Früher galt er als Ausnahmeerscheinung am internationalen Kapitalmarkt, der Staatsbankrott. Spätestens mit der Erklärung der Zahlungsunfähigkeit Argentiniens um die Jahrtausendwende und dem griechischen Schuldenschnitt im Jahr 2012 ist er für Inhaber von Staatsanleihen wieder eine reale Gefahr. Der nächste Pleitekandidat könnte das Ölförderland Venezuela sein. Betroffen wären wiederum etliche Kleinanleger, die sich dort in Staatsanleihen engagiert haben.
Hohe Pleite-Wahrscheinlichkeit
Experten sehen die Wahrscheinlichkeit, dass das südamerikanische Land in den nächsten Monaten die Zahlungsunfähigkeit erklären muss, als sehr hoch an. Es wird sogar schon ein mögliches Datum gehandelt: der 16. März 2015. Dann wird eine Milliarden-Euro-Anleihe Venezuelas fällig. Wenige Tage später steht eine erneute Rückzahlung in Milliardenhöhe an. Spätestens dann könnte es zum Offenbarungseid kommen.
Das akute Ausfallrisiko hat viel mit dem derzeit fallenden Ölpreis zu tun. Was Verbraucher hierzulande freut, ist für den Ölexporteur Venezuela eine schwere Hypothek. Denn Venezuelas Staatshaushalt lebt von den Öleinnahmen. Die Bedeutung des Öls wird an folgenden Zahlen deutlich: es sorgt für 90 Prozent der Deviseneinnahmen sowie 80 Prozent des Exports und finanziert zwei Drittel des Staatsbudgets. Rund 97 Dollar pro Barrel müssten dabei erzielt werden, damit das Land seinen Zahlungsverpflichtungen nachkommen kann. Davon kann derzeit keine Rede sein. Im Moment bewegt er sich um 60 Euro pro Barrel, also deutlich darunter. Und eine kurzfristige Trendwende ist nicht in Sicht.
Viele hausgemachte Ursachen neben Ölpreis
Der sinkende Ölpreis ist aber nur eine Seite der Medaille. Venezuelas Ölindustrie geht es nicht gut. Seit der Verstaatlichung unter sozialistischem Vorzeichen durch den früheren Präsidenten Chavez wurde die Ölförderung für teure Wohlfahrtsprogramme genutzt, nötige Investitionen unterblieben und große Schuldenberge wurden angehäuft. Heute wird weniger Öl produziert als vor Beginn der Chavez-Ära – dabei besitzt das Land die weltweit größten Ölreserven – 300 Milliarden Barrel. Dagegen nimmt sich die Tagesproduktion von unter 2,5 Mio Barrel geradezu bescheiden aus. Saudi-Arabien fördert viermal so viel.
Die Situation scheint paradox: ein potentiell reiches Land steuert geradewegs auf den Abgrund zu. Venezuelas Ratings sind durchweg schlecht, die Anleihen des Staates besitzen Ramschniveau. Die Devisenreserven des Landes sind inzwischen auf 21,5 Mrd. US-Dollar gesunken – ein Zehn-Jahres-Tief. Venezuela-Anleihen bieten nach Kursstürzen in den letzten Wochen atemberaubende Renditen von im Schnitt 24 Prozent. Das gilt auch für die am 16. März 2015 fällige Euro-Anleihe Venezuelas (WKN: A0DZ45 / ISIN: XS0214851874). Der Kurs der 7 Prozent-Anleihe erlebte in den letzten Tagen einen tiefen Fall und notiert noch knapp über 84 Prozent. Auf Inhaber von Venezuela-Anleihen kommen turbulente Zeiten zu.
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