In unserer kleinen Serie über Behavioral Finance wollen wir uns heute einmal mit dem Aspekt “Risiko” intensiver auseinandersetzen. Gerade für Privatanleger und Kleinanleger ist das Risiko ein sehr wichtiger Faktor – und zwar nicht das Risiko von Anlagen selbst, sondern auch das persönliche Risiko unglückliche oder schädliche Entscheidungen zu treffen. Auch dieses Risiko muss man in der Praxis versuchen, möglichst zu begrenzen. Über diesen Aspekt von Risiko, nämlich das Risiko nachteiliger Entscheidungen, wird aber selten nachgedacht. Das wollen wir deshalb in diesem Beitrag einmal ausführlich tun.
Anlage-Risiko und persönliches Risiko
Jede Form der Kapitalanlage beinhaltet ein bestimmtes, individuelles Risiko. Die eine Anlage mehr, die andere weniger – das lässt sich nicht vermeiden. Risiko-Minimierung gelingt hier vor allem durch Diversifizierung – das heißt durch die Verteilung des gesamten Anlagevolumens auf möglichst viele verschiedene Anlagen und Anlageformen. Durch eine gute Streuung sinkt das Gesamtrisiko und bei Ausfällen ist man abgesichert.
Voraussetzung für eine gute und wirksame Risiko-Minimierung ist auch eine geschickte Zusammenstellung des individuellen Anlageportfolios. Schon hier muss man sich als Anleger bewusst werden, dass durchaus
Verzerrungen durch Wahrnehmungsfallen auftreten können – oder schlicht durch Fehleinschätzungen. Die Risikowahrnehmung ist ein weiteres Feld, bei dem psychologische Effekte auftreten können.
Das persönliche Risiko ist gegeben durch die Vielzahl von Effekten, von denen wir in unserer Serie die wichtigsten einzeln beschrieben haben. Sich damit auseinanderzusetzen kann sehr wirksam sein, wenn man seine eigenen Entscheidungen rationeller gestalten und Fallen aus dem Weg gehen möchte.
Persönliche Risiken und Fehlentscheidungen zu minimieren sollte auch ein Ziel jedes Privatanlegers sein. Profis tun das ohnehin meist in viel zu geringem Umfang aufgrund eines weiteren psychologischen Effekts – die Folgen kann man dann meist auch sehen, was Studien auch belegen. In diese Falle muss am als Privatanleger immerhin einmal nicht gehen. Bewährte Strategien, um das persönliche Risiko zu senken, wollen wir deshalb nachfolgend in unserem Beitrag einmal skizzieren.
Wie riskant ist mein Portfolio insgesamt?
Risiken einigermaßen verlässlich abzuschätzen fällt gerade Privatanlegern schwer. Zum einen fehlen vielen Fachkenntnis oder Erfahrung, die ein ausgebildeter Fondsmanager meist mitbringt. Dieses Hintergrundwissen kann in manchen Fällen recht wertvoll sein. Zum anderen ist man als Allein-Entscheider eben häufig anfälliger für psychologische Effekte, die man dann auch erst zu spät bemerkt.
Abhilfe kann schaffen, sein Portfolio auch einmal “gegenprüfen” zu lassen. Dafür kann man zahlreiche Portfolio-Optimierungstools verwenden, die das Internet zu bieten hat. Sie sind kein Orakel, sondern liefern einfach nur mehr oder weniger verlässliche Kennzahlen – immerhin geben sie aber beim Benutzen häufig einen ersten Aufschluss, wo man bei seiner Risiko-Minimierung eventuell einen “blinden Fleck” hat.
Dem Thema Risikominimierung für das eigene Portfolio wollen wir uns aber in einem eigenen Beitrag noch einmal separat widmen.
Risiken für Fehlentscheidungen minimieren
Hier kann man als engagierter Privatanleger einiges tun, um immer besser zu werden. Der Faktor Analysieren und Lernen ist der wichtigste auf dem Weg zu einem vernünftig handelnden und erfolgreichen Investor. Diese Straße muss jeder ein Stück weit gehen – Abkürzungen gibt es hier nicht.
