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Bringt der Bürgerfonds nun endlich die Lösung für das Rentenproblem?

Es wird Zeit, wieder einmal auf unsere Altersvorsorge zu schielen. Ja, zugegeben, wir tun das nur ungern. Insbesondere dann, wenn dieser Zeitraum gefühlt noch weit weg ist. Dann verspüren wir meist nur wenig Lust, darüber nachzudenken. Das Leben hat doch noch so viel zu bieten – vor der Rente und der Pflegebedürftigkeit. Den Geringverdienern wird das Schielen auch nicht viel bringen – denn gerade die bekommen heute kaum etwas auf die Seite. Rentenaussichten damit: äußerst ärmlich, mit Tendenz auf noch viel weniger. Gerade dieser Bevölkerungsgruppe will das ifo Institut mit einer neuen Idee helfen: dem Deutschen Bürgerfonds. Wie der aussehen soll, worauf er gründet und warum das am Ende doch wohl nichts wird mit dem Bürgerfonds, verrät unser Beitrag.

Die Idee eines „Deutschen Bürgerfonds“

Geringverdiener haben kaum Möglichkeiten, während ihrer Lebensarbeitszeit nennenswerte Beträge zurückzulegen und damit für das Alter vorzusorgen. Mit der zu erwartenden staatlichen Rente ist schon aus heutiger Sicht kein Blumentopf mehr zu gewinnen, vor allem, wenn man zuvor nicht viel verdient hat. Für viele Geringverdiener riecht das schon jetzt nach einer festen Buchung eines Tickets für „Grundsicherung im Alter“. Die wird auch dann höchstwahrscheinlich genauso dürftig ausfallen wie heute. Rosige Aussichten.

Es gibt also ein Problem. Das Münchner ifo Institut hat dafür auch ein Konzept entwickelt, dass das Problem lösen soll. Einen Deutschen Bürgerfonds. Und zwar ganz besonders für Geringverdiener, die selbst nicht oder nicht genug vorsorgen können. Das Konzept wirkt auf den ersten Blick kompliziert – ist es aber gar nicht.

Basis des Systems ist ein Fonds, den der deutsche Staat für seine Bürger einrichtet. Dieser Fonds erhält jährlich einen Kredit in der Höhe von 0,5 % des deutschen BIP und legt das Geld an. Aus der Differenz zwischen den zu bezahlenden Kreditzinsen und den Gewinnen aus dem Aktienmarkt soll Vermögen entstehen, das am Ende jedem Bürger zum Pensionseintritt zur Verfügung steht.

So weit, so gut. Die Idee dahinter ist nicht neu – auf eine ähnliche Weise haben schon zahlreiche Häuslebauer in den 90er-Jahren, getrieben von findigen „Finanzberatern“ versucht, quasi umsonst ein Haus zu bekommen. Indem die Anlagezinsen nicht nur die Kreditzinsen, sondern gleich auch die Tilgung noch mit abdecken hätten sollen. Geklappt hat das leider nie.

Aber gut, vielleicht hat das ifo Institut ja mittlerweile den Dreh herausbekommen. Schauen wir uns einmal die erwarteten Ergebnisse an. Nach 50 Jahren soll nach der Rechnung der Wirtschaftsexperten vom ifo-Institut jedem Bürger Kapital von 16.000 EUR zur Verfügung stehen. Puh. Das löst das Problem der Geringverdiener genau – wie?

Eine echte Lösung des Problems?

Sollte die Rechnung des ifo-Instituts wie geplant aufgehen – woran man durchaus begründete Zweifel haben kann – ist damit leider immer noch kein Problem gelöst. Selbst wenn wir einmal die heutige durchschnittliche Lebenserwartung heranziehen (rund 85 Jahre), bedeutet dieses Kapital pro Bürger monatliche Zahlungen ab dem Renteneintritt von rund 75 EUR monatlich. Das rettet nun die zu erwartende Geringverdiener-Rente in 50 (!) Jahren auch nicht gerade.

Als erstes bleibt natürlich die Idee, das Ganze halt eben entsprechend nach oben zu skalieren. Das funktioniert allerdings nicht so einfach. Das Prinzip mag ja auf den ersten Blick eingängig sein – und zusätzliche Rentenzahlungen für jeden Bürger zu erwirtschaften, ohne dass der dafür irgendwo etwas einzahlen müsste, einfach aus dem Kapitalmarkt heraus, ist natürlich ein löbliches Vorgehen.

Man muss sich allerdings klar machen, dass da einige Risiken unter den Tisch fallen. Dem grundsätzlich eher konservativ Denkenden wird bei dem Ganzen gleich einmal ein Wort unangenehm ins Auge springen: „Kredit“. Da muss man ihm auch tatsächlich Recht geben in seinen Bedenken, wenigstens prinzipiell. Kredite bedeuten immer ein Risiko. Vor allem, weil Kreditzinsen die Angewohnheit haben, sich im Lauf der Zeit in alle möglichen Richtungen zu bewegen – manchmal auch in die eher unerwünschte Richtung. Der Plan des ifo-Instituts beruht auf der hohen Bonität Deutschlands – und damit vergleichsweise milden Zinsen, die der Staat bekommt. Das kann sich im Verlauf der nächsten 50 Jahre durchaus ändern. Man kann vermuten, dass Deutschland wohl weiterhin eine angesehene und führende, leistungsfähige Wirtschaftsnation mit hoher Bonität bleiben wird – wissen kann das aber niemand. Wenn der Kredit plötzlich teurer wird, ist es mit der Gewinnspanne Essig.

So, und nun zur anderen Seite, wo es ebenfalls um Zinsen geht – genauer gesagt um Rendite. Das als Kredit bezogene Geld soll möglichst erfolgreich angelegt werden, damit die Differenz zwischen Kreditzahlungen und Kapitalgewinnen möglichst groß bleibt. Das braucht eine sehr erfolgreiche Anlagestrategie ohne große Rückschläge – und zwar über 50 Jahre hinweg. Klappt das nur in wenigen Jahren nicht so ganz oder kommt es gar zu größeren Verlusten, wird das erwartete Ergebnis am Ende wohl bereits deutlich darunter leiden – vermutlich. Auch das kann nun mal eben niemand wissen.

Zwar stimmt es, dass kein Bürger dann in irgendeiner Weise Geld verliert – allerdings nur vordergründig. Um die Zusagen einzuhalten und die entstandene Lücke beim geplanten Ergebnis frühzeitig zu schließen, wird jemand Geld nachschießen müssen. Dieser Jemand ist natürlich der Staat – und das Geld für einen fehlgeschlagenen oder nicht ganz so gelungenen Plan bezahlen dann wiederum natürlich die Steuerzahler, mit ihren Steuern. Vielleicht nicht gerade die Geringverdiener – aber zumindest irgendwelche Bürger. Dafür, dass am Ende dann alle rund 75 EUR monatlich im Portemonnaie haben (oder noch weniger, bei steigender Lebenserwartung oder nicht ganz so optimalem Verlauf) ist das alles ein bisschen viel Risiko.

Was ist aus der Idee geworden?

Veröffentlicht hat das ifo Institut sein Konzept schon 2019 – und schon zu diesem Zeitpunkt auch schon gehörig Gegenwind dafür bekommen, von unterschiedlichen Seiten. Seitdem hat man nicht mehr viel gehört von dem Plan. Bislang hat die Bundesregierung wohl auch eine ganze Reihe anderer Sorgen gehabt. Die „Respekt-Rente“ etwa, die das Problem auch nicht wirklich nachhaltig löst und bei der bislang auch noch niemand so recht weiß, wie man den erforderlichen Datentransfer nun genau gestalten soll – und vor allem, wie der Respekt in der Rente denn nun eigentlich genau finanziert werden soll.

Bislang hat man nicht mehr viel gehört vom „Deutschen Bürgerfonds“. So recht scheint das am Ende nun doch keiner zu wollen. Wenn Sie das ganze Konzept in allen Details lesen wollen, können Sie das übrigens hier tun.

Geht das nicht alles viel einfacher?

Halten wir uns einmal vor Augen: Wenn Sie sich 50 Jahre lang bei Ihrer Anlage 1,50 EUR monatlich an Gebühren sparen würden, hätten Sie schon  allein beinahe das gleiche Ergebnis erzielt. Sie hätten – die Performance des DAX über die letzten 30 Jahre hinweg vorausgesetzt – 14.486,51 EUR zusätzlich erwirtschaftet, ohne irgendetwas einzuzahlen. Sie hätten lediglich Gebühren gespart. (Darum weisen wir in diesem Zusammenhang noch einmal auf unseren Online-Broker-Vergleichsrechner hin. Jeder gesparte Euro an Gebühren entwickelt sich im Lauf der Zeit zu einer beträchtlichen Summe, wenn Sie ihn eben nicht ausgeben).

Die Frage, die sich uns in diesem Zusammenhang aber aufdrängt: Wenn der deutsche Staat schon so von sich und seiner auch künftig soliden Wirtschaftsleistung überzeugt ist (die sich ja in der Performance der DAX Unternehmen und im DAX selbst niederschlägt) – warum legt der Staat dann nicht stellvertretend für seine Bürger genau dort an?

Das oben genannte Ergebnis lässt sich mit der durchschnittlichen DAX-Entwicklung, wie sie über die letzten 30 Jahre stattgefunden hat, bereits erzielen. Wenn man von staatlicher Seite bereit ist, alles für das wirtschaftliche Voranschreiten und Mächtig-Bleiben zu tun und zu opfern (sogar eine sinnvolle Klimaschutz-Politik) – warum investiert man nicht für seine Bürger dorthinein?

Einen Betrag von 1,50 EUR pro Monat könnte man wohl sogar für alle Kindergeldbezieher vom ausbezahlten Kindergeld einbehalten, ohne dass es selbst die ärmsten Geringverdiener in irgendeiner Weise schmerzen würde. Damit würde man in 50 Jahren nahezu das gleiche Ergebnis erzielen wie bei der wackligen Kredit-Anlage-Geschichte. Verdoppelt man den einbehaltenen Betrag auf 3 EUR pro Monat, würden bereits 150 EUR für jeden zukünftigen Rentner monatlich herauskommen. Ganz ohne Kredite, ohne Erfolgszwang bei der Anlage jedes Jahr auf dem Kapitalmarkt und ohne hohe Unwägbarkeiten. Als Staat könnte man sich dann allein auf das konzentrieren, was man ohnehin am besten kann und am liebsten tut: die Wirtschaft fördern.

Die Idee erscheint angesichts des ifo-Vorschlags bestechend einfach und simpel. Und solange man Erfolg hat bei seiner Wirtschaftsförderung, auch ziemlich stabil und sicher.

Vermutlich bleibt einem aber als Bürger einfach nichts anderes übrig, als das am Ende selbst zu tun. Sparpläne sind ab 25 EUR monatlich möglich. Das sollte schon irgendwie gehen. Höchstwahrscheinlich ist das auch sinnvoller, als auf staatliche Kreditspiele zu hoffen.

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