Die Überziehung des Girokontos ist nach wie vor die bequemste und einfachste Art, einen Kredit von seiner Bank zu erhalten. Viele Kontoinhaber machen gerne und häufig davon Gebrauch. Dabei ist die Kontoüberziehung eine der teuersten Finanzierungsformen überhaupt. Daran hat sich auch in Zeiten niedriger Zinsen nichts geändert.
Eine lohnende Ertragsquelle für Banken
Ursprünglich war die Einräumung eines Überziehungsrahmens dazu gedacht, kurzzeitige Liquiditätsengpässe auf dem Girokonto zu überbrücken. Häufig wird auch von technischer Überziehung gesprochen. In diesem Sinne sollte der Dispokredit primär dazu dienen, jederzeit „flüssig“ zu bleiben und anfallende Zahlungsverpflichtungen zu bedienen. Längst wird der Überziehungskredit aber auch als Möglichkeit vermarktet, um sich spontan Wünsche zu erfüllen, günstige Gelegenheiten für Anschaffungen zu nutzen oder beim Konsum nicht auf jeden Cent achten zu müssen.
Für die Banken ist der Dispokredit eine hervorragende Ertragsquelle. Deshalb sind sie auch gerne zur Kreditgewährung bereit – regelmäßige und gleichbleibende Gehaltseingänge auf dem Girokonto vorausgesetzt. Technisch ist die Einräumung kein Problem, sie geschieht vielfach automatisch im Zusammenhang mit der Eröffnung eines Girokontos. Üblicherweise bieten die Institute den Betrag von zwei bis drei Monatsgehältern als Überziehungslimit. Dispozinsen werden dabei nur insoweit berechnet, als der Überziehungsrahmen tatsächlich in Anspruch genommen wird. Viele Institute lassen – in betraglich und zeitlich begrenztem Umfang – auch Überschreitungen des Dispolimits zu. Die Zinssätze für solche „geduldeten Überziehungen“ sind besonders hoch.
Gerne genutzt – trotz starrer Zinsen
Die Stiftung Warentest und die von ihr herausgegebene Zeitschrift Finanztest haben sich in der Vergangenheit immer wieder mit Überziehungskrediten und den Dispozinsen beschäftigt – zuletzt im August/September 2015. Dabei wurden auch einige interessante Zahlen zum Nutzerverhalten veröffentlicht. 17 Prozent der Kontoinhaber überziehen das Girokonto danach regelmäßig, weitere 26 Prozent gelegentlich – das heißt mehrmals im Jahr. 30 Prozent der Überziehungen machen mehr als 500 Euro aus.
Auch wenn es vielfach um Bagatellbeträge geht, sie summieren sich. Überziehungskredite machten nach Angaben der Bundesbank zur Jahresmitte 2015 34,5 Milliarden Euro aus. Jeder Prozentpunkt Dispozinsen bedeutet daher für die Banken jährliche Erträge in Höhe von fast 350 Millionen Euro. Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass die Zinssätze für Dispokredite bereits seit Längerem ein bemerkenswertes Beharrungsvermögen zeigen, obwohl sie prinzipiell variabel sind und sich den Marktverhältnissen anpassen sollten. Angesichts des allgemein deutlich niedriger gewordenen Zinsniveaus dürfte man daher eigentlich spürbare Verbilligungen erwarten.
Es fehlt an Transparenz
Davon kann aber nur bedingt die Rede sein. Immerhin sind die Zinssätze nach Erkenntnissen der Stiftung Warentest binnen Jahresfrist im Schnitt um 0,4 Prozentpunkte gesunken und auch die Zahl der „Ausreißer“ nach oben ist geringer geworden. Dennoch weisen die Dispozinsen nach wie vor eine große Bandbreite auf. Die teuersten Institute lagen in der Untersuchung bei 13 Prozent und mehr, die günstigeren unter acht Prozent. Eine Auflistung der günstigsten Anbieter finden Sie hier.
Dabei kommt es oft auch auf die Kundenbonität und das jeweils gewählte Kontomodell an, welche Zinssätze gelten. In vielen Fällen sind die Dispozinsen nicht besonders transparent. Ein von der Bundesregierung geplantes Gesetz will künftig für mehr Übersicht und Aufklärung sorgen.
Nicht nur auf Dispozinsen schauen
Um sich für ein Girokonto-Angebot zu entscheiden, sollte der Blick allerdings nicht nur auf die Dispozinsen gerichtet werden. Auch die übrigen Kontoführungsgebühren sind mit zu berücksichtigen. Manches Institut, das günstige Überziehungszinsen bietet, verlangt dafür hohe Kontoführungsgebühren und umgekehrt. Dabei kommt es letztlich auch auf die jeweilige Kontonutzung an, welches Angebot sich am besten eignet. Weitere Infos zum Thema Bankgebühren bietet Ihnen dieser Beitrag.
Bankkunden, die den Dispokredit häufig nutzen, bauen in vielen Fällen allmählich einen „Kreditsockel“ auf – einen permanent in Anspruch genommenen Betrag. Nicht selten steht der „Dispo“ dabei am Beginn des Weges in die Schuldenfalle. Soweit sollte man es nicht kommen lassen. Was sich konkret hiergegen tun lässt – zum Beispiel durch Umschuldung in einen günstigeren Ratenkredit-, erfahren Sie hier: „3 Schritte zum Weg aus der Schuldenfalle“.