Schritt 1: Sich mit den wichtigsten psychologischen Fallen vertraut machen
Viele der Fallen, die wir in unseren einzelnen Beiträgen vorgestellt haben, treffen uns auch im Alltag – oft ganz unabhängig von Finanzentscheidungen.
Wir raten allen Anlegern, sich intensiv mit den einzelnen Effekten auseinanderzusetzen und zu versuchen, sie möglichst gut zu verstehen. Danach sollte man immer wieder versuchen, sie in allen möglichen Situationen wiederzufinden, damit man mit ihnen und ihren Auswirkungen vertraut wird.
Die Beispiele in unseren Beiträgen können dabei helfen, die konkreten Auswirkungen der Effekte und Wahrnehmungsverzerrungen auch in anderen Situationen aufzuspüren.
Wenn es um Finanzentscheidungen geht, kann man auch eine Checkliste mit den wichtigsten Effekten anlegen und sie bei jeder (wichtigen) Entscheidung durchgehen. Man stellt sich dann jedes Mal die Frage, welcher der Effekte hier gerade aktiv sein könnte, markiert die einzelnen Effekte und versucht Möglichkeiten zu finden, die eigene Einschätzung durch harte Zahlen oder den Vergleich mit anderen Einschätzungen gegenzuprüfen.
Wenn man das konsequent immer wieder macht, wird man ein Gefühl dafür bekommen, wann man besonders gerne über einzelne Effekte stolpert – und worauf man bei seinen Entscheidungen besonders achten muss.
Schritt 2: Vergangene Entscheidungen sorgfältig analysieren
Wer sich mit dem Thema Behavioral Finance auseinandersetzt, handelt in der Regel schon eine Weile. Das heißt, es gibt auch Entscheidungen, die man in der Vergangenheit getroffen hat und deren Ergebnisse bereits ersichtbar sind.
Der große Vorteil bei der Analyse vergangener Entscheidungen ist, dass man ihr Ergebnis bereits kennt und daraus schließen kann, ob die Entscheidung angemessen und gewinnbringend war – oder auch nicht.
Man sollte sich dabei nicht scheuen, vor sich selbst auch Fehler einzugestehen – auch fundamentale. Das Ergebnis ist bereits eingetreten, an der Vergangenheit ist ohnehin nichts mehr zu ändern.
Viel wichtiger ist bei Fehlentscheidungen allerdings, herauszufinden, welche Einflüsse einen dazu bewegt haben, genau diese Entscheidung zu treffen – und eben keine andere. Wer die Erkenntnis erlangt, was im Entscheidungsprozess schiefgelaufen ist, hat meist Wertvolles gelernt.
Oft kann man schon aus einigen wenigen Analysen der eigenen Fehler deutlich mehr lernen als aus einem ganzen Stapel von Büchern. Wo war man überoptimistisch, im Herdentrieb gefangen oder hat zu sehr auf Einschätzungen von vermeintlichen “Autoritäten” oder Experten gehört?
Wo hat man auf Nachrichten überreagiert – wo hat man zu wenig reagiert? Welche der Informationen, die der eigenen Entscheidung zugrunde lagen, hat man übergewichtet? Welcher psychologische Effekt könnte bei der selektiven (Fehl-)Wahrnehmung noch im Spiel gewesen sein?
Das Lernen aus Fehlern der Vergangenheit ist eine sehr wirksame Methode, um Fallen aufzudecken – und in Zukunft weniger oft hineinzutappen. Die Zeit, die man darin investiert, lohnt sich meistens deutlich.
Sich die Möglichkeiten zur Fehlentscheidung nehmen
Eine andere Strategie kann es sein, gar nicht so viele Entscheidungen treffen zu müssen. Ob man diese Strategie anwenden kann oder will hängt natürlich immer auch mit den eigenen Anlage- und Renditezielen zusammen.
