Behavioral Finance: Der Gambler’s Fallacy Effekt

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Behavioral Finance: Der Gambler’s Fallacy Effekt

Wenn Menschen Finanzentscheidungen treffen, tun sie das nicht immer rationell – selbst wenn sie glauben, rationell zu handeln. Der Grund sind psychologische „Fallen“ in die wir immer wieder einmal tappen. Die Wissenschaftsdisziplin der Behavorial Finance untersucht genau dieses irrationale Verhalten und seine Ursachen und zeigt auf, woher diese Irrtümer stammen. In unserer kleinen Serie über die wichtigsten Fallen beim Investieren wollen wir uns in diesem Beitrag einmal dem Gambler’s Fallacy Effect zuwenden.

Was ist der Gambler’s Fallacy Effekt?

Der Gambler’s Fallacy Effekt ist ein gutes Beispiel dafür, wie oft die Behavioral Finance Anleihen aus der klassischen Spieltheorie nehmen muss – genau dort ist die Gambler’s Fallacy (auf deutsch etwa: „Spielerfehslchluss“) recht ausführlich beschrieben.

Der Gambler’s Fallacy Effekt beruht darauf, dass unser Gehirn ab einem gewissen Zeitpunkt beginnt, Wahrscheinlichkeiten falsch einzuschätzen. Wir betrachten die Wahrscheinlichkeit dann nicht mehr streng mathematisch und logisch, sondern von einem Bezugspunkt in der Vergangenheit aus. Dadurch kommt es zu einer Verzerrung der tatsächlichen Wahrscheinlichkeitswerte.

Am besten kann man das anhand eines Beispiels erläutern:

Wir nehmen an, wir spielen im Kasino und setzen beim Roulette immer nur auf Rot und Schwarz. Mathematisch beträgt die Wahrscheinlichkeit, dass Rot oder Schwarz kommt genau gleich viel – nämlich 50 %. Daran ist nicht zu rütteln – das gilt beim Roulette immer.

Wir haben nun viermal Rot bekommen. Unser Gehirn macht einen Fehlschluss und meint, dass nun Rot möglicherweise wahrscheinlicher ist als Schwarz, weil es bereits eine Vierer-Serie gegeben hat. Wir glauben daran, dass nun Rot als nächstes kommen wird und setzen darauf.

Tatsächlich hat sich die Wahrscheinlichkeit für Rot NICHT erhöht. Sie beträgt nach wie vor 0,5, also 50 %. Genauso ist auch die Chance für Schwarz nicht erhöht: nach jedem Wurf beginnt die Chancenverteilung wieder bei Null – und die Chancen für den nächsten Wurf tragen IMMER 50 % für jede Farbe.

Auch wenn bereits 8 mal Rot gekommen ist, ist die Wahrscheinlichkeit, dass nun Schwarz kommt NICHT erhöht. Mit jedem neuen Start beträgt die Chancenwahrscheinlichkeit wieder genau 50:50. Egal welche Ergebnisse vorher gekommen sind.

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Für unser Gehirn ist dieser Umstand alles andere als einleuchtend. Wir versuchen immer, aus vergangenen Ereignissen oder Reihen von Ereignissen einen Schluss für die Zukunft abzuleiten. Das ist jedoch so nicht korrekt. Wie Mathematiker sagen: „Der Zufall hat kein Gedächtnis“.

Wenn wir das lernen zu akzeptieren, werden wir weniger Fehler machen, indem wir Wahrscheinlichkeiten nicht mehr unrichtig einschätzen. Das gilt für jeden Bereich – auch für den der Geldanlage.

Es gibt daneben übrigens auch noch andere Möglichkeiten, Wahrscheinlichkeiten falsch einzuschätzen – etwa durch den Recency-Effekt. Dabei gelten allerdings andere Voraussetzungen. Dem Recency-Effekt haben wir uns deshalb in einem eigenen Beitrag etwas ausführlicher gewidmet.

Der Gambler’s Fallacy Effekt bei der Geldanlage

Im Bereich der Geldanlage kommt der Gambler’s Fallacy Effekt natürlich vor allem beim Abschätzen von Kursentwicklungen zum Tragen. Hier müssen wir allerdings etwas aufpassen: Kurse entwickeln sich nicht immer völlig zufällig in die eine oder die andere Richtung. In manchen Fällen kann es Gründe dafür geben, dass ein Kurs steigt oder fällt.

Wenn wir keine Informationen haben, die ein Steigen oder Fallen des Kurses zugrunde legen, gilt das sogenannte Indifferenzprinzip. Wir können dann die Kursbewegung als rein zufällig betrachten, weil wir keine Zusatzannahmen treffen können, die eine Wahl der einen oder anderen Richtung begünstigen könnten. Die Chancen, dass der Kurs im nächsten Moment (oder am nächsten Tag) steigt oder fällt, sind 50:50.

Allerdings – und hier wird es kompliziert – kann der Spielerfehlschluss SELBST ein beeinflussender Faktor sein. Einfach deshalb, weil sehr viele Menschen ihm anheim fallen. Wenn sehr viele Menschen der Meinung sind, dass nach einem lange steigenden Kurs ein Fallen WAHRSCHEINLICHER ist, und dementsprechend handeln, kann das den Kurs TATSÄCHLICH drücken.

