfernte Länder, von denen der Großteil der eigenen Bevölkerung noch nicht einmal so recht genau weiß, wo sie liegen, funktioniert das prima. Ist ja weit weg, kümmert uns nicht, wir haben unsere eigenen Probleme. Schon – aber „die dort“ haben eben jetzt unsere Probleme. Und kaum eine Chance, sie zu lösen. Die Theorie, dass sich diese Länder aus eigener Kraft weiterentwickeln und uns als „faire Gegner im wirtschaftlichen Wettbewerb“ begegnen, existiert nur theoretisch. In der Praxis ist der Schlachtensieg vom kleinen, steinewerfenden David gegen den Goliath keine Regel, sondern eher eine sehr seltene Ausnahme. Vor allem, wenn Goliath keine Lust darauf hat.
Eine auf Subsistenz ausgerichtete Wirtschaft würde einfach schon per se nachhaltiger sein (müssen), Profitstreben würde in den Hintergrund treten und stattdessen die möglichst gleichmäßige Versorgung der Bevölkerung mit Bedarfsgütern in den Vordergrund rücken, ohne dass man dadurch innerhalb weniger Jahrzehnte das gesamte Land (und damit die eigene Existenzgrundlage) ruiniert. Und es würden wohl wieder mehr Menschen in der Gesellschaft gut für ihr eigenes Auskommen sorgen können – die „moral economy“, geprägt von Gegenseitigkeit, wäre ein wesentlicher Bestandteil einer modernen Subsistenz-Strategie.
Und selbst die Biodiversitätskonvention der UNO erkennt, dass eine Subsistenzstrategie immer nur dann aufgeht, wenn Ökosysteme intakt gehalten werden. Und jede subsistenzbasierte Wirtschaftsform damit zwangsweise nachhaltig sein muss und die biologische Vielfalt gar nicht verringern darf. Auch in der Vergangenheit, so stellt man fest (noch im Jahr 2000 lebte 40 % der Weltbevölkerung subsistent wirtschaftend) haben subsistent wirtschaftende Kulturen aufgrund des direkten Interesses an der Aufrechterhaltung ihrer eigenen Ökosysteme deren Stabilität auch nachgewiesenermaßen nie gefährdet. Sie wirtschafteten automatisch immer mit einem hohen Grad an Nachhaltigkeit.
Und praktisch jede moderne Theorie aus der Postwachstumsökonomie, mit der wir uns wohl in den nächsten Jahren gezwungenermaßen intensiver auseinandersetzen werden müssen, sieht zumindest eine Teil-Subsistenz der Wirtschaft als unverzichtbaren Bestandteil der eigenen Theorien an. Je höher der Subsistenzgrad, desto nachhaltiger, fairer und ökologischer wird das Wirtschaften dann.
Fazit
Subsistenz sollte man als Theorie also nicht verteufeln – oder als „altmodisch“ und „primitiv“ belächeln. Das zeigt eher geistige Beschränktheit. Die Entscheidung Chinas ist klug – und wird bei der dem Land innewohnenden Stärke, sinnvolle Lösungen auch entschlossen umzusetzen, in den nächsten Jahren wohl viel Positives bewirken. Man hat sich wieder einmal deutlich früher als der in Macht- und Gier-Strategien verfangene Rest der Welt auf die eigenen vier Buchstaben gesetzt, gründlich nachgedacht und etwas erkannt. Das hätte auch einmal etwas Anerkennung verdient – anstatt der auch sonst üblichen Verunglimpfung und Häme. Bei uns hingegen scheint Alter nicht unbedingt zur Weisheit zu führen – eher zu hektischem, fahrigem Aktionismus und dem ständigen Wunsch, immer wieder die Vergangenheit wiederherzustellen.
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