Immer mehr Klein- und Privatanleger haben sich in den letzten Jahren an die Börse gewagt – angesichts der geringen Erträge bei Spareinlagen in den letzten Jahren blieb für eine einigermaßen attraktive Rendite ja auch nur wenig anderes übrig. Langsam beginnen auch private Anleger, die großen Finanzmärkte zu erobern. Es gibt aber auch noch Leben außerhalb der Börse, den gar nicht so unbedeutenden sogenannten außerbörslichen Handel. Ob auch das ein lohnendes Feld für Kleinanleger und Privatanleger sein kann, haben wir uns einmal näher angesehen und stellen die Ergebnisse im nachfolgenden Beitrag vor.
Was ist der außerbörsliche Handel?
Der außerbörsliche Handel umfasst alle Finanztransaktionen, die nicht über die Börse abgewickelt werden, sondern direkt zwischen Marktteilnehmern. Es ist also ein Direkthandelsgeschäft zwischen zwei Vertragspartnern, dem Kleinanleger und einem Emittenten oder Makler. Durch die Möglichkeit, direkte Geschäfte abzuschließen, entstehen einige Vorteile für Anleger, aber auch einige Nachteile.
Andere Begriffe für den außerbörslichen Handel, die man oft hört, sind vor allem OTC-Handel oder Freiverkehrshandel. Mit beiden Begriffen ist exakt das Gleiche gemeint – nämlich der Handel außerhalb der Börse. OTC steht dabei für das englische “over-the-counter” (also “über den Tresen”).
Womit wird im außerbörslichen Handel gehandelt?
Mit ganz verschiedenen Papieren. Zum einen mit üblichen, börsennotierten Wertpapieren, aber auch mit nicht zum Handel an der Börse zugelassenen Wertpapieren oder besonderen, meist recht exotischen Optionen. Alles wird angeboten, man kann sich dann entscheiden, wo man zuschlägt. Für Kleinanleger werden das in der Regel wohl übliche, börsennotierte Wertpapiere sein – von ein paar Ausnahmen einmal abgesehen.
Wie kommt man an OTC-Produkte?
Als Kleinanleger vor allem über Online Broker, von denen viele auch OTC-Produkte anbieten. Eine alternative Bezugsmöglichkeit ist über einige größere Handelsplattformen, die sich auf den außerbörslichen Handel spezialisiert haben.
“Außerbörsliche Börsen”
Einen kleinen Widerspruch in sich bilden die großen außerbörslichen Handelsplattformen wie etwa Lang & Schwarz oder Tradegate. Lang & Schwarz, eine in Düsseldorf ansässige Wertpapierhandelsbank bietet nicht nur regelrechte Geschäfte an der Börse an, sondern auch einen sehr großen Bereich für den außerbörslichen Handel mit eigenen Produkten. Tradegate ist dagegen überhaupt gleich eine Börse in Berlin (mit deutscher Börsenzulassung) die außerbörslichen Handel betreibt. Das ist schon etwas widersprüchlich und kompliziert zu verstehen. Das Gleiche gilt auch für die sogenannten Dark Pools an den regulären Börsen, in denen ebenfalls OTC-Handel möglich ist.
Die Vorteile vom außerbörslichen Handel
Für den Anleger bieten sich beim OTC-Handel ganz klar zwei Vorteile: einerseits fallen die Börsengebühren weg und andererseits sind sehr individuelle Produkte möglich.
Der Wegfall der Börsengebühren ist als Vorteil selbsterklärend – allerdings bedeutet das nicht immer einen Vorteil. Die Preisfindung ist sehr undurchsichtig, in der Regel wird sie über Angebot und Nachfrage eines Wertpapiers durchgeführt. Teilweise werden Spreads zwischen An- und Verkaufskursen bei einzelnen Papieren begrenzt, etwa bei DAX-Werten. Durch die für den Anleger undurchsichtige Preisfindung befürchten viele Experten, auch bei der DSW (Deutsche Schutzgemeinschaft für Wertpapierbesitz), dass möglicherweise Anleger mit nicht fairen Kursen konfrontiert werden könnten. Das steht einmal so im Raum – allerdings kann man sich natürlich, wenn man börsennotierte Papiere im OTC-Handel besorgt, während der Börsenzeiten natürlich an Referenzkursen orientieren.
Die individuelle Gestaltbarkeit von OTC-Produkten kann in vielen Fällen auch ein Vorteil sein. So sind individuelle Produkte beispielsweise manchmal eine viel passendere Möglichkeit, sich abzusichern.
Einen kleinen, nur für sehr börsennahe Anleger interessanten Vorteil gibt es daneben auch noch: Man kann auch außerhalb der regulären Börsenzeiten handeln und so vor allem günstige Kursentwicklungen ausnutzen.
Die Nachteile beim OTC-Handel
Ganz klarer Nachteil ist die fehlende Regulierung und Aufsicht. Während reguläre Börsen einer sehr intensiven Kontrolle und Aufsicht unterliegen, fällt das für den OTC-Bereich weitgehend weg. Das wird zwar auch politisch als sehr kritisch angesehen und eine Regulierung durch eine einzelne besondere gesetzliche Grundlage wird von den meisten G20-Staaten als wichtig und notwendig angesehen, allerdings sind weder EU-weit noch weltweit bisher konkrete Ergebnisse erzielt worden. Im Wesentlichen wird es wohl auf eine Erweiterung der Kompetenzen der Wertpapieraufsichtsbehörde (ESMA) hinauslaufen und insgesamt wird man weltweit versuchen, den Derivate-Handel etwas einzuschränken und zu begrenzen. Wann das aber alles kommt, steht in den Sternen. Und die Forderung, alle standardisierten Derivate zwingend über die Börsen zu handeln und für den Rest ein Transaktionsregister zu schaffen, wird wohl kaum umsetzbar sein. Die Kontrolle und Aufsicht bleibt beim OTC-Handel auch weiterhin minimal.
Ein weiterer wichtiger Nachteil für Anleger liegt darin, dass Limitorders am OTC-Markt kaum möglich sind oder nur in sehr eingeschränktem Maß. Das ist durchaus als schwer wiegende Einschränkung zu sehen.
Ein weiteres Risiko ist die nicht sichergestellte Liquidität des Gegenübers. Man weiß nie genau, mit wem man eigentlich handelt – und ob der Vertragspartner auch überhaupt ausreichend liquide ist. In der Fachsprache bezeichnet man das als Kontrahentenrisiko. Hier kann man sich aber durchaus mit entsprechenden Sicherheiten noch einigermaßen absichern. In jedem Fall ist die Liquidität aber ganz sicher in den meisten Fällen deutlich geringer als beim Börsenhandel.
Auch die Markttransparenz ist nicht unbedingt sehr hoch, so sieht man in kein Orderbuch wie an den etablierten Börsen und kann daher auch nicht einsehen, welche Kauf- und Verkaufsaufträge für ein bestimmtes Papier existieren. Das macht es oft schwierig für Anleger, ein klares Bild zu bekommen.
Unser Fazit
Angesichts der vielen, teilweise schwer wiegenden Nachteile und vor allem Risiken sehen wir den OTC-Handel für Kleinanleger durchaus etwas kritisch. Gerade für sicherheitsbewusste Anleger ist er ganz sicher nicht geeignet, für andere kann unter Umständen der Handel mit exotischen Derivaten und Optionen vielleicht reizvoll sein. Generell wird der OTC-Handel aber ganz sicher kein geeignetes Hauptbetätigungsfeld für Anleger werden und werden können. Versuche in diesem Feld sind aber möglicherweise durchaus für den einen oder anderen interessant.
- Vergleichsrechner für Depotanbieter
- Können auch Kleinanleger Hedging betreiben?
- Was ist Day Trading?
- Was ist ein Dividendenfonds?
- Was ist ein At-The-Money-Forward?
Beste Broker-Angebote
Der erste Schritt zum Investment in Aktien, Anleihen, Fonds oder ETFs ist die kostenlose Eröffnung eines Broker-Accounts.
Depot-Konto | Kosten je Order |
---|---|
€ 2,00 + 0,018% | |
€ 3,99 | |
€ 5,00 |
Risikofreie Eröffnung - keine laufenden oder Fixkosten (keine Depotgebühren)