Etwas ganz Ähnliches ist beim jüngsten US-Börsencrash passiert: die Fundamentaldaten der Wirtschaft waren überraschend gut, die Arbeitsmarktzahlen waren positiver als erwartet und die US-Konjunktur brummte. Kein Grund also dafür, anzunehmen, dass Unternehmen weniger Gewinne machen würden, oder höhere Kosten zu tragen haben würden.

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Genau DAS war aber der Punkt: Der Gambler’s Fallacy Effekt griff hier, und eine ganze Menge Menschen meinten, dass es nicht ewig bergauf gehen könnte mit den Kursen, sondern dass in nächster Zeit ein Absturz fast zwangsläufig folgen müsse. Einige dachten sich, dass bei diesen vielen positiven Entwicklungen die Notenbank nun höchstwahrschlich den Leitzins erhöhen würde (wovon keine Rede war) und damit die Unternehmensgewinne schrumpfen würden und die höheren Kapitalbeschaffungskosten für Unternehmen und der verringerte Konsum die Gewinne noch weiter drücken würden.

Sie begannen deshalb nervös zu werden und mehr und mehr Aktien abzustoßen, eine Panik-Stampede entwickelte sich quasi aus dem Nichts und bescherte dem Dow Jones den größten Absturz seiner ganzen Geschichte (jedenfalls in Punkten, glücklicherweise nicht in Prozenten).

Wir stellen vor: Der Gambler’s Fallacy Effekt am Werk. Die Fehlannahme: „Nach einer langen Zeit mit steigenden Kursen MUSS fast zwangsläufig ein Fallen der Kurse kommen, oder wird zumindest sehr wahrscheinlich“. Da keinerlei konkrete Daten diese Annahmen stützten, muss es sich um den Gambler’s Fallacy Effekt gehandelt haben.

Nun gut – wer klug war, und den Effekt kennt, hätte vielleicht davon ausgehen können, dass ANDERE in großer Zahl diesem Effekt und der verzerrten Wahrnehmung über kurz oder lang zum Opfer fallen würden – und hätte rechtzeitig seine Schäfchen ins Trockene gebracht. Vermutlich hätte er zwar dann damit ebenfalls nur die Stampede wiederum angeheizt, wäre aber wahrscheinlich früher dran gewesen als die anderen und vermutlich persönlich mit einem blauen Auge davongekommen.

Man kann in der Praxis also immer davon ausgehen, dass Menschen häufig diesem Effekt zum Opfer fallen werden (das wird wohl auch in Zukunft nicht anders sein) und immerhin das in seine Anlage mit einkalkulieren.

Damit hätten sich die Fehlannahme und der Gambler’s Fallacy Irrtum zwar bestätigt, allerdings nicht in der ursprünglichen Weise, sondern weil einfach genug Menschen diesem Irrtum oft genug aufsitzen. Das erhöht zumindest etwas die Berechenbarkeit.

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Kann man dem Gambler’s Fallacy Effekt aus dem Weg gehen?

Nein, kann man nicht. Gerade im Bereich der Anlagen wird man ihm immer wieder begegnen.

Man kann allerdings, wie das Beispiel oben bereits zeigt, immerhin mit ihm RECHNEN – und dadurch ein wenig mehr Sicherheit in der Vorhersage gewinnen. Hier muss man allerdings immer aufpassen, nicht Opfer des Recency Effekts zu werden: Nur weil etwas sehr häufig passiert, bedeutet das nicht, dass das zwangsläufig passieren muss.

In jedem Fall lohnt es sich aber, wenn der Verdacht besteht, dass demnächst eine Menge Menschen zur knusprigen Beute des Gambler’s Fallacy Effekts werden könnten, die Angstbarometer genau im Auge zu behalten und möglichst frühzeitig reagieren, wenn sich dort Bewegung abzeichnet.

„Angstbarometer“ sind Volatilitätsindices, die die Schwankungsbreiten wichtiger Indices abbilden – nimmt die Volatilität wichtiger zu, ist das immer ein Zeichen, dass die Aktionäre nervös zu werden beginnen. Für den US-amerikanischen Bereich ist das vor allem der VIX-Index, der die Schwankungen des S&P 500 misst, im europäischen Bereich gelten gemeinhein der VDax, der häufig in seiner Aussagekraft unterschätzt wird, aber auch der VSTOXX, der eher für den gesamten europäischen Raum gilt, als offizielle Angstbarometer.

Das ist immerhin ein Weg, dem Gambler’s Fallacy Effekt hie und da ein Schnippchen zu schlagen und davon zu profitieren, wenn andere ihm zum Opfer fallen. Bei sich selbst sollte man natürlich auch immer darauf achten.

Übrigens: Keine Zufallswerte sind die Kosten für die eigene Anlage – die kann man sehr genau planen, und zwar am besten so niedrig wie möglich, denn jeder an Kosten eingesparte Euro ist Ihr Gewinn. Wo es am günstigsten ist, zeigt Ihnen unser kostenloser und individuell einstellbarer Brokervergleich.

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