Eine gute Möglichkeit, sich mit möglichst wenig Entscheidungen herumschlagen zu müssen, sind ETF Fonds. Wer sein Geld in einen Fonds investiert, der Indices exakt nachbildet, wird am Ende auch zwangsläufig genau die Erträge machen, die der Index Performance entsprechen. Dabei gibt es nicht viele Entscheidungen zu treffen und auch mögliche Timing-Fehler sind minimiert. Häufig werden ETFs auch über Sparpläne angeboten, die bereits ab sehr niedrigen Beträgen möglich sind. Wer hier für Automatismen sorgt, die den Betrag ohne weiteres Zutun in regelmäßigen Zeitabständen in den Fonds bringen, kann auch den psychologischen Effekten ein Schnippchen schlagen, die uns sparen häufig so schwer machen (etwa dem Hyperbolic Discounting Effekt, über den wir in einem eigenen Beitrag informiert haben).
ETFs sind eine sehr gute und zuverlässige Methode, langfristig ohne große Fehlermöglichkeiten solide zu investieren. Selbst gute aktive Fondsmanager schaffen es Studien zufolge höchst selten einen Index in der Performance zu schlagen – wer also eine Performance erreicht, wie sie die meisten großen Indices an den Tag legen, erreicht auf lange Sicht meist ohnehin mehr als mit jedem aktiv gemanagten Fonds – zu einem Bruchteil der Kosten.
Auch die Wissenschaft sieht ETFs als ein sehr gutes Mittel, ohne große Fehlentscheidungen solide und langfristig zu investieren. So hat etwa ein Professor der Universität Mannheim ein eigenes, besonders für Privatanleger konzipiertes ETF-Portfolio mit breiter Diversifikation entwickelt und auf den Markt gebracht – den ARERO Weltfonds. (www.arero.de)
Für Menschen, die sich nicht viel um ihre Anlage kümmern wollen, stellt er eine sehr gute Lösung dar, die mit ihrer breiten Diversifikation auch schon als alleinige Anlage taugt (etwa für eine Altersvorsorge). Die Performance ist dabei annehmbar, die Risiken liegen im Bereich üblicher ETF-Fonds und der Fonds ist besonders kostengünstig gestaltet.
Ein Vergleich des ARERO Weltfonds mit manuellem Fondspicking, wie ihn die Rating-Agentur Morningstar vorgenommen hat zeigt allerdings, dass man auch durch die Zusammenstellung eines eigenen ETF-Portfolios genauso viel oder sogar mehr erreichen kann. Es muss also nicht unbedingt dieser eine komplexe Fonds sein – die Strategie deutet aber in eine sinnvolle Richtung für viele Privatanleger. Ob man das dann komplett aus einer Hand nimmt oder selber noch etwas aktiv ist, bleibt dann jedem selbst überlassen, beide Strategien funktionieren, wie die Untersuchung von Morningstar zeigt.
Ein weiterer Vorteil ist, dass viele Broker ETF-Sparpläne äußerst kostengünstig oder sogar gebührenfrei anbieten. Durch den Wegfall der Kosten lassen sich auch langfristig die Gewinne erhöhen – immerhin kommen die eingesparten Gebühren mit Zinseszinsen dann wiederum der eigenen Anlage zugute. Welche Broker sich besonders gut für ETF-Sparplan-Portfolios eignen, können Sie ganz einfach in unserem kostenlosen Brokervergleich herausfinden.
Fazit
Sich möglichst wenig Entscheidungssituationen auszusetzen und nötige Entscheidungen sorgfältig und gezielt zu prüfen, sind die beiden wichtigsten Wege, um psychologischen Effekten weitestgehend aus dem Weg zu gehen. Wer daneben noch seine vergangenen Entscheidungen immer wieder kritisch reflektiert und sein eigenes Entscheidungsverhalten zum damaligen Zeitpunkt analysiert, wird zudem in Zukunft möglicherweise auch deutlich bessere, gewinnbringendere und erfolgreiche Entscheidungen treffen – so er denn überhaupt welche treffen muss – “entscheidungsfreie” und damit mit wenig persönlichem Risiko behaftete Finanzprodukte können auch durchaus recht annehmbare Renditen und überschaubare Kosten bringen